Havariekommando: „Wir haben unser Möglichstes getan – Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht“

Offshore Notfall Reaktionsteam auf dem Havaristen. © Havariekommando
Offshore Notfall Reaktionsteam auf dem Havaristen. © Havariekommando

Das war die Kernaussage des Leiters des Havariekommandos, Hans-Werner Monsees, anlässlich eines Interviews mit dem Sender Radio Bremen!

Mit Verlaub: Da fasst man sich doch nur an den Kopf „…er hat sein Möglichstes getan“?

Damit wir uns richtig verstehen: Es geht hier um die nicht verhinderte Strandung eines Frachtschiffes vor der ostfriesischen Küste und die damit verbundene Fehlplanung des HK.

Szenenwechsel: Unter dem Titel „Havarie der GLORY AMSTERDAM vor Langeoog“ versuchte der HK-Leiter Monsees den Mitgliedern und Gästen des Nautischen Vereins zu Bremerhaven am 5. April 2018 einen Überblick über die missglückte Rettungsaktion des letztendlich gestrandeten Frachters zu geben. Im Gegensatz zu seinem Vortrag am 16. Januar beim Nautischen Verein zu Emden, trat er in Bremerhaven in Begleitung und zur Unterstützung mit dem Leiter der Bundespolizei-Fliegerstaffel Fuhlendorf, Markus Ulfig, vor das Auditorium.

Um es vorwegzunehmen: Der Vortrag der Bundespolizei war im Wesentlichen eine Nabelschau in Bezug auf die Struktur und vielen Möglichkeiten der Bundespolizei-Fliegerstaffel. Erst nach Aufrufen der Gäste bequemte sich Ulfig zu Aussagen zum Einsatz bei der GLORY AMSTERDAM. Unverständnis rief er bei den Zuhörern mit seinen Ausführungen: „…wir haben eine festgelegte tägliche Arbeitszeit, darüber hinaus ist es sehr schwer Piloten zu finden…“! Dabei erwähnte Ulfig nur am Rande, dass der Grund für diese Festlegung die zwischen Bundesinnenministerium und Bundesverkehrsministerium ohne zusätzliche Personalmittel für den erforderlichen Piloten-Mehrbedarf abgeschlossene Vereinbarung ist.

Auf Fragen aus dem Publikum „..ob denn die Bundespolizei schon auf- und abwinschen mit dem Notschlepper NORDIC geübt hätte“ ging Ulfig nur ausweichend ein. Stattdessen betonte er die umfangreiche Flugerfahrung der bei der GLORY AMSTERDAM eingesetzten Hubschrauberbesatzung.

Und überhaupt: Die NORDIC eignet sich nach Ulfigs Meinung bei schlechtem Wetter ganz und gar nicht für eine Übernahme des an Bord befindlichen Boarding-Teams– die Winschfläche auf dem Achterdeck des Notschleppers ist „viel zu klein“ und für das von der Bundespolizei geübte Standardverfahren für das ein freies Hubschrauberdeck notwendig ist. Schlussfolgerung von Monsees und Ulfig – der Notschlepper muss für das Standardverfahren der Bundespolizei geeignet sein!

Merkwürdig: Das stellt man nun nach fast 8 Jahren Betriebszeit der NORDIC fest!?

Ein „Armutszeugnis“ für Havariekommando und Bundespolizei, denn deutlich wurde, dass die beiden Leiter nicht dafür gesorgt haben, ihre Einsatzkräfte für die bei der NORDIC geeigneten Winschverfahren zu qualifizieren. Und die berechtigte Kritik an ihrem Versäumnis wurde von beiden Vortragenden, rhetorisch geschickt, in Kritik an der Hubschrauber-Besatzung umgedeutet!

Zurück zu HK-Leiter Monsees: Wie üblich erzählte er wieder mal nur so viel wie er meint sagen zu können / müssen! Zu Beginn stellte Monsees fest: „Wir haben kein Einsatzkonzept“, doch im Verlauf des Vortrags erwähnte er, wie beiläufig, „…das von meinen Mitarbeitern entwickelte Einsatzkonzept“?? Ja, was denn? Hat er eins oder nicht!? Und wenn er eins hat, dann ist es seine verdammte Pflicht, rechtzeitg die Öffentlichkeit darüber zu informieren.

Geschickt lenkte er das Gespräch auf das Boardingteam – auf die wetterbedingten Schwierigkeiten und das ein Aufnehmen des NORDIC-Boardingteams in einer wetterberuhigten Zone, z.B. Minsener Oog, viel zu viel Zeit gekostet hätte – anstatt auf das schnelle Absetzen eines Lotsen oder eines Mitarbeiter des HK-Teams auf die GLORY AMSTERDAM zwecks Koordination des Rettungsablaufs. Damit wäre er seiner eigentlichen Funktion, nämlich Koordinierung eines Rettungseinsatzes, gerecht geworden.

Auch die zeitsparende Notschlepp-Alternative, die NORDIC unter Landschutz laufen zu lassen, das Bordingteam vom Hubschrauber aufzunehmen, auf der GLORY AMSTERDAM abzusetzen und mit deren Unterstützung eine stabile Notschleppverbindung zum gegen 14:15 Uhr eingetroffenen Notschlepper MELLUM herzustellen, wurde vom Ober-Havaristen Monsees nicht angesprochen.

Klar ist, dass der seit 15 Jahren tätige HK-Leiter Monsees kein Unfallmanager, sondern ein Unfallverwalter – ein Havarie-Bürokrat ist. Ein Bespiel für diese These: Havarien „dürfen“ nur von Montag bis Freitag von 07:00 bis 16:00 Uhr stattfinden, denn nur dann kann – so die vom HK festgelegten Einsatzzeiten – ein Bundespolizei-Hubschrauber innerhalb von 15 Minuten in Fuhlendorf starten. Außerhalb dieser Geschäftszeiten kann bis zum Start eine Stunde vergehen, unabhängig von den Wetterbedingungen und dem Havarie-Risiko!

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen für Antriebsmaschinen.