Von Kohle über Öl zu Erdgas

Megaboxer MS SAJIR
Der 15.000 TEU tragende Megaboxer MS SAJIR soll für den Betrieb mit Methan umgerüstet werden (©Hapag-Lloyd)

Hapag Lloyd lässt Megaboxer auf Erdgas umrüsten

In ihrem mehr als 170-jährigen Firmenbestehen hat das traditionsreiche Hamburger Schifffahrtsunternehmen schon alle möglichen Arten von Kraftstoffen, fest und flüssig, zur Drehmomenterzeugung für den Antrieb ihrer Schiffe verwendet. Und nun vermeldete die Reederei, dass sie die Antriebsanlage ihres 15.000 TEU Frachters MS SAJIR, als weltweit erstes Schiff für die Nutzung von Erdgas (Methan) umrüsten lassen will. Der Vertrag zur Umrüstung wurde mit der Hudong Hondhoa Shipbuilding (Group) Co., LTD unterzeichnet. Dieser Vertrag beinhaltet auch die Umrüstung der Hilfsdiesel auf Erdgasnutzung. Der Umbau des fünf Jahre alten Schiffs soll von der Werft Huarun Dadong Dockyard Co., LTD, Shanghai, im Jahr 2020 durchgeführt werden.

Die Umrüstung des Hauptmotors auf Erdgasbetrieb wird von der MAN Energy Solutions durchgeführt. Der Vertrag dazu wurde mit dem Augsburger Unternehmen kürzlich unterzeichnet.

Das bisher einzigartige Pilotprojekt sieht die Umrüstung eines vorhandenen und bislang mit Schweröl betriebenen MAN B&W 9S90ME-C Motors auf einen MAN Zweistoffmotor 9S90ME-GI mit Gaseindüsung vor.

„Mit der Umrüstung der SAJIR sind wir weltweit die erste Reederei, die ein Containerschiff dieser Größenordnung auf Erdgas-Antrieb umstellt“, sagte Richard von Berlepsch, Managing Director Fleet Management bei Hapag-Lloyd. „Es ist also ein bis dato einmaliges Pilotprojekt von dem wir hoffen, für die Zukunft zu lernen und Wegbereiter für Umrüstungen von Großschiffen auf diesen alternativen Kraftstoff zu sein.“

Die SAJIR gehört zu insgesamt 17, bereits während des Neubaus konzipierten „LNG-ready“-Schiffen in der Flotte von Hapag-Lloyd. Mit dem Umbau der SAJIR realisiert Hapag-Lloyd eine technische Option zur Reduzierung der Abgasemissionen von Großschiffen. Das Unternehmen reagiert damit u.a. auf die verschärften Schwefelgrenzwerte im Kraftstoff die im nächsten Jahr in Kraft treten und für alle Reedereien zu erheblichen Mehrkosten führen werden.

Die Umrüstung von Zweitaktmotoren für die Nutzung von Erdgas ermöglicht erhebliche Emissionsreduzierungen. Nach Aussagen von MAN ES liegen die CO2-Emissionsreduzierungen zwischen 25 bis 30% im Vergleich zu HFO und MDO. Die NOx-Reduzierungen liegen bei rund 30% (weit unterhalb der TIER II-Grenzwerte). Am stärksten schlagen die Schwefeldioxid- und Partikelemissionsreduzierungen, mit mehr als 90%, zu buche.

Damit sieht die Reederei gute Chancen einen Teil seiner Flotte für den Gebrauch von Erdgas umzurüsten. Man redet von weiteren 16 Containerschiffen die bereits „LNG-ready“ gebaut wurden. Das würde bei Umbaukosten von rund 25 bis 30 Mio Dollar je Schiff zu einem Gesamtinvestment von rund 400 Mio Dollar (ca 356 Mio EUR) führen.

Die neue Antriebsanlage

Die 2014 in Fahrt gesetzte, 368 m lange und 51,00 m breite SAJIR, aus der Flotte der arabischen Reederei UASC (United Arab Shipping Company) stammend, verfügt noch über eine Stellplatzkapazität von14.993 TEU. Zurzeit wird das Schiff von einem MAN-Motor des Typs 9S90 ME-C 10.2 mit einer Leistung von 37.630 kW bei 72/min angetrieben. Dieser Motor soll in einen Zweistoffmotor 9S90 ME-C 10.5-GI mit gleicher Leistung / Drehzahl umgebaut werden.

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MAN SE konnte bereits mehrere Motorumrüstungen aus ihrem Portfolio (siehe MS WES AMELIE und weitere) als Referenz vorweisen, trotzdem handelt es sich bei dem Hapag-Lloyd-Projekt um das erste schiffsseitige Retrofit-Projekt für den Augsburger Motorenhersteller. Der Umbau eines Schiffs auf Methan-Betrieb ist dabei hochkomplex. Auch wenn der umzubauende 9-Zylinder Reihendieselmotor der SAJIR der „Stammvater“ des DF-Motors 9S90 ME-GI ist, unterscheiden sich die zwei Varianten in wesentlichen Komponenten und Systemen. So ist z.B. der Zylinderkopf des ME-GI-Motors mit zwei Ventilen für die Gaseindüsung und zwei konventionellen Ventilen für das Pilot Fuel-Oil ausgestattet. Die beiden Motortypen, ME-C und ME-GI, sind weitestgehend gleich und verfügen über den gleichen Wirkungsgrad, die gleiche Leistung sowie die gleichen Hauptabmessungen. Der ME-GI-Motor hat im Vergleich zum ME-C-Motor eine modifizierte Abgasanlage, einen modifizierten Zylinderkopf mit den notwendigen Gaszuführungsleitungen sowie angebaute Gas-Kontrolleinrichtungen.

Auf der Gasversorgungsseite muss Platz für den LNG-Tank und Verdampfungsvorrichtungen im Schiff gefunden werden, ohne dabei eine allzu große Anzahl an Containerkapazität einzubüßen. Wie Hapag-Lloyd berichtet, gehen mit dem zusätzlichen vom DNV-GL zertifizierten Gasspeichersystem, in dem beim Bau des Schiffs vorgesehenen Platz, theoretisch 350 Containerstellplätze verloren.

Die Motortechnik

Das Schiff bedient normalerweise die Fernost-Route von Asien nach Nordeuropa durch den Suezkanal. Die LNG-Tankkapazität wird 6.500 m3 betragen. Ein Membran-Tank (GTT-Design) wird an dem vorgesehenen Platz in einem der Laderäume, dicht vor dem Maschinenraum, eingebaut. Membrantanks erlauben eine optimale Anpassung an die vorhandene Schiffsform. Aus jetziger Sicht kann die Reichweite mit einer LNG-Tankfüllung noch nicht genau genannt werden. Nach Aussagen wird die SAJIR zwei Mal LNG nachbunkern – die Orte werden von der Verfügbarkeit des Kraftstoffs und dem Preis abhängen.

Der ME-GI-Motor (Gas Injection) hat mit weit über 200 bestellten / ausgelieferten Maschinen bereits einen neuen Industriestandard für Zweitakt-Antriebsmotoren etabliert und kommt unter anderem auf LNG-Carriern, Containerschiffen und Massengutfrachtern zum Einsatz. Die umweltfreundliche und hocheffiziente Zweitakt-Technik löst zudem, nach Aussagen des Unternehmens, das Problem des sogenannten Methanschlupfes. Der Motor kombiniert die Vorzüge einer Mehrstoffverbrennung mit der Zuverlässigkeit des etablierten ME-Motors.

MAN Energy Solutions liefert für die Umrüstung sowohl das erforderliche Engineering als auch alle notwendigen Motor- und ausgewählte Anlagenkomponenten, um den zurzeit noch schweröltauglichen Motor für den Betrieb mit flüssigem und gasförmigen Kraftstoffen anzupassen.

Wayne Jones, Chief Sales Officer MAN SE: „Wir bieten eine voll integrierte Komplettlösung an. Neben der Umrüstung des Motors gehört dazu auch das gesamte Gasaufbereitungssystem zur Gasversorgung des Hauptmotors inklusive dem Pilot-Öl-Modul, und der Hilfsmotoren von MAN Cryo und ein 300-bar Hochdruck-Pumpen-Verdampfersystem (VPU-System) von MAN SE.“

Als Back-up ist auch ein Betrieb mit schwefelarmem Kraftstoff (LSFO) möglich.

Motorseitig werden weitestgehend alle Bauteile des Brennraums sowie deren Anbauteile ausgetauscht. Des Weiteren werden die Einspritzkomponenten zur Gaseindüsung getauscht bzw neu hinzugefügt. Speziell das für den Gasbetrieb benötigte Pilot-Öl-System wird komplett neu aufgebaut. Die Steuerung des ME-GI-Motors ist komplexer als die ursprüngliche Steuerung des Schwerölmotors. Dies macht einen Umbau der Sensorik des Motors, bzw. eine Neuinstrumentierung notwendig.

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen für Antriebsmaschinen.