Die Svenska Orient Linien AB (SOL) haben am 20. Oktober anlässlich des in Berlin stattfindenden Deutschen Logistik Kongresses 2016 ihre Pläne für eine Erweiterung der Flotte und eine Vergrößerung des Routennetzwerkes vorgestellt.
So hat SOL Mitte Oktober die RoRo-Frachtfähre TRANSREEL erworben, die nun als VINTERLAND die Flotte der Reederei ergänzt. Das Schiff wurde umgehend langfristig an Metsä Board weiterverchartert, einen im finnischen Espoo ansässigen Hersteller von Kartons und Papierbahnen. Die VINTERLAND ist ursprünglich 1987 als VIOLA GORTHON gebaut worden und seit ihrer Ablieferung fast ununterbrochen als Frachtfähre für Papiertransporte in Nord- und Ostsee im Einsatz gewesen. Für das Routennetzwerk von SOL bedeutet die Flottenerweiterung, dass das Unternehmen mit der VINTERLAND ab sofort das Walzwerk von Metsä Board im schwedischen Husum (nahe Örnsköldsvik) sowie mit einem weiteren Schiff denselben Hafen auch südwärts von Kemi und Oulo anfahren wird. Diese Entwicklung soll zeigen, „dass SOL Ambitionen hat, sein Geschäft im Forstwirtschaftssektor auszubauen“, so Ragnar Johansson, der Geschäftsführer der Reederei, in Berlin.
Unter dem Dach der 1911 in Göteborg gegründeten und seit 2006 im Besitz der Londoner Imperial Shipping Ltd. befindlichen Svenska Orient Linien sind insgesamt sechs Tochtergesellschaften tätig, deren Tätigkeiten alle unter dem Motto „Cargo is King“ erfolgen. Die SOL Continent Line, der Fährzweig des Unternehmens, ist dabei der aktuell am schnellsten wachsende Betriebsteil der Holding. So verkehrt die Reederei mit vier RoRo-Fähren (VASALAND, VIKINGLAND, FINNLAND und ELISABETH RUSS) bis zu fünfmal wöchentlich zwischen Rostock und dem finnischen Hanko. Seit Dezember 2014 umfasst das Routennetzwerk aber auch drei Verbindungen, welche die SOL jeweils im Auftrag von Stora Enso betreibt. Hierbei handelt es sich um die Linien Oulu – Kemi – Lübeck, Kemi – Oulu – Husum – Lübeck – Göteborg – Antwerpen – Zeebrügge – Tilbury und Göteborg – Zeebrügge. Auf diesen Routen kommen die von Stora Enso betriebenen und von der Rederi AB Transatlantic bzw. von Wagenborg Shipping gecharterten RoRo-Fähren TRANSPAPER, TRANSPULP, TRANSTIMBER, SCHIEBORG und SLINGEBORG zum Einsatz. Dank dieser Expansion ist der Umsatz der SOL Continent Line gegenüber den übrigen Geschäftsbereichen innerhalb der Holding ist zuletzt überproportional gewachsen. Detaillierte Betriebskennzahlen veröffentlicht die Reederei als privates Unternehmen jedoch nicht.
Über die eigenen Frachtfährlinien hinaus ist es für die Kunden von SOL im übrigen auch möglich, die SOL-Routen mit anderen Fährverbindungen zu kombinieren. Dies wird durch Partnerschaften der schwedischen Reederei mit anderen Fährgesellschaften erreicht. Das zusammen mit Partnerreedereien betriebene Routennetz umfasst dadurch auch noch die Linien Trelleborg – Rostock – Hanko (mit Stena Line), Travemünde – Rostock – Hanko (mit TT-Line), Paldiski – Hanko – Rostock (mit Navirail), Tilbury – Zeebrügge – Göteborg und Teesport – Zeebrügge – Göteborg (beide mit P&O Ferries) sowie Gedser – Rostock – Hanko (mit Scandlines).
