Die Boston Tea Party ist die Bezeichnung für einen Akt des Widerstandes gegen die britische Kolonialpolitik im Hafen der nordamerikanischen Stadt Boston am 16. Dezember 1773. An diesem Tag drangen symbolisch als Indianer verkleidete Bostoner Bürger in den Hafen ein und warfen drei Ladungen Tee (342 Kisten) der britischen East India Trading Company von dort vor Anker liegenden Schiffen ins Hafenbecken. Wer die verkleideten Aktiven tatsächlich waren, lässt sich kaum mehr rekonstruieren, doch bildeten sie wohl ein breites Spektrum der Bostoner Gesellschaft ab, auch einige Bauern aus den umliegenden Dörfern waren vermutlich unter ihnen. Die Boston Tea Party bildete den Höhepunkt eines lange schwelenden Streits zwischen den 13 nordamerikanischen Kolonien und dem Mutterland Großbritannien der letztlich zu dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1775 bis 1783) führte.
Der Tea Act vom 10. Mai 1773
Der weitgehende Wegfall des nordamerikanischen Marktes brachte die East India Trading Company bald in Bedrängnis. Unverkaufter Tee verrottete tonnenweise in ihren Londoner Lagerhäusern. Die britische Regierung konnte sich den drohenden Bankrott der Gesellschaft jedoch nicht leisten, auch weil diese aus eigenen Ressourcen die britischen Kolonialtruppen in Indien unterhielt.
Um den Ruin der East India Trading Company abzuwenden, beschloss das britische Parlament im Mai 1773 auf Betreiben von Premierminister Lord North den Tea Act. Er bezweckte ein Absenken des Endpreises, was den Verkauf von Tee in den Kolonien wieder stimulieren und so den Profit der Ostindiengesellschaft erhöhen sollte. Kurioserweise konnte man sich zum Erreichen dieses Ziels jedoch nicht auf den simpelsten Weg einigen, nämlich eine Aufhebung der nordamerikanischen Importzölle, die eigentlicher Auslöser der Misere waren. Stattdessen wurden die von der Ostindiengesellschaft beim Import nach England zu entrichtenden Zölle beseitigt. Außerdem erhielt die Gesellschaft nun größere Autonomie bei der Abwicklung ihres Handels und konnte beispielsweise auf amerikanische Zwischenhändler beim Absatz ihres Tees verzichten.
Im Verhältnis zu den nordamerikanischen Kolonien führte der Tea Act zu einer entscheidenden Eskalation. Die Ostindiengesellschaft wäre jetzt in der Lage gewesen, den Endpreis des weiterhin mit den nordamerikanischen Importzöllen belasteten Tees so stark zu senken, dass dieser in den Kolonien sogar billiger hätte verkauft werden können als der weit verbreitete niederländische Schmuggel-Tee.
Die Kolonisten erkannten im Tea Act einen Versuch der britischen Regierung, die Boykottbewegung gegen die als unberechtigt angesehenen Zölle zu unterlaufen und einen Keil zwischen die eher von prinzipiellen und die eher von ökonomischen Überlegungen geleiteten Kolonisten zu treiben. Außerdem sahen einflussreiche nordamerikanische Zwischenhändler ihre Interessen verletzt. Die im Tea Act verankerte Möglichkeit des direkten Endverkaufs durch die Ostindiengesellschaft hätte den Zwischenhandel überflüssig gemacht. Es zeichnete sich ab, dass die Gesellschaft auch in den nordamerikanischen Kolonien ein Handelsmonopol errichten werde. Schließlich befürchteten die Kolonisten, erwartete Mehreinnahmen der Krone durch die Importsteuern könnten zur Finanzierung von Institutionen der königlichen Gouverneure herangezogen werden. Dadurch schien wiederum die Selbstregierung der Kolonisten durch die eigenen parlamentarischen Versammlungen bedroht.
Die Interessen der amerikanischen Teeimporteure und -händler einerseits und der Sons of Liberty andererseits fielen nun zusammen. Beide Gruppen beschlossen, Landung und Verkauf des verbilligten Tees der Ostindiengesellschaft unter allen Umständen zu verhindern. Einen ersten Schritt hierbei stellten zwischen den Kolonien koordinierte Appelle an die Kapitäne von Lotsenschiffen dar, mit britischem Tee beladene Schiffe nicht mehr in die Häfen zu navigieren. Diese Appelle waren größtenteils erfolgreich.
