Mitte März lud das Deutsche Verkehrsforum, eine Vereinigung von aktuell über 160 deutschen und europäischen Unternehmen aus der maritimen und der Logistikwirtschaft, in Berlin zum Parlamentarischen Abend „Neustart Nationales Hafenkonzept – Maßnahmen jetzt gemeinsam umsetzen“. Im Nationalen Hafenkonzept werden die Leitlinien für die Hafenpolitik der Bundesregierung der nächsten zehn Jahre festgelegt.
Der Termin war geschickt gewählt, fiel doch die Diskussion des Nationalen Hafenkonzepts im noblen Berliner Hotel „Titanic“ am Gendarmenmarkt zusammen mit der Vorstellung des Bundesverkehrswegeplans 2030 der Bundesregierung durch Verkehrsministers Alexander Dobrindt (CSU) am selben Tag. Der Doppeltermin verhinderte jedoch auch, dass der Bundesminister persönlich zum Nationalen Hafenkonzept Stellung nehmen konnte; an seiner Stelle sprach daher der Parlamentarische Staatssekretär beim Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Enak Ferlemann (CDU).
Ferlemann ging in seiner Rede zunächst darauf ein, dass das letzte Nationale Hafenkonzept 2009 ein voller Erfolg gewesen sei, dass die deutschen See- und Binnenhäfen seit dessen Verabschiedung jedoch vor so viele neue Herausforderungen gestellt worden seien, dass eine Weiterentwicklung des Konzepts schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit notwendig geworden sei. So seien die deutschen Häfen als Schnittstellen der Weltwirtschaft nicht nur einem zunehmenden Wettbewerb untereinander ausgesetzt, sondern auch und vor allem gegenüber alten und neuen Häfen in Nord- und auch Südeuropa. Auch sei die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Häfen in immer höherem Maße abhängig von der Leistungsfähigkeit der see- und landseitigen Anbindung sowie von der Innovationskraft und der effizienten Verknüpfung aller Akteure der Transportkette. Als besondere Herausforderungen nannte Ferlemann in seiner Rede die Einführung von LNG als neuem, zukunftsweisendem Schiffstreibstoff, die Folgen des Klimawandels und die Hafenpolitik der EU. Darüber hinaus wies der Parlamentarische Staatssekretär darauf hin, dass das neue Nationale Hafenkonzept auf 5 bis 10 Jahre ausgelegt sei, die darin genannten Bau- und Förderprojekte also bis ca. 2025 abgeschlossen bzw. auf den Weg gebracht sein sollen. Aus diesem Grund wurde das Hafenkonzept auch vollständig in den Bundesverkehrswegeplan 2030 der Bundesregierung integriert. Vordringliche Aufgabe sei es laut Ferlemann nun jedoch, das Nationale Hafenkonzept wie auch den Bundesverkehrswegeplan insgesamt möglichst zügig (voraussichtlich bis Ende dieses Jahres) in Gesetzform zu bringen und dann umzusetzen, wofür allerdings deutlich mehr Personalkapazität bei den beteiligten Planungsbehörden erforderlich sei. Auch sprach sich Ferlemann in seiner Rede dafür aus, mehr Koordinationskompetenz von Länder- auf Bundesebene zu verlagern, um Genehmigungsprozesse beschleunigen zu können.
