Stefan Müller, Leiter Application Center Marine & Offshore bei MTU, erklärt im Interview, welche Hybrid-Lösungen MTU anbietet, welche Vorteile sie bieten und für welche Anwendungen sie besonders interessant sind.
Welche Lösungen kann MTU im Bereich der Hybridantriebe für Schiffe bieten?
Stefan Müller: Elektromotoren bzw. Hybridantriebe von MTU werden für Schiffs- sowie für Bahnantriebe ein wichtiger Baustein für die Mobilität der Zukunft sein. Unser Hybrid-PowerPack für Triebwagen ist die serienreife Weiterentwicklung eines Versuchsträgers, der unter anderem in Testfahrten von rund 15.000 Kilometern Länge intensiv erprobt worden ist und seine Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt hat. Betreiber können mit diesem Antrieb bis zu 25 Prozent Kraftstoff einsparen und das bei gleichzeitig deutlich geringeren Abgas- und Geräuschemissionen.
Im Schifffahrtsbereich hat MTU für die kürzlich in Betrieb genommene weltgrößte Segelyacht, die SAILING YACHT A, ein innovatives, kundenspezifisches Hybrid-Antriebssystem geliefert. Es handelt sich dabei um eine kombinierte diesel-elektrische Antriebsanlage, die sieben verschiedene Antriebsmodi ermöglicht. Je nach