Ist die „United States“ langfristig noch zu Retten? 

Das vor einigen Wochen noch herannahende Ende des amerikanischen Passagierschiff UNITED STATES konnte zunächst vorläufig gestoppt werden. Nachdem bei einem großen medienwirksamen Aufruf in kurzer Zeit 600.000 US-Dollar Spendengelder aufgebracht wurden, teilte die amerikanische Initiative „S.S. United States Conservancy“ jetzt mit, die seit ein paar Jahren Eigentümer des legendären Schiffes ist. Dabei konnte sogar eine Einzelspende in Höhe von 250.000 Dollar verbucht werden. Doch wie geht es weiter mit dem Schiff, für das monatlich rund 60.000 US-Dollar benötigt werden, für Liegeplatzgebühren und kleinere Unterhaltungsarbeiten am Liegeplatz in Philadelphia?

Seit 2011 kümmert sich die Gruppe nostalgischer Idealisten um den Erhalt des Schiffes, um es vor der Verschrottung zu bewahren, nachdem es vor fünf Jahre für 3 Millionen US-Dollar von der Norwegian Cruise Line erworben wurde. An der Spitze der Initiative steht Susan Gibbs, Enkeltochter des Ingenieurs William Francis Gibbs, der die UNITED STATES seinerzeit entworfen hatte. „Wir waren niemals näher dran, die UNITED STATES zu retten, und wir waren niemals näher dran, sie zu verlieren“, erklärte Gibbs kürzlich zur aktuellen finanziellen Situation, denn offensichtlich finden sich nicht mehr genügend potentielle Spender, die für die Rettung des letzten amerikanischen Transatlantikliners und letzter Träger des „Blauen Bandes“ aufkommen. Ob das Schiff jemals noch restauriert wird um dann an einem attraktiven Liegeplatz in New York oder Miami als Hotel oder Casinoschiff erhalten werden kann ist inzwischen mehr als fraglich.

Die UNITED STATES mit einer Vermessung von 53.300 BRT wurde in den Zeiten des Kalten Krieges im Jahr 1952 auf der Werft Newport News als Turbinenschiff für die United States Lines erbaut. Für viele Menschen galt das Schiff als Sinnbild des „American way of life“ und symbolisierte den wirtschaftlichen Aufschwung. Zwei Drittel des damals 78 Millionen Dollar teuren Schiffes wurden von der amerikanischen Regierung bezahlt, da im Krisenfall ein Einsatz als Truppentransporter für bis zu 14.000 Soldaten geplant war, doch dieser Einsatz erfolgte zum Glück nie. Für derartige Einsätze war auch die hohe Geschwindigkeit vorgesehen, über die noch heute viel spekuliert wird. Offiziell wurde die Höchstgeschwindigkeit mit 35 kn angegeben, wobei Insider von bis zu 45 kn sprechen. Der Antrieb der UNITED STATES bestand aus acht Dampfkesseln und vier Getriebeturbinen von Westinghouse, die damals für US-Flugzeugträger entwickelt wurden. Deren Leistung betrug, nach unterschiedlichen Quellenangaben, rund 173.000 PS, andere Quellen sprechen gar von 240.000 PS. Damit gilt die UNITED STATES noch heute als das leistungsstärkste Handelsschiff aller Zeiten. Für die rund 2.000 Passagiere in zwei Klassen gab es unter anderem einen Ballsaal, zwei Kinos, 20 Aufzüge und ein Schwimmbad an Bord. Drei Orchester lieferten für die Gäste das Unterhaltungsprogramm auf der nicht immer gemütlichen Atlantikreise.

Blaues Band für die UNITED STATES

Auf der Jungfernreise am 3. Juli 1952 unter dem Kommando von Kapitän Manning errang die 301,8 m lange und 31 m breite UNITED STATES mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 34,51 kn das traditionelle „Blaue Band“ für die schnellste Atlantik-Überquerung. Das Schiff benötigte dabei zwischen New York und Southampton nur drei Tage und 12 Stunden. Im folgenden Jahr wurde auch noch der deutsche Zielhafen Bremerhaven in den Fahrplan eingebunden. Beim Erstanlauf am 3. Januar 1953 morgens gegen 2 Uhr, wurde das Schiff von hunderten Schaulustigen am Columbusbahnhof begrüßt. In der Zeit von 1953 bis 1969 legte die UNITED STATES, die aufgrund der besonderen Silhouette mit den beiden riesigen Schornsteinen „Big U“ genannt wurde, insgesamt 167-mal an der Columbuskaje an, zu einer Zeit, als noch Besatzungssoldaten und Truppentransporter das Bild der Häfen bestimmten. Bis zu seiner letzten Fahrt am 7. November 1969 beförderte das legendäre Schiff auf seinen insgesamt 400 Reisen mehr als eine Millionen Passagiere über den Atlantik.