Die SOL Continent Line sieht sich jedoch trotz ihres Wachstums von einer auf neun Routen innerhalb von zwei Jahren lediglich als Herausforderer im Fährverkehr in Nord- und Ostsee. Man akquiriere zunächst die Ladung, erst im zweiten Schritt folge dann die Suche nach geeigneter Tonnage, so Ragnar Johansson in Berlin im Gespräch mit Fach-Journalisten. Auch ein Wachstum durch Übernahmen schloss der ehemalige Routen-Direktor der Stena Line für die SOL aus. Vielmehr bestehe die Herausforderer-Rolle seiner Reederei darin, eine solide Alternative zu den big playern der Branche darzustellen, deren Marktauftreten man in Göteborg durchaus kritisch sehe. Natürlich könne man auch im RoRo-Sektor immer größere Schiffe in Auftrag geben, um die Kosten pro beförderter Frachteinheit noch weiter zu drücken. Die erforderliche Fracht sei damit aber noch lange nicht automatisch an Bord. Um ein Größenwachstum um jeden Preis zu vermeiden, will die SOL daher im Gegensatz zu den Marktführern DFDS, Cobelfret und Finnlines auch keine Tonnage auf Spekulationsbasis ordern. Vielmehr sehe man diesbezüglich durchaus Parallelen zum Fall der südkoreanischen Container-Reederei Hanjin. So könne es in einigen Jahren auch auf dem europäischen RoRo-Markt zu Überkapazitäten kommen, wenn o. g. Reedereien 2018/19 innerhalb kurzer Zeit neue Großtonnage in Dienst stellen, welche der Markt unter Umständen nicht ohne weiteres aufzunehmen imstande ist.
Was die eigene Tonnage der Zukunft betrifft, blieb Ragnar Johansson, der übrigens auch Vorsitzender der Vereinigung schwedischer Schiffseigner ist, allerdings eine verbindliche Aussage schuldig. Eine Nachrüstung der vorhandenen Schiffe mit Abgaswäschern komme aus Kostengründen nicht in Frage, der Einbau von LNG-Tanks aus Platzgründen jedoch ebenso wenig. Für einen Hybrid-Antrieb, wie ihn z. B. Scandlines auf den Fährlinien Puttgarden – Rødby und Rostock – Gedser praktiziert, seien wiederum die Routen von SOL zu lang. Neubauten ordern wolle man aus o. g. Gründen allerdings auch nicht, vielmehr sehe man in Second Hand-Tonnage den einzig gangbaren Weg, auch kurzfristig so flexibel wie möglich am Markt operieren zu können. Ob jedoch in einigen Jahren noch passende Tonnage verfügbar sein wird, wenn man sie bei SOL braucht bzw. ob ausgerechnet die Marktführer DFDS, Cobelfret und Finnlines bereit sein werden, Kapazitäten an einen direkten Konkurrenten abzugeben, darf gespannt abgewartet werden. Auch kam die SOL erst kürzlich in die Situation, dass mit Navirail ausgerechnet eine der Partnerreedereien des Unternehmens von einem direkten Konkurrenten (in diesem Fall DFDS) geschluckt wurde. An der Partnerschaft auf der Route soll dies zunächst nichts ändern, so Johansson, solange das Geschäftsmodell eine win/win-Situation für beide Parteien darstelle. Vielleicht wird die Navirail-Übernahme aber nicht der einzige Fall dieser Art in Nord- und Ostsee bleiben.
Einen hoffnungsvollen Trend sieht Johansson dafür in der Entwicklung, dass Industriegüter zunehmend wieder regional produziert werden, wo die Transportwege kurz sind und nicht dort, wo dies zwar billiger ist, die hierzu erforderliche Logistik aber umso aufwändiger. Neue Häfen brauche es hierfür im übrigen nicht, vielmehr müssten die existierenden mitunter ihre Hinterlandanbindung verbessern. In diesem Marktumfeld sieht sich die SOL gut gerüstet, auch in Zukunft die Großen der Branche mit neuen Routen und Partnerschaften herauszufordern. Möglicherweise sogar in Deutschland, das, wie Johansson betont, Schwedens größter Handelspartner ist und daher als gegenwärtiger und künftiger Markt auch für seine Reederei von herausragender Bedeutung ist.
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