In der ersten von zwei anschließenden Diskussionsrunden, die von Robert Kümmerlen (Mitglied der Chefredaktion der Deutschen Verkehrs-Zeitung DVZ) moderiert wurde, vertrat Enak Ferlemann dann seine Meinung gegenüber Martin Günthner, dem Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen der Freien Hansestadt Bremen sowie Dr. Ulrich Nussbaum, dem Vorsitzenden des Präsidiums des Deutschen Verkehrsforums. In der Diskussion, die unter dem Thema „Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Hafenstandortes Deutschland – strategische Allianz von Bund, Ländern und Wirtschaft“ stand, überwog das Lob für das Nationale Hafenkonzept, allerdings äußerste insbesondere Ulrich Nussbaum die Sorge, dass die tatsächliche Umsetzung der angestrebten Projekte und Maßnahmen trotz der vorhandenen Finanzmittel nicht reibungslos vonstatten gehen werde, da es an Planungskapazität mangele. Günthner dagegen vertrat die Auffassung, dass die Digitalisierung die Chance biete, die bereits vorhandenen Kapazitäten intelligenter auszulasten und dass logistische Prozesse in der Hafenwirtschaft noch stärker flexibilisiert werde sollten, um die Wettbewerbsposition der deutschen Seehäfen weiter zu stärken. Auch fiel in diesem Zusammenhang das Schlagwort einer „Deutsche Bucht AG“ – einer Kooperationsinitiative aller großen deutschen (Nordsee-)Häfen zum Zweck eines möglich einheitlichen Auftretens gegenüber Mitbewerbern und (potenziellen) Geschäftspartnern. Nussbaum forderte hierzu eine stärkere Unterstützung des Bundes bei einzelnen Infrastrukturmaßnahmen wie z. B. Offshore-Projekten, LNG-Terminals oder LNG-Barges. Auch Ferlemann betonte, dass vor allem gegenüber der EU-Kommission neben einer besseren Bund-Länder-Koordination auch ein einheitlicher Auftritt der deutschen Häfen wünschenswert sei, da man in Brüssel einer gleichzeitigen Förderung mehrerer deutscher Standorte traditionell kritisch gegenüberstehe.
Die zweite Diskussion des Abends stand unter der Überschrift „Infrastruktur, Finanzierung, Technologie und Umweltschutz – wo liegen die entscheidenden Weichenstellungen?“ und wurde bestritten von Gunther Bonz, dem Präsidenten der Hafenvereinigung FEPORT (Federation of European Private Port Operators), von Karl-Heinz Ehrhardt, dem Geschäftsführer der Magdeburger Hafen GmbH, und Eckhardt Rehberg MdB, dem Haushaltspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Zunächst bemerkte auch Rehberg, dass die größte Herausforderung in der tatsächlichen Umsetzung des beschlossenen Hafenplans bestehe. Jedoch zeigte er sich darüber durchaus optimistisch, da es innerhalb der Großen Koalition eine große Übereinstimmung hinsichtlich der beschlossenen Investitionen und der zu fördernden Projekte gegeben habe. Gunther Bonz dagegen kritisierte, dass vor allem die Genehmigung von Seiten der EU gegenwärtig viel zu lange dauere und dass Umweltverbände und Bürgerinitiativen nirgendwo in Europa so einflussreich seien wie in Deutschland, was die zügige Umsetzung beschlossener Maßnahme behindere. Rehberg hingegen betonte, dass sich einzelne Schiffe und Projekte besser fördern ließen als komplette Standorte und Technologien und verwies in diesem Zusammenhang auf die erfolgreichen Pilotprojekte STENA GERMANICA (erste RoRo-Fähre mit einem Antrieb auf Methanol-Basis) und BERLIN/COPENHAGEN (Kurzstreckenfähren mit Hybridantrieb aus Dieselmotor und Batterien).
Die Veranstaltung gab insgesamt einen guten Überblick über das Nationale Hafenkonzept der Bundesregierung, allerdings kamen kritische Stimmen wie z. B. von der Opposition, von Umweltverbänden oder Bürgerinitiativen fast gar nicht zu Wort. Nicht alle Verkehrsinfrastrukturprojekte stoßen schließlich in der Bevölkerung auf ungeteilte Gegenliebe, auch wenn die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Häfen gesamtwirtschaftlich gesehen von noch so hoher Bedeutung ist. Trotzdem gebührt dem Deutschen Verkehrsforum als Ausrichter der Veranstaltung Lob für einen hochinformativen Abend zu diesem politisch und wirtschaftlich wichtigen Thema.
www.verkehrsforum.de
Beitragsbild: Kai Ortel