Chinas „Neue Seidenstraße“ als große Chance für die Wirtschaft Österreichs gewertet
Der kurz vor Jahresende 2018 in Wien präsentierte Infrastrukturbericht der Alpenrepublik für 2019 sieht einen enormen Handlungsbedarf in der Schifffahrt, wo die Zufriedenheit mit deren Infrastruktur im Vergleich zum europäischen Durchschnitt deutlich gesunken ist.
Der Infrastrukturreport, der gegen Jahresende immer für das darauf folgende Jahr erstellt wird, prüft seit 2001 jährlich Stärken und Schwächen der heimischen Infrastruktur auf den Gebieten Energie und Verkehr, verbunden mit Vorschlägen und Forderungen der Wirtschaft an die Politik. Dabei werden nicht nur eine Strukturanalyse, sondern auch Zukunftsprojekte, infrastrukturpolitische Prioritäten und wissenschaftliche Expertisen rund um solche Projekte im Interesse einer integrierten Gesamtbetrachtung in den Mittelpunkt gestellt. Die Befunde basieren auf den Analysen hoher Vertreter des österreichischen Fiskalrates, des Institutes für Transportwirtschaft, auf der repräsentativen Befragung von 240 Managern großer österreichischer Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern, sowie auf zusätzlichen qualitativen Interviews mit etwa 100 österreichischen und internationalen Experten aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung.
Auf dem Schifffahrtsektor Österreichs wies laut Report 2019 die Zufriedenheit mit der relevanten Infrastruktur 2018 einen Saldorückgang von -40 gegenüber dem europäischen Durchschnitt auf und schneidet den Managern zufolge damit am schlechtesten von allen Verkehrsträgern ab. Die Forderungen für die Zukunft gehen daher in Richtung einer besseren Anbindung von Häfen an das Schienen- und Straßennetz, den Ausbau von Hafenanlagen und die Schaffung von mehr Umschlagplätzen.
Bei den Ausbauprojekten führt mit Abstand die Forderung nach Ausbau neuer Technologien für die Energieeffizienz, gefolgt von der Sicherung gegen Cyber- und Terrorangriffe und den Ausbau der Breitbandinfrastruktur, sowie der neuen Mobilfunkgeneration 5G. Die Themen Digitales, Innovation und Telematik werden auch beim Ausbau der Straßen-Infrastruktur und in der Luftfahrt als wichtig angesehen. Bei Letzterer ist der Zufriedenheitssaldo ebenfalls gesunken (-26). Hier betreffen die Forderungen den Erhalt des Flughafens Wien als Verkehrsknotenpunkt (dritte Piste!), die Stärkung regionaler Flughäfen und die Vereinheitlichung der Flugsicherung auf EU-Ebene. Der Schienensektor müsse attraktiver gemacht werden – Ausbau heimischer Güterumschlagsterminals, Modernisierung des Schienennetzes und Ausbau von Hochleistungsstrecken, auch um Österreichs Transitstrecken vom LKW-Verkehr zu entlasten.
Große Chancen für Österreich und darüber hinaus für Europa sieht man den Report-Autoren zufolge bei dem von China forcierten Projekt der „Neuen Seidenstraße“. Österreichs Wirtschaft könne dadurch besser und direkter von einem riesigen und rasch weiter wachsenden Markt profitieren, heißt es vor allem von Seiten der Rail Cargo Group (RCG), die schon jetzt in diesen neuen Markt vorgedrungen und auf allen drei möglichen Seidenstraßenrouten (zwei zu Land und eine zur See) aktiv ist.
Die nördliche Landroute verläuft wie folgt: China – Kasachstan – Russland- Weißrussland – Polen bzw. Ukraine – Mitteleuropa – Westeuropa (Über die Ukraine und Slowakei soll ÖSTERREICH angeschlossen werden, Voraussetzung wäre ein Bahn-Breitspuranschluss von Kosice durch die Slowakei in den Wiener Raum).
Verlauf der südlichen Landroute: China – Zentralasiatische Republiken – Iran – Türkei – Balkan – Ungarn – ÖSTERREICH – übriges Mittel- und Westeuropa.
Verlauf der Seeroute: Chinas Häfen – Südchinesisches Meer – Straße von Malakka – Nördlicher Indischer Ozean – Rotes Meer – Suezkanal – Mittelmeerhäfen. Besondere Bedeutung käme dem griechischen Hafen Piräus zu, wo ein chinesischer Logistikkonzern 51 Prozent der Hafengesellschaft übernommen hat (siehe VEUS-News vom 16. Jan. 2018) und den China zur führenden Container-Drehscheibe Asien-Europa machen will. Der Straßen- und Bahnkorridor zwischen dem Hafen Piräus und Ostösterreich (Graz, Wiener Raum) dürfte dabei besondere Bedeutung gewinnen.
Mit der „Neuen Seidenstraße“ erwartet man eine weitere Verschiebung von transatlantischen zu eurasischen Handelsströmen. Betont wurde von Seiten der Logistik-Branche, das „Feedback“ der Kunden betreffend das Projekt „Neue Seidenstraße“ sei sehr positiv, insbesondere wenn Alternativrouten zu Land eine Zeitersparnis gegenüber dem Seeweg und Preisvorteile gegenüber dem Luftverkehr bieten. Vorläufig gebe es hier aber noch eine Reihe von Problemen: Kapazitätsengpässe, Notwendigkeit großer Summen für den Ausbau der entsprechenden Infrastruktur in China, Infrastrukturmängel bei Grenzübergängen (z.B. Weißrussland-Polen), Ungleichgewicht bei Containervolumen zwischen China und Europa, politische Probleme (z.B. Grenzgebiet Russland-Ukraine).