„Masterplan“ soll Donauraum-Verkehrsinfrastruktur und Tourismus „zukunftsfit“ machen
Schiffbare Ströme waren schon immer Länder und Völker verbindende Verkehrswege, als solche Träger von friedlichem Handel und Verkehr und damit Lebensadern von Staaten und ihren Bewohnern. Bis in unsere Zeit ist die Donau als einziger von West nach Ost fließender Strom eine der leistungsfähigsten West-Ost-Verbindungen des Kontinents und damit auch eine solche vom Okzident zum Orient bzw. von Europa nach Asien. Sie bringt damit alle Voraussetzungen mit, im Zeichen eines neuen vereinigten Europa eine völkerverbindende Rolle zu übernehmen und zu einem Strom der Zukunft, des Friedens, der wirtschaftlichen Prosperität und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu werden.
Der politische Rahmen dafür wurde nach dem Wendejahr 1989 und dem EU-Beitritt osteuropäischer Staaten durch die 2011 ins Leben gerufene EU-Donauraumstrategie gesetzt, die dem Umstand Rechnung trägt, dass die Donau zehn Staaten (mit drei Ausnahmen alles EU-Mitglieder) und damit heterogene Kultur- und Wirtschaftsräume berührt und rund 100 Millionen Menschen an ihren Ufern und rund 200 Millionen in ihrem 817.000 qkm großen Einzugsbereich leben. Dazu kommt noch, dass die Donau über den Rhein-Main-Donau-Kanal und das Schwarze Meer mit anderen Wirtschafts- und Kulturräumen verbunden ist.
Da internationale Zusammenarbeit für eine nachhaltige Entwicklung der Donau als Verkehrsweg unerlässlich ist, hat das österreichische Verkehrsministerium mit der Österreichischen Wasserstraßen-GmbH (VIADONAU) und dem rumänischen Verkehrsministerium im Rahmen der EU-Strategie eine Koordinationsrolle übernommen – vor allem, weil es in allen Donauländern auch nationale Aktionspläne (in Österreich seit 2007) für die Donauschifffahrt gibt. Schon 2012 wurde von diesen Ministerien eine gemeinsame Deklaration für ein effektives Wasserstraßenmanagement unterzeichnet, mit dem auch davon abhängige Wirtschaftsstandorte der einzelnen Länder gestärkt werden sollen.
Im Einzelnen geht es dabei um die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Donauschifffahrt in Logistiknetzwerken, Steigerung der Verkehrssicherheit, sicherem Schleusenbetrieb, Steigerung der Umweltfreundlichkeit der Schifffahrt, Erhaltung und Verbesserung des Lebensraumes Donau, sowie Sicherstellung des Hochwasserschutzes und Schadensminimierung bei Hochwässern. Ein entsprechender „Masterplan“ für die Donau und ihre Nebenflüsse, soweit schiffbar, ist 2014 in Kraft getreten.
In Österreich wurde der seit 2007 in Kraft befindliche Nationale Aktionsplan (NAP) Donauschifffahrt mit dem bis 2022 geplanten „Aktionsprogramm Donau“ des Wiener Verkehrsministeriums abgelöst, das sich, weil die Donau auch Energieträger, Erholungs- und Lebensraum ist, neben der Schifffahrt auch der Ökologie und dem Hochwasserschutz widmet. Pro Jahr wurden seit 2007 fast 4,2 Mrd. Euro in NAP-Aktivitäten investiert, davon großteils seit 2013. Ein Drittel der Gesamtkosten wurde durch EU-Mittel aus verschiedenen Förderprogrammen kofinanziert.
2006 war das Integrierte europäische Aktionsprogramm für die Binnenschifffahrt (NAIADES) veröffentlicht worden, das von den EU-Mitgliedern mit einer „aktiven“ Schifffahrtspolitik umgesetzt werden sollte. Obwohl der Markt der Binnenschifffahrt in der EU seit 2000 liberalisiert ist, war und ist aufgrund unterschiedlicher Rechtsvorschriften Harmonisierungsbedarf bei vielen Sachgebieten gegeben. Infolge der starken Fragmentierung der Zuständigkeiten für die Schifffahrt auf europäischer Ebene gab es Doppelgleisigkeiten und erhöhten Koordinationsaufwand. Auch sonst fand auf europäischer Ebene die Binnenschifffahrt eher wenig Gehör, die Unterstützung entsprach nicht der potentiellen Leistungsfähigkeit dieses Transportmittels. Qualitative Unterschiede in der Wasserstraßeninfrastruktur und bei Häfen, sowie abweichender Fortschritt bei der Implementierung des Binnenschifffahrts-Informationssystems (RIS) erzwang verstärkte Kooperationsaktivitäten mit den Donaustaaten.
