Am 14.03. präsentierte der Gesamtverband Schleswig-Holsteinischer Häfen (GvSH) sein Jahresergebnis 2017 im Rahmen eines Parlamentarischen Frühstücks, das der GvSH in Zusammenarbeit mit der IHK Schleswig-Holstein in der Berliner Landesvertretung ausrichtete. Die Interessen des Landes Schleswig-Holstein will das Land in Zukunft verstärkt in Berlin vertreten, um sich in Sachen Wirtschafts- und Verkehrsinfrastruktur gegenüber dem Bund mehr Gehör zu verschaffen.
Ihre führende Rolle unter den Küstenländern haben die schleswig-holsteinischen Häfen auch 2017 behauptet. Die im GvSH organisierten Mitgliedshäfen haben im vergangenen Jahr ein Umschlagergebnis von 53,6 Mio. Tonnen erzielt. Damit wurde nicht nur das Ergebnis von 2016 um 3,5 Mio. Tonnen übertroffen (+ 7,5 %), sondern sogar eine neue Bestmarke aufgestellt und erstmals das Vorkrisenniveau von 2007 übertroffen.
51 Mio. Tonnen gingen dabei auf das Konto der „Big Four“ des GvSH (Lübeck, Brunsbüttel, Kiel und Puttgarden). Über diese vier Häfen laufen 95 % des Gesamtvolumens. Aber auch die kleineren Häfen an der Westküste und am Nordostseekanal haben sich gut behauptet, vor allem bei den Passagierzahlen. Sebastian Jürgens, Vorstandsvorsitzender des GvSH und Geschäftsführer der Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG), betonte, dass die schleswig-holsteinischen Häfen in der Breite gut aufgestellt seien und dadurch nicht von bestimmten Kunden oder Ladungsarten abhängig sind. Die Vielfalt der schleswig-holsteinischen Häfen komme dadurch zustande, dass das Land an zwei Meere grenze und kleine tideabhängige Wattenmeerhäfen genauso einschließt wie Insel- und Fördehäfen, den Nordostseekanal und die Seehäfen der beiden Großstädte Kiel und Lübeck. Während sich z. B. der Hafen Helgoland in den letzten Jahren dank massiver Strukturförderung zu einem Dreifach-Hub für Windtechnik, Forschung und Tourismus entwickelt hat, werden Büsum und Rendsburg gegenwärtig zu regionalen Zentren für den Kiesumschlag ausgebaut. Die „nautische Erreichbarkeit“ und damit die Anpassung der Fahrwassertiefen dieser und anderer Häfen (Husum, Travemünde) ist daher auch eine Kernforderung des GvSH. In Lübeck soll der Umschlag perspektivisch stärker an die Flussmündung verlagert werden, wo am Travemünder Skandinavienkai aktuell für 67 Mio. € eine Fläche von 16 Hektar für weitere Trailer-Aufstellflächen und Lagerhallen geschaffen wird. Die Arbeiten sollen 2021 abgeschlossen sein.
Kritisch sehen Verband und Ministerium dagegen Entwicklungen wie in Flensburg, wo aufgrund temporär rückläufiger Ladungsmengen gleich komplette Hafenflächen in Wohnbaugebiete umgewidmet werden sollen. Hier sei es vielmehr vordringlich, mit entsprechenden Konzepten verlorene Kunden und Umsätze zurückzugewinnen anstatt die Chance zu vergeben, bestehende Strukturen langfristig zu erhalten.
Der Lübecker Hafen als der umschlagstärkste Hafen der Region verzeichnete 2017 den höchsten absoluten Zuwachs um 1,3 auf rd. 25 Mio. Tonnen (+ 5,5 %). Während die privaten Hafenbetreiber zusammen 2,7 Mio. Tonnen umschlugen, war bei der Lübecker Hafen-Gesellschaft vor allem die Zahl der LKW und Trailer im RoRo-Verkehr (716.000) für den Mengenzuwachs auf 21,8 Mio. Tonnen ausschlaggebend. Die LKW-Mengen zogen leicht um 3 % an, die Zahl der Trailer erhöhte sich deutlich um 20 %. Positiv hat sich auch das Segment Neuwagen entwickelt, hier stiegen die Mengen um 7 % auf knapp 70.000. „Lübeck wächst endlich wieder!“, so das erleichterte Fazit von Sebastian Jürgens.
Die Brunsbütteler Häfen als zweitgrößter Hafenstandort des Landes weisen mit einem Zuwachs um 1,25 Mio. Tonnen auf insgesamt 13,1 Mio. Tonnen (+ 11 %) eine vergleichbare Mengensteigerung wie der Lübecker Hafen auf. Mit diesem Rekordergebnis sieht sich der Universalhafen in seiner Strategie bestätigt, sich breit aufzustellen und die Erweiterung der Standorte in Schweden und im norddeutschen Raum voranzutreiben. Nicht nur im Güterumschlag, sondern auch in der Personalstärke konnte Brunsbüttel zulegen – 50 neue Mitarbeiter wurden in den letzten drei Monaten eingestellt. Einen Rückschlag musste der Hafen zuletzt allerdings mit der abermaligen Insolvenz des Betreibers der Elbe-Fährlinie nach Cuxhaven einstecken. Hier sieht auch Frank Schnabel, Geschäftsführer Brunsbüttel Ports und ebenfalls Vorstandsmitglied im GvSH, aufgrund der zu geringen Ladungsmengen und der notwendigen hohen Frequenz des Fährverkehrs kaum Hoffnung auf einen kurzfristigen Neustart. Auch die Fertigstellung der geplanten fünften Schleusenkammer auf Brunsbütteler Seite des Nordostseekanals verzögert sich weiter. War zuletzt 2020 avisiert, wird es nun wohl „wesentlich später“. Hier gilt es zunächst einmal, verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen und das Image des NOK zu verbessern, das zuletzt erst wieder nach der Kollision eines Frachtschiffes mit der Großen Südschleuse in Kiel-Holtenau gelitten hat. Diese wird wohl nicht vor April wieder einsatzbereit sein.
