Letztes klassisches Lotsenstationsschiff hat deutsche Gewässer verlassen

KOMMODORE RUSER im Jahr 1997 auf der Elbe.
KOMMODORE RUSER im Jahr 1997 auf der Elbe. © Christian Eckardt

KAPITÄN KÖNIG in die Niederlande verkauft
Welcher deutsche Seemann kannte sie nicht, die schwarz-weißen robusten Lotsenstationsschiffe an der deutschen Nordseeküste, die jahrzehntelang, bei Sturm und Regen, Tag und Nacht vor der Elb-; Weser- und Emsmündung auf Warteposition lagen, um bei den ein- oder ausgehenden Schiffen den Seelotsen zu übernehmen, der dann in Emden, Cuxhaven oder Bremerhaven von den jeweiligen Flusslotsen abgelöst wurde. An Bord der nicht gerade sehr modernen schwimmenden Hotels warteten dann die Seelotsen auf den nächsten Einsatz. Das ist nun schon lange Geschichte, denn die modernen bis zu 60 Meter langen SWATH-Stationsschiffe HANSE, ELBE und WESER haben seit über 10 Jahren den Job in der Deutschen Bucht übernommen – und die Lotsen sind damit sehr zufrieden. Doch was ist aus den alten, meist sehr gut gepflegten und und robusten Stationsschiffen geworden?
Kürzlich hat im Anhang des polnischen Schleppers IKAR das ehemalige und letzte klassische Lotsenstationsschiff KAPITÄN KÖNIG einen deutschen Hafen verlassen. Vom langjährigen Aufliegeplatz in Bremerhaven wurde es nach Rotterdam überführt, wobei es bislang noch nicht viel Informationen über den neuen niederländischen Eigner gibt, der das 1963 auf der Meyer Werft in Papenburg erbaute Schiff nun erworben hat. Seit zwei Jahren lag das im Jahr 2014 von der bundeseigenen Verwertungsanstalt (VEBEG) für 203.000 € an einen europäischen Interessenten versteigerte 55,10 m lange Lotsenstationsschiff aus der so genannten „Kommodore-Rolin-Klasse“ im Bremerhavener Fischereihafen auf. Der neue, aus der Schweiz stammende Eigentümer plante, das eisverstärkte Schiff umfangreich umzubauen, um es für Arktiskreuzfahrten einzusetzen. Bis auf die Einholung von Preisangeboten bei verschiedenen Werften für einen möglichen Umbau passierte dann aber gar nichts. Im Herbst 2015 konnte die KAPITÄN KÖNIG dann an einen neuen niederländischen Interessenten weiterverkauft werden, der es im Januar diesen Jahres nach Rotterdam überführen lies. An Bord des ehemaligen Lostenstationsschiffes, das sich bis zuletzt noch weitestgehend im Originalzustand befand, standen Unterkünfte für bis zu 60 Personen in 15 zum Teil einfachen Kajüten zur Verfügung.
Gebaut wurde die 55,1 m lange und 9,5 m breite KAPITÄN KÖNIG unter der Baunummer 517 auf der Meyer Werft in Papenburg. Die Kiellegung fand am 29. August 1962, der Stapellauf am 1. Januar 1963 statt und am 1. Juni 1963 erfolgte die Fertigstellung. Benannt war das Schiff nach Paul König, der u. a. Kapitän des Handels-U-Bootes U-DEUTSCHLAND war. Letzter Eigner des Schiffes, das als Lotsenstationsschiff in der Wesermündung stationiert war, war das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), betrieben wurde es vom Lotsbetriebsverein e.V. Außenstelle Bremerhaven. Die KAPITÄN KÖNIG wurde dann im Sommer 2010 durch das von der Werft Abeking & Rasmussen erbaute SWATH-Lotsenstationsschiff WESER ersetzt und im Fischereihafen Bremerhaven noch bis zum Sommer 2014 als Reserveschiff aufgelegt.

  • Die ehemalige GOTTHILF HAGEN wird seit ein paar Jahren zum Yachtprojekt NELSON MANDELA auf einer niederländischen Werft in Werkendam umgebaut.
    Die ehemalige GOTTHILF HAGEN wird seit ein paar Jahren zum Yachtprojekt NELSON MANDELA auf einer niederländischen Werft in Werkendam umgebaut. © Christian Eckardt

Mit der Überführung der KAPITÄN KÖNIG verlies nun das letzte deutsche Lotsenstationsschiff aus einer Serie von sechs baugleichen Einheiten, die zwischen 1958 und 1963  auf der Papenburger Meyer Werft bzw. der Schichau Werft in Bremerhaven für ein Einsatz in den Mündungsbereichen der Elbe, Weser/Jade und Ems erbaut wurden, deutsche Gewässer, wobei zwei Einheiten dieser sehr robusten Schiffe in den letzten Jahren schon verschrottet wurden.
Das erste Schiff dieser Serie, die bereits im Sommer 2000 außer Dienst gestellte KOMMODORE ROLIN, erbaut als DITMAR KOEL auf der Meyer Werft unter der Baunummer 492, die in der Elbmündung stationiert war, wurde im Sommer 2001 an einen Händler in Osterholz-Scharmbeck verkauft. Dieser plante, das Schiff mit 40 Kojen und Kammern auszurüsten und es als Studentenwohnheim in Kopenhagen einzusetzen, was sich aber nicht realisieren lies. So gelang das ehemalige Lotsenschiff über mehrere Eigner im Jahr 2005 unter dem Namen COMMODORE zur Elsflether Werft, wo es bis zum Januar 2006 verschrottet wurde.
Auch die bis zum Sommer 2001 auf der Außenelbe eingesetzte KAPITÄN HILGENDORF, die als einziges Schiff dieser Bau Serie im Jahr 1961 auf der Bremerhavener Schichau-Werft unter der Baunummer 1706 erbaut wurde, ist nicht mehr existent:  Ein Interessent wollte das robuste Schiff zu einer Yacht mit dem Namen PENGUIN auf der Peters Werft in Wewelsfleth umbauen lassen, das Projekt wurde jedoch nie fertig gestellt und der Kasko wurde ebenfalls später verschrottet.
Die ebenfalls in der Elbmündung eingesetzte KOMMODORE RUSER (Baunummer 519) ist weiterhin noch in aktiver Fahrt und hat sich mittlerweile am weitesten vom bisherigen Einsatzgebiet, der Elbmündung, entfernt. Nach einem Verkauf und einer Umbenennung in OMS HEIDELBERG im Jahr 2011 wurde das ehemalige Lotsenstationsschiff als Service- und Sicherungsschiff von dem neuen Eigner Nemsa Service für Offshore-Einsätze vor der Küste Südafrikas eingesetzt. Dort verkehrt es neuerdings mit einem weißen Rumpfanstrich unter dem Namen OMS DEFIANT.
Noch immer nicht ganz abgeschlossen ist das Yachtprojekt NELSON MANDELA: Ein niederländischer Unternehmen hatte im Herbst 2011 das ehemalige Bremerhavener Lotsenstationsschiff GOTTHILF HAGEN (Baunummer 496) über die VEBEG für 145.000 € erworben und lässt dieses schon seit mehr als drei Jahren auf einer Werft im niederländischen Werkendam unter dem Projektnamen NELSON MANDELA zu einer Privat-Yacht umbauen. Aktuell wird darüber spekuliert, dass dieser Eigner nun auch noch die KAPITÄN KÖNIG erworben hat.
Auch die ehemalige KAPITÄN BLEEKER mit der Baunummer 518 hat sich mittlerweile aus den deutschen Gewässern verabschiedet. Nach der Umstellung des Lotsenversetzdienstes auf der Ems, wurde dieses Schiff im Jahr 2013 über die VEBEG für 186.000 € verkauft. Inzwischen wurde es an das Unternehmen Lanzale Services weiterverkauft, die ein Einsatz des Schiffes unter dem Namen 12 für Expeditionsfahrten geplant hatten. Zuletzt wurde das Lotsenschiff auf den Aland-Inseln in der Ostsee gesichtet, wobei unklar ist, ob das ehemalige schwimmende Lotsenhotel bisher überhaupt als Expeditonskreuzfahrtschiff eingesetzt wurde.

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Christian Eckardt
Redaktionsmitglied bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schifffahrt und Offshoretechnik.