Es folgt ein Überblick über wichtige Aktivitäten auf dem Binnenschifffahrtssektor im Rahmen der EU-Donauraumstrategie: Breit aufgestellte Projekte treiben die Entwicklung in den Bereichen neue Märkte, Flottenmodernisierung, Aus- und Weiterbildung von Personal, Image und Infrastrukturentwicklung voran.
– Die Oberste Schifffahrtsbehörde des Wiener Verkehrsministeriums und VIADONAU brachten sich aktiv in die Ausgestaltung rechtlicher und strategischer Vorgaben auf EU-Ebene ein, u.a. bei technischen Vorschriften für die Binnenschifffahrt, Gefahrengut-Rahmenrichtlinie, elektronische Meldungen für die Binnenschifffahrt , Transeuropäische Verkehrsnetze und die sog. Connecting Europe Facility wurden mitgestaltet.
Die Beseitigung der Engpässe entlang der gesamten Donau wurde 2004 als Prioritätsvorhaben im Rahmen der Transeuropäischen Verkehrsnetze festgelegt. Die Strecken Straubing-Vilshofen (Bayern) und Wien-Bratislava (Österreich/Slowakei) galten als schwächste Streckenabschnitte, letzterer vor allem im Zusammenhang mit der Verbesserung der ökologischen Verhältnisse im Nationalpark Donauauen östlich von Wien. Man darf nicht vergessen, dass die Donau viele Landschaften und Klimazonen passiert, entsprechende vielfältig sind Flora und Fauna in ihrem Bereich. Trotz zahlreicher schwerer menschlicher Eingriffe ist die Flusslandschaft vielerorts noch immer artenreich, auch weil einige sensible Lebensräume unter Schutz gestellt wurden. Ein großes Problem ist die ständige Erosion des Flussgrunds, der verschiedene staatliche und grenzüberschreitende Maßnahmen entgegenwirken sollen, u.a. durch regelmäßiges Ausbaggern.
Die Oberste Schifffahrtsbehörde des Wiener Verkehrsministeriums und VIADONAU haben sich aktiv in die Ausgestaltung der EU-Richtlinien und Verordnungen bezüglich Binnenschifffahrt eingebracht, so bei technischen Vorschriften für die Schifffahrt, Gefahrengut-Rahmenrichtlinie, elektronische Meldungen für die Binnenschifffahrt.
Das Transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V) definiert Verkehrsnetze von europäischem Interesse. Die Wasserstraße Donau war im Prioritätenprojekt 18 (Achse Rhein-Main-Donau) integriert. Seit 2014 scheint die Wasserstraße Donau im multimodalen „Rhein-Donau-Korridor“ auf. Internationale Infrastrukturprojekte können sich somit auch in Zukunft um Ko-Finanzierung durch die EU bewerben.
Aktivitäten zur Marktentwicklung für die Binnenschifffahrt müssen im internationalen Kontext adressiert werden, da sich sowohl Angebot als auch Nachfrage als auch der Transportweg Donau über Ländergrenzen hinweg erstrecken. 2012 wurde unter Mitarbeit von VIADONAU der Aufbau eines europaweiten Netzwerkes von marktneutralen Logistikberatern im Bereich der Binnenschifffahrt initiiert. Ziel sind Schritte zur Förderung der Kooperation zwischen einzelnen Verkehrsträgern, also Schiff, Straße und Schiene.