Stars und Sternchen auf der “Big U”

In dieser Zeit nutzten auch regelmäßig Staatsmänner und Filmstars aus aller Welt das damals schnellste Schiff der Welt: Neben dem US-Präsidenten John F. Kennedy wurden auch Filmgrößen wie Marilyn Monroe, Coco Chanel, John Wayne, Marlene Dietrich oder Marlon Brando an Bord der „Big U“ gesehen. Als der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer nach einer Passage über Ostern 1953 in New York die UNITED STATES verließ, hatte seine Delegation mächtig an den Folgen der Seekrankheit zu leiden. „Die Überfahrt war äußerst stürmisch“, schrieb der Bundeskanzler später in seinen Erinnerungen: „Fast alle Mitglieder meiner Begleitung waren seekrank und wünschten die Stunde der Landung in New York herbei.“ Über seine eigenen Empfindungen machte Adenauer keine Angaben.

Die UNITED STATES markierte in den 17 aktiven Jahren jedoch nicht nur einen Glanzpunkt, sondern auch das Ende der transatlantischen Passagierschifffahrt, denn im Jahr 1969 benutzten schon 96 % der Transatlantikreisenden das Flugzeug. Mit den Nonstop-Verbindungen der Düsenjets konnte auch das schnellste Schiff der Welt nicht mehr mithalten – sie wurde am 8. November im Hafen von Newport News aufgelegt. Es folgten viele Jahre mit glücklosen Versuchen, die “Big U” wieder in Fahrt zu bringen. Nach dem erfolgreichen Umbau des französischen Passagierschiffs FRANCE zum Kreuzfahrtschiff NORWAY im Jahr 1980 wurden auch ähnliche Umbaupläne für die UNITED STATES gemacht.

Asbestsanierung in der Ukraine

In den 80er Jahren in Hampton Roads in Virginia wurde vom damaligen Eigner die luxuriöse Innenausstattung veräußert bis dann 1992 die türkische Marmara Marine das leergeräumte Schiff erwarb. Der Schlepper SMIT ROTTERDAM überführte die „“Big U“ für einen Umbau nach Istanbul, später erfolgte in Sewastopol in der Ukraine die vollständige Entkernung von Asbest. Denn aus Feuerschutzgründen wurde beim Bau komplett auf Holz verzichtet, und großzügig die krebserregende Faser verarbeitet, von dessen Gesundheitsgefährdung man damals noch nicht wusste. Die einzigen Holzteile an Bord waren ein Steinway-Konzertflügel und ein Fleischerblock in der Galley. Nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen zerschlugen sich die Umbaupläne erneut und 1996 wurde die UNITED STATES wieder verkauft. Seitdem liegt das Schiff menschenleer nur noch als Stahlhülle in Philadelphia am Delaware River am Pier 82 auf.

Mehrfach gab es danach Verkaufspläne zum Abbruch, zumal ein Großteil der Aufbauten aus rund 2.000 to hochwertigem Aluminium bestehen. 2003 erwarb die Norwegian Cruise Line das Schiff, da man nach einem Umbau einen Einsatz unter amerikanischer Flagge im Hawaii-Dienst von NCL America plante. Die Hoffnungen für einen Einsatz in den Gewässern vor Hawaii waren so groß, dass NCL sogar noch ein ähnlich altes Schiff, die 1991 erbaute INDEPENDENCE erwarb. Doch auch dieser Umbau wurde nicht mehr umgesetzt und die INDEPENDENCE wurde vor fünf Jahren verschrottet. Einzig die auf der Lloyd Werft erbaute PRIDE OF AMERICA verkehrt für NCL America in Hawaii.

Vorheriger ArtikelNeues Schaufelradschiff „Elbe Princesse“ im Dock aufgeschwommen
Nächster ArtikelForschungsschiff PLANET zu Klassearbeiten in der Werft
Christian Eckardt
Redaktionsmitglied bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schifffahrt und Offshoretechnik.