Der Ablauf der Boston Tea Party
Eine besondere Situation ergab sich in Boston, wo am 28. November 1773 die DARTMOUTH vor Anker ging. Sie war das erste von vier mit billigem Tee beladenen Schiffen, die die Ostindiengesellschaft nach Massachusetts entsandt hatte. Bostoner Gegner der Krone wie John Hancock, der selbst beträchtlich am Schmuggel mit niederländischem Tee verdiente, und Samuel Adams waren entschlossen, die Entladung des Tees unter allen Umständen zu unterbinden. Dabei setzten sie auch auf Drohungen gegen Kapitän, Besatzung und Hafenarbeiter. Gouverneur Thomas Hutchinson erklärte, die DARTMOUTH unterliege seit dem Einlaufen im Hafen der Jurisdiktion des Bostoner Zollamtes. Er verbot Kapitän Francis Rotch, dem als Miteigentümer des Schiffes an einer friedlichen Lösung des Konflikts gelegen war, das Wiederauslaufen ohne Zahlung der angefallenen Importzölle. Hutchinson wies die Royal Navy an, die DARTMOUTH notfalls gewaltsam daran zu hindern, den Hafen zu verlassen. Außerdem kündigte er an, den Tee zwangsweise löschen und verkaufen zu lassen, falls die Abgaben nicht innerhalb einer Frist von drei Wochen entrichtet würden. Bei Hutchinsons strikter Position spielten auch private Motive eine Rolle, denn zwei seiner Söhne hatten als Agenten der Ostindiengesellschaft ein geschäftliches Interesse am Verkauf des Tees.
Die Lage eskalierte am Abend des 16. Dezember 1773 kurz vor Ablauf von Hutchinsons Ultimatum. Bei einer Versammlung der Sons of Liberty im Old South Meeting House feuerte Samuel Adams die Anwesenden mit dem Hinweis auf die in wenigen Stunden bevorstehende Entladung des Tees von der DARTMOUTH an. Die Versammlung entsandte daraufhin Kapitän Rotch mit einer letzten Petition zu Gouverneur Hutchinson. Darin wurde die Forderung wiederholt, der DARTMOUTH und den zwei zwischenzeitlich angekommenen Schiffen ELEANOR und BEAVER das Wiederauslaufen ohne Entladung des Tees und Zahlung der Zölle zu ermöglichen. Hutchinson wies die Petition zurück. Als Rotch dies den im Meeting House versammelten Menschen mitteilte, liefen etwa 50 Teilnehmer des Treffens unter Kriegsgeheul zum Hafen. Die Mehrzahl von ihnen hatte sich aus Protest gegen die Kolonialregierung als Mohawk-Indianer „verkleidet“. Am Hafen angekommen, stürmten die Männer in drei Gruppen die Schiffe und kippten die gesamte Ladung von immerhin 45 Tonnen Tee ins Wasser. Die mehrstündige, spektakuläre Aktion lief völlig gewaltfrei ab. Tausende Zuschauer sahen dem nächtlichen Treiben feierlich vom Ufer aus zu, ohne einzugreifen. Obwohl sie das Vorgehen der ‚Mohawks‘ unterstützten, gab es nur wenige Anfeuerungsrufe. Versuche einzelner Anwesender, sich unter die Männer auf den Schiffen zu mischen und dort Teeblätter für den privaten Konsum in die Taschen zu stecken, wurden unterbunden.
Am Ende der Aktion säuberten die Männer die Schiffe und entschuldigten sich sogar bei den Hafenwachen für ein aufgebrochenes Schloss. Der insgesamt äußerst disziplinierte Ablauf spricht für deren sorgfältige Planung. Tatsächlich war eine Zerstörung des Tees bereits bei den in den Wochen zuvor abgehaltenen Bürgerversammlungen mehrmals aus der Menge heraus angeregt worden. Jedoch hatte sich anfänglich nur einer der führenden Männer der Sons of Liberty die Forderung zu eigen gemacht. John Adams vermerkt zu den Ereignissen des 16. Dezember 1773 in seinem Tagebuch: „Gestern Abend wurden drei Ladungen Bohea-Tee ins Meer geschüttet. Heute Morgen segelte ein Kriegsschiff los. Dies ist die bisher großartigste Maßnahme. Dieses letzte Unternehmen der Patrioten hat eine Würde, die ich bewundere. Das Volk sollte sich nie erheben, ohne etwas Erinnerungswürdiges zu tun – etwas Beachtenswertes und Aufsehen Erregendes. Die Vernichtung des Tees ist eine so kühne, entschlossene, furchtlose und kompromisslose Tat, und sie wird notwendigerweise so wichtige und dauerhafte Konsequenzen haben, dass ich sie als epochemachendes Ereignis betrachten muss.“
Der Sekretär der St. Andrews Lodge, der in der Green Dragon Tavern arbeitete, gab am Abend des 16. Dezember 1773 zu Protokoll, die Loge habe ihre Versammlung auf den nächsten Abend vertagt, und schrieb als Begründung über die gesamte Seite ein großes „T“.
Boston Tea Time
Drei Jahre nach der Boston Tea Party 1773 etablierte sich der Brauch, am Nachmittag des 16. Dezembers eine Teestunde, die Boston Tea Time, abzuhalten. Aufgrund der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten am 4. Juli 1776 gewann die Bevölkerung eine neue amerikanische Identität. In ihrem neuen Selbstbewusstsein karikieren sie die britische Lebensart. Besonders dem Nachmittagstee, der nach bestimmten Regeln abläuft, wird in Großbritannien eine große Bedeutung beigemessen. Diese britische Teekultur wird von den Bewohnern Bostons jährlich spöttisch imitiert. Im letzten Jahrhundert wurde der Brauch aber immer weniger praktiziert und verliert allmählich an Bedeutung.