2006 wurde eine von den Verkehrsministerien in Wien und Bukarest initiierte Machbarkeitsstudie zum Thema Containertransport auf der Donau erstellt und gemeinsam mit den Häfen Krems (Österreich) und Constanta (Rumänien) erarbeitet, Ergebnis waren Rahmenbedingungen für die Etablierung von Container-Liniendiensten auf der Donau, wobei sich solche auf der österreichischen Donau nicht etabliert haben. Auch die EU-Komission unterstützt mit einem speziellen Förderprogramm den Aufbau multimodaler Verkehre und die Verkehrsverlagerung von LKWs hin zu Bahn und Schiff.
Die Weiterentwicklung südosteuropäischer Donauhäfen soll unterstützt werden – durch Beratung und Vernetzung. So wurden u.a. bilaterale Hafenkooperationen zwischen Enns (Österreich) und Galati (Rumänien), sowie zwischen Krems und Constanta initiiert, um Investitions- und Kooperationsmöglichkeiten zu nützen.
Im Zuge der Verbesserung der Umweltperformance der Donauflotte soll die Binnenschifffahrt bis 2050 ihre Treibhausgasemissionen um 60 Prozent reduzieren. Schwerpunkte stellen dabei neue Antriebstechniken, alternative Treibstoffe, Niedrigemissionslösungen, Energieeffizienz, sowie Strategien zur Effizienzsteigerung im Donauraum dar.
Zur weiteren Verbesserung der Verkehrssicherheit, der Effizienz der Binnenschifffahrt und zur Kollisionsvermeidung wurde mit Beteiligung von VIADONAU ein Navigations-Unterstützungssystem (INSS) entwickelt. U. a. wurde der Datenaustausch mit slowakischen Einsatzkräften zwecks besserer Reaktion in Notfällen verbessert. 2015 wurde auch ein Pilotbetrieb für das elektronische Melden von gefährlichen Gütern gestartet. Fast alle aktiven Tankschiffe auf der Donau sind inzwischen mit Doppelhüllen ausgestattet, ferner wurden mit einer Richtlinie von 2006 die technischen Vorschriften für Binnenschiffe, einschließlich Fahrgastschiffe auf den neuesten Stand der Technik gebracht und europaweit vereinheitlicht.
Es liegt nunmehr auch ein breites Spektrum an Fachpublikationen und Informationssystemen vor, teilweise auch in Fremdsprachen wie Englisch, nicht nur in den Sprachen der Donauanrainerstaaten: Schifffahrt-Handbücher, laufend aktualisierte Donau- und andere Wasserstraßenkarten, Statistiken über Wartezeiten bei Schleusen und Verkehrsunfällen auf der Donau, seit 2014 auch jährliche Informationen über Fahrwasserverhältnisse, Transportvolumen – alles in Druckwerken und auch Online.
2014 wurde eine europäische Expertengruppe zum Thema Wasserstraßeninstandhaltung eingerichtet, ein entsprechendes Handbuch soll den entsprechenden Verwaltungen in Europa praktische Leitlinien in puncto Erhaltungsmaßnahmen bieten. Mit NEWADA (Network of Danube Waterways Administration) wurde mit EU-Förderung das erste Projekt zur Verbesserung der Zusammenarbeit von Wasserstraßenverwaltungen im Donauraum gestartet. Seit 2004 existiert ein zentraler Webauftritt für die Donauschifffahrt (www.donauschifffahrt.info) dessen Inhalte laufend erweitert und aktualisiert werden.
Die EU-Donauraumstrategie umfasst auch die Förderung des Tourismus im Donaubereich, vor allem des Ökotourismus – Schifffahrt, Rad- und Wanderwege. Das reiche geschichtliche, kulturelle und natürliche Erbe der Donau und des Donauraumes hat ein gewaltiges Entwicklungspotential, der Tourismus sorgt für Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Ziel aller Aktivitäten ist es, mit einem Mausklick das ganze Erscheinungsbild von Natur und Kultur des Donauraumes vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer anklicken zu können. Dazu bedarf es umfangreicher Marktanalysen und Informationskampagnen um alle Attraktionen, Angebote und Kulturschätze und –ereignisse zu vernetzen. Die Donauraumstrategie lebt vor allem vom Engagement der dortigen Menschen und bietet die einmalige Chance einer großen touristischen Zukunft zum Wohle der Wirtschaft und neuer Erwerbchancen für die Bewohner.
Beitragsfoto: Thomas Jantzen