Prozentual am stärksten zulegen konnte der Seehafen Kiel. 2017 wurden hier 7,4 Mio. Tonnen umgeschlagen (+ 14 %). Ursächlich hierfür waren insbesondere ein starkes Westschwedengeschäft der Stena Line auf der Route Kiel – Göteborg sowie der Umschlag von Papierprodukten aus Ostschweden am neuen Forstproduktterminal. Die Fährverkehre nach Norwegen und ins Baltikum blieben auf hohem Niveau stabil. Im Kreuzfahrtbereich konnte Kiel die Zahl der Anläufe erneut ausbauen. Auch Puttgarden blickt auf ein erfolgreiches Jahr zurück. Steigende LKW-Mengen auf der Verbindung Puttgarden – Rødby bescherten dem Hafen eine positive Entwicklung des Güterumschlags auf 5,5 Mio. Tonnen (+ 5 %).
Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Buchholz (FDP) zeigte sich besonders erfreut über den Aufwärtstrend im Lübecker Hafen: „Nach den Turbulenzen im vergangenen Jahr (Ladungsrückgänge, Arbeitskämpfe, Sanierungsverhandlungen, d. Verf.) wird hier mit Hilfe des Landes wieder kräftig investiert – und damit bestehen gute Chancen, unseren größten Ostseehafen wieder in die Erfolgsspur zu bringen.“ Das Land sei sich aber nicht nur seiner Verantwortung für die großen, sondern auch für die kleinen regionalen Häfen bewusst. Buchholz: „Dabei reden wir nicht nur über das regelmäßige Ausbaggern der Zufahrten, sondern wir müssen und werden auch noch mehr Anstrengungen hinsichtlich besserer Land-Anbindungen unternehmen.“ Der Minister forderte in dem Zusammenhang die Kommunen auf, hier ebenfalls ihren Beitrag zu leisten.
Der Ausblick auf das laufende Jahr ist durchweg optimistisch. Der GvSH rechnet mit weiteren Steigerungen und liegt damit auf demselben Kurs wie die von der Bundesregierung in Auftrag gegebene „Verkehrsprognose 2030“. Dennoch warnte Jürgens: „Nachhaltiges Wachstum ist kein Selbstgänger. Es bedarf einer leistungsfähigen Infrastruktur, um die Entwicklung der schleswig-holsteinischen Häfen, und zwar nicht nur der großen, zielführend zu unterstützen.“
Auf der Agenda für die kommenden Jahre steht neben der weiteren Digitalisierung in den Häfen auch die Entwicklung eines gemeinsamen Hafen- und Logistikkonzepts, das mit Unterstützung der IHK bis ca. 2020 abgeschlossen sein soll. Einen breiten Raum nahmen im Rahmen des Pressegespräches auch die Zukunftsthemen Landstrom und LNG ein. Kurzfristige Lösungen seien hier jedoch nicht in Sicht, erklärten die Beteiligten. Zwar hätte ein geplantes LNG-Terminal in Brunsbüttel Signalwirkung für den gesamten Nord- und Ostseeraum und darüber hinaus, allerdings soll eine Investitionsentscheidung des niederländisch-deutschen Investoren-Konsortiums erst 2019 fallen. In Betrieb gehen könnte das Terminal frühestens 2022. Bei der Bundesregierung war das Thema LNG nach Aussagen von Minister Buchholz zuletzt lediglich im Verkehrsministerium angesiedelt; wegen der Bedeutung dieser Zukunftstechnologie für die gesamte maritime Wirtschaft wolle er jedoch darauf drängen, ihm verstärkt auch im Bundeswirtschaftsministerium Gehör zu verschaffen.
Den geforderten Ausbau der Landstrom-Verbindungen für den Seehafen Kiel sieht Buchholz dagegen kritisch. Um alle Fähren und Kreuzfahrtschiffe im Kieler Hafen gleichzeitig mit Landstrom versorgen zu können, müsse wegen der erforderlichen hohen Leistung in Hafennähe zuerst ein komplettes Umspannwerk gebaut werden. „Sonst gehen in Strande die Lichter aus!“, scherzte er. Darüber hinaus sei der Strom im Gegensatz zu Oslo und Göteborg, wo die Fähren der Color Line und der Stena Line während ihrer Liegezeiten schon jetzt mit Landstrom versorgt werden, hierzulande preislich zu unattraktiv. Hier gelte es vielmehr zuerst, über eine Anpassung der EEG- und anderer Umlagen vergleichbare Bedingungen zu schaffen.