St. Peter Line trotzt der Krise

Die PRINCESS MARIA einlaufend Helsinki.
Die PRINCESS MARIA einlaufend Helsinki. © Kai Ortel

Den Fähren der russischen St. Peter Line wehte 2015 ein rauer Wind entgegen. Ein neuer strategischer Partner, ein Wechsel des Terminals in St. Petersburg und die Vercharterung von Tonnage sollen 2016 die Wende bringen.

Die russische Fährreederei St. Peter Line, die von St. Petersburg aus seit 2010 kreuzfahrt-ähnliche Fährverbindungen nach Helsinki, Stockholm und Tallinn betreibt, hat kein leichtes Jahr hinter sich. Pläne für Neubauten, die eigentlich die PRINCESS MARIA (Baujahr 1981) und PRINCESS ANASTASIA (Baujahr 1986) ersetzen sollten, waren gerade fertig, da machte der Reederei 2014 zunächst die Krimkrise einen Strich durch die Rechnung. Die gegenseitig verhängten Wirtschaftssanktionen zwischen Russland und der EU führten dazu, dass die Passagierzahlen schrumpften. Hatte die Reederei im Jahr 2013 noch 645.000 Passagiere befördert (PRINCESS ANASTASIA 377.000, PRINCESS MARIA 268.000), sank die Beförderungsleistung im Jahr 2014 auf 498.000 Passagiere (PRINCESS ANASTASIA 298.000, PRINCESS MARIA 200.000). Und da eine Lockerung der Sanktionen auch 2015 nicht absehbar war, setzte sich dieser Trend im letzten Jahr weiter fort, auch wenn sich dieser durch ein Senken der Ticket- und Rundreisepreise teilweise abfedern ließ. (Als vorläufige Beförderungszahl wurden Ende 2015 für das abgelaufene Jahr 489.000 Passagiere genannt.)
Unterdessen ging die Reederei hinter den Kulissen jedoch auf die Suche nach einem finanzstarken Partner. Von einem Joint Venture mit der mächtigen Carnival Corporation war in Presseberichten die Rede, das der St. Peter Line moderne Tonnage und dem amerikanischen Kreuzfahrt-Primus Zugang zum russischen Markt beschert hätte. Doch dann kam alles anders. Im September 2015 gab die Investment-Gesellschaft Maorui Capital, ein Tochterunternehmen des Russland-China Investment Fund (RCIF) und der chinesischen Vcanland-Gruppe, bekannt, ein „Memorandum of Understanding“ mit der St. Peter Line geschlossen zu haben. Demzufolge würde der neue Partner für ca. 200 Mio. € einen 25%-Anteil an der russischen Fährreederei erwerben. Der Kauf soll „in den nächsten fünf Jahren“ vollzogen werden, und für genau diesen Zeitraum ist nun auch die Expansion der Fähraktivitäten von St. Peter Line geplant: Bis zu sechs Kreuzfahrtfähren sollen zwischen 2016 und 2020 angeschafft werden, wobei man mit Kosten von ca. 30 – 40 Mio. € pro zu erwerbendem Schiff rechnet. Zwei der Fähren sollen die existierende Tonnage in der Ostsee ersetzen, zwei weitere eine neue Fährlinie im Schwarzen Meer eröffnen und die zwei verbleibenden schließlich einen ebenfalls neuen Dienst in Fernost aufnehmen, wo den Investoren eine Verbindung zwischen Russland, China und Südkorea vorschwebt. Die geographische Diversifizierung soll der Reederei darüber hinaus auch helfen, ihre gegenwärtige Abhängigkeit von den instabilen wechselseitigen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Russland und Westeuropa zu überwinden. Immerhin lagen Deutsche und Chinesen, was die nicht-russischen Gäste an Bord der PRINCESS MARIA und PRINCESS ANASTASIA anbelangt, 2015 noch vor Finnen und Schweden. Und das ist bei einer Reederei, die (noch) ausschließlich zwischen Russland, Finnland und Schweden verkehrt, dann doch ein wenig verwunderlich. (Und zudem natürlich ein besonderer Verdienst des deutschen Generalagenten FerryKnowHow aus Berlin.)


Doch auch vor der eigenen Haustür gibt es Herausforderungen. So drohte Sergei Kotenew, der Generaldirektor der Reederei, Ende vergangenen Jahres sogar mit der kompletten Einstellung des Verkehrs. Grund hierfür war die Tatsache, dass die Hafengebühren in St. Petersburg in Dollar abgerechnet werden, die Reederei ihre Haupteinnahmen aber in Rubel bestreitet. Und der hat im Zuge der Wirtschaftssanktionen signifikant an Wert verloren. Um die Fährlinien nach Helsinki und Stockholm weiter kostendeckend betreiben zu können, müsse man daher 2016 entweder die Ticketpreise verfünffachen oder einen Wechsel des Anlegers in St. Petersburg in Erwägung ziehen. Allerdings ist das bisher von St. Peter Line genutzte Terminal „Morskoy Vokzal“ nicht nur zentral gelegen und somit für Mini-Kreuzfahrtgäste ideal, sondern ist die russische Fährreederei derzeit auch der einzige Großkunde dort. Ein Umzug in den Kreuzfahrt- oder RoRo-Hafen wäre dagegen wohl machbar, allerdings liegt dieser weit außerhalb des Stadtzentrums, so dass diese Lösung nur zweite Wahl ist. Bis Ende Januar sollte eine Entscheidung darüber fallen, ob und wie (und wo) es für die St. Peter Line in ihrer Heimatstadt weitergeht. Sollte es keine Einigung geben, steht Presseberichten zufolge sogar eine Teilverstaatlichung der Reederei im Raum.
Was die eingesetzte Tonnage angeht, hat die St. Peter Line indes vorgesorgt. Zwischen Anfang Februar und Ende April hält nämlich die PRINCESS ANASTASIA den Kreuzfahrt-Verkehr im Rahmen eines Sonderfahrplans alleine aufrecht. Die PRINCESS MARIA hat man für diesen Zeitraum gewinnbringend verchartern können, so hieß. Anfang Februar lag das Schiff allerdings zunächst beschäftigungslos in St. Petersburg auf. Von einer Entscheidung in Sachen Anlegeplatz in St. Petersburg oder dem ominösen Charterer der PRINCESS MARIA hat man bis dahin nichts mehr gehört.
www.stpeterline.de

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Kai Ortel
Redaktionsmitglied bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Kreuz- und Fährschifffahrt.