Beeindruckende Zahlen – Immer wieder Ausbauarbeiten, zuletzt 2005
Zu den bedeutendsten und meistpassierten Wasserstraßen der Welt zählt der 171 km bzw. (einschließlich der nördlichen und südlichen Zufahrtskanäle und einer 2009 fertig gestellten Vertiefung) 193,3 km lange Suezkanal (arab. Qanat es-Suweis) zwischen Mittelmeer und Rotem Meer, der der Schifffahrt zwischen Nordatlantik und dem Indischen Ozean den Weg um Afrika herum erspart.
Die vor genau 150 Jahren nach zehnjähriger Bauzeit im November 1869 feierlich in Betrieb genommene Wasserstraße ist (z.B. zum Unterschied vom Panama-Kanal) ein schleusenloser Meerwasserkanal, der keinen ständigen Wassernachschub benötigt. Der Kanal hat seit 2010 eine Wassertiefe von 24 m (gegenüber acht Meter im Jahr 1869). Im Norden ist er am Wasserspiegel 345m und an der Sohle 215m breit, im Süden liegen die entsprechenden Maße bei 280 m bzw. 195 m.
Eigentümer des Kanals ist seit seiner Verstaatlichung am 26. Juli 1956 die seither bestehende Suez Canal Authority (SCA), die für den Betrieb, die Wartung, Reparatur und Erweiterung des Kanals und die Sicherheit des Verkehrs verantwortlich ist. Sie stellt die Verkehrsregeln und die Gebührentabellen auf und zieht die Gebühren ein. Der Schiffsverkehr wird durch ein radar- und computergesteuertes Verkehrsleitsystem überwacht und gesteuert. Im gesamten Kanal besteht Lotsenpflicht, für jede Fahrt sind vier Lotsen zuständig – für die nördliche Einfahrt bei Port Said, von Port Said bis Ismailia, von Ismailia bis Port Taufiq bzw. Suez und von Port Taufiq bis in die offene See. Es wird wie im Einbahnverkehr und in Konvois gefahren, die von der Suez Canal Authority nach bestimmten Kriterien zusammengestellt werden – je nach Gefahrenklassen, Schiffskategorien und Anmeldezeitpunkt. Die Kanalpassage für die Konvois dauerte bis 2015 einen Tag, Die Kanalgebühren (jährlich etwa 5,5 Mrd. USD) stellen die drittwichtigste Einnahmequelle Ägyptens dar. Die Gebühren werden nach einer Tabelle an Hand der Suez Canal Net Tonnage in Sonderziehungsrechten berechnet und in US-Dollar, Euro, Pfund Sterling und einigen anderen Währungen bezahlt.
Der zulässige Tiefgang beträgt seit Januar 2010 maximal 66 ft bzw. 20,1 m. Das gilt für Schiffe bis zu einer Breite von 50 m. Der maximale Tiefgang reduziert sich bei breiteren Schiffen schrittweise bis auf 40 ft bzw. 12,2 m für Schiffe mit einer Breite von 254,3 ft bzw. 77,49 m. Es ist geplant, auch die Ausweichkanäle entsprechend zu vertiefen. Die Länge der Schiffe unterliegt keinen Beschränkungen. Deren zulässige Höhe beträgt maximal 68 m.
Ein von Ägypten 2014 angekündigtes Erweiterungsprogramm für den Kanal wurde binnen einem Jahr verwirklicht. Ein rund 37 km langer neuer, fast gerader Kanal führt östlich vom bestehenden Kanal an dem engen Bogen am Timsah-See vorbei und ermöglicht die gleichzeitige Passage von Schiffen in beide Richtungen. Zeitgleich erfolgte eine Erweiterung und Vertiefung bereits bestehender Bypass-Strecken. Damit sind seit 2015 115 km des Kanals gleichzeitig in beiden Richtungen befahrbar, wodurch sich die Wartezeit für Schiffe von bisher acht bis 11 Stunden auf nur noch drei Stunden verkürzt und die Durchfahrzeit sich von 22 auf elf Stunden verringert. Das Megaprojekt ist ohne ausländisches Geld finanziert worden.
Auf Grund der Konvention von Konstantinopel von 1888 kann der Kanal von allen Schiffen, also Personen-, Handels- und Kriegsschiffen in Friedens- und Kriegszeiten zu gleichen Bedingungen benützt werden. Die Konventionsbestimmungen gelten inzwischen auch für andere Wasserstraßen wie z.B. Bosporus und Dardanellen, Panama-Kanal oder Straße von Malakka. Gewisse Einschränkungen gibt es für Kriegsschiffe kriegsführender Staaten, u.a. Durchfahrt ohne Halt und Versorgung. Kriegsschiffe müssen ihre Durchfahrt beim Außen- und Verteidigungsministerium in Kairo, sowie der ägyptischen Behörde für maritime Sicherheit anmelden.
Neben den 14 Fährverbindungen mit 36 Fährschiffen (Auto- und Personenfähren) existieren zwei Brücken, ein Tunnel und Kanal- bzw. Leitungsquerungen. Weitere Tunnels unter den Kanal sind geplant.
Etwa 12 km nördlich von Ismailia steht seit 2001 eine Eisenbahn- und Straßenbrücke. Die El-Ferdan-Brücke ist mit 340 m Spannweite die längste Drehbrücke der Welt, sie hatte zwei Vorgänger: der erste Brückenbau von 1954 wurde abgetragen, jener aus dem Jahr 1963 wurde 1967 im Krieg mit Israel zerstört. Der Ahmed Hamdi-Tunnel, ein Straßentunnel unter dem Suezkanal mit je einer Fahrspur wurde 1983 eröffnet, musste aber wegen Mängel 1992 bis 1995 mit Unterstützung Japans renoviert werden. Der Tunnel in 42 m Tiefe unter dem Kanal stellt eine Verbindung zwischen Kairo und der Halbinsel Sinai dar, liegt 17 km nördlich von Suez und ist 1704 m lang.
Es war unvermeidlich, dass Ägypten durch den neuen Verkehrsweg zu einem Knotenpunkt geostrategischer Interessenskonflikte wurde, wie folgende Jahre zeigen: 1875 Übernahme der Kanalanteile (177.692 Aktien) des halb bankrotten Ägypten durch Großbritannien dank der Vorstreckung der erforderlichen Summe durch das Londoner Rothschild-Bankhaus; 1882 Britische Besetzung Ägyptens, gefolgt von der britischen Kontrolle der Kanalzone bis 1956; 1914/15 Eroberungsversuch des Kanals durch die Mittelmächte während des Ersten Weltkrieges; 1940/41Abwehr von Angriffen der Achsenmächte während des Zweiten Weltkrieges; 1956 Internationale Suezkrise nach Verstaatlichung des Kanals von Ägyptens Präsident Gamal Abdel Nasser, die zu einem weltweiten Konflikt auszuarten drohte (siehe VEUS-News vom 1. Sept. 2016); 1967 Sechstagekrieg Israels gegen Arabische Staaten, 1973 Yom Kippur-Krieg und in beiden Fällen darauf folgende Besetzung des Ostufers durch Israels Truppen, gefolgt von langwierigen Räumungsaktionen bis 1975. Indische Politiker hatten Mitte der 50-iger Jahre des 20. Jhdts. den Suezkanal als „Aorta, also Hauptschlagader des Kolonialismus“ bezeichnet.