Mit Carnival Maritime hat die Carnival Corporation, der größte Kreuzfahrt-Konzern der Welt, im Oktober 2015 das nautische und technische Management für seine Tochtergesellschaften Aida Cruises, Costa Crociere und Costa Cruises Asia in Hamburg zusammengelegt. Ziel der Einheit ist eine stärkere Verzahnung der Kommunikation zwischen Schiff und Land und die Vermeidung von Havarien und sicherheits- und umweltrelevanten Zwischenfällen.
Katalysator für die Zusammenführung der vormals in Rostock (Aida Cruises) und Genua (Costa Crociere) getrennt operierenden Bereiche war die Havarie der COSTA CONCORDIA am 12. Januar 2012. Nie wieder sollte es bei Costa (oder deren Tochtergesellschaft Aida Cruises) möglich sein, dass ein Kapitän eigenmächtig vom vorgegebenen Kurs abweicht und dann auch noch zu spät Entscheidungen trifft, die Schiff, Passagiere und Besatzung in Lebensgefahr bringen. Das Kentern der COSTA CONCORDIA hatte damals 32 Todesopfer zur Folge; das Wrack des Schiffes konnte anschließend nur im Rahmen einer mehr als zwei Jahre dauernden Bergungsaktion wieder aufgerichtet und schwimmfähig gemacht werden. Die Kosten für Bergung, Verschrottung und Entschädigungen beliefen sich auf 1,5 Milliarden € – eine Summe, die Costa Crociere 2013/14 an den Rand der Insolvenz trieb.
Die „Marine Service Unit“ der Costa Group sitzt nun im siebenstöckigen „Centurion Commercial Center“ am Großen Grasbrook in der Hamburger HafenCity, von wo aus digitaler Support sowie Kontrolle und Planung der wichtigsten nautischen, technischen und HESS-Aspekte (Health, Environment, Safety and Security) der 25 Aida- und Costa-Schiffe in Echtzeit geleistet werden. Außerdem verantwortet Carnival Maritime das Risiko-, Sicherheits- und Krisenmanagement für Costa und Aida. Für letzteres stehen in den Räumlichkeiten von Carnival Maritime unmittelbar an die Operationszentrale angrenzend gesonderte Tagungs- und Konferenzräume zur Verfügung. Auch die Optimierung des Treibstoff-, Energie- und Wasserverbrauchs der Flotte soll Carnival Maritime erreichen. Insgesamt besteht Carnival Maritime aus sieben Fachabteilungen. Die in Hamburg durchgeführten Maßnahmen sollen der bestmöglichen Unterstützung der Kapitäne, Offiziere und Ingenieure an Bord dienen, auch die Wirtschaftsprüfung in Sachen Sicherheit und Gefahrenvermeidung übernehmen seit Oktober 2015 die Mitarbeiter in Hamburg.
Viele der 150 Angestellten sind hierzu von den vormaligen Standorten in Rostock und Genua übernommen worden, es sind in Hamburg aber auch 70 neue Stellen besetzt worden. Ausschlaggebend für Hamburg als Standort sind die hochentwickelte maritime Infrastruktur der Hansestadt sowie die große Zahl verfügbarer qualifizierter Mitarbeiter gewesen. Managing Director von Carnival Maritime ist Jens Lassen. Der gebürtige Norweger Lassen greift auf eine langjährige Erfahrung in der maritimen Wirtschaft zurück und hat zuvor Stellen bei Det Norske Veritas (DNV), Royal Caribbean Cruise Lines (RCL) und Rickmers Holding bekleidet, ehe er zu Aida Cruises wechselte.
Ziel von Carnival Maritime ist nach eigenen Angaben eine „zero incident policy“ in Sachen Sicherheit und Umweltschutz. Nicht zuletzt deshalb hat sich die Carnival Corporation beim Aufbau der Einheit an der Luftfahrtindustrie orientiert und das neue Fleet Operations Center (FOC) in Hamburg u. a. zusammen mit Lufthansa Technik konzipiert. Hierzu wurde 2015 in die damals fortschrittlichste verfügbare Technologie investiert; über die Höhe der Investitionen für den Aufbau der Marine Service Unit hat Carnival jedoch keine Angaben gemacht.
Das FOC bildet das Herzstück von Carnival Maritime. Hier werden in Form einer Großraum-Leitstelle sämtliche relevanten aktuellen Routen-, Betriebs- und Verbrauchsdaten der Costa- und Aida-Flotte auf Großbildschirmen zusammengeführt und von insgesamt 14 erfahrenen nautischen Offizieren im Schichtbetrieb überwacht. Das FOC ist 24 Stunden am Tag und an allen Tagen im Jahr besetzt, es soll in Gefahrensituationen die Dienst habenden nautischen Offiziere an Bord in Echtzeit unterstützen. Anders als in der Luftfahrt trägt jedoch aus Gründen des internationalen Seerechts der Kapitän des jeweiligen Schiffes nach wie vor die letztgültige Befehls- und Entscheidungsverantwortung. U. a. zeigt eine digitale Weltkarte im FOC die Positionen und Kurse aller Schiffe der Flotte in Echtzeit an – gelb-blaue Schornsteine für die Costa-Schiffe und rote Kussmünder für die Aida-Einheiten. Weicht z. B. eines dieser Schiffe vom vorgegebenen Routenkorridor ab, erhält Carnival Maritime in Hamburg sofort ein akustisches und visuelles Signal, um unmittelbar auf die Abweichung reagieren zu können und den Grund hierfür zu erfragen. Auch Radar-, Webcam- und Wetterdaten können jederzeit für jedes Schiff der Flotte in Hamburg überwacht, beurteilt und gegebenenfalls mit der Schiffsführung vor Ort besprochen werden. Ziel der Einheit bleibt die bestmögliche Kommunikation zwischen Schiff und Reederei, um die angestrebte „Null-Vorfälle-Strategie“ zu verfolgen und umzusetzen. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall eines Notfalls im eigenen Haus wurde vorgesorgt – das FOC bleibt über separate Notstromaggregate und Internetverbindungen auch im Falle eines Stromausfalls für die Kreuzfahrtflotte der Costa-Gruppe erreichbar.
Gegründet im April 2015, ist Carnival Maritime in Hamburg seit dem 28. Oktober 2015 voll einsatzfähig. Seit dem 26. Februar 2016 arbeitet die Einheit darüber hinaus mit dem Hamburg Vessel Coordination Center (HVCC) zusammen, wenn ein Costa- oder Aida-Kreuzfahrtschiff in den Hamburger einläuft oder diesen verlässt. Das HVCC ist ein Joint Venture zwischen den beiden größten Hamburger Containerterminalbetreibern HHLA und Eurogate; es entstand am 01. November 2015 aus der Zusammenführung der Hamburger Feeder-Logistikzentrale (FLZ) und der Nautischen Terminal-Koordination (NTK) und dient der Optimierung des Schiffsverkehrs im Großrevier Elbe/Hamburger Hafen.
www.carnival-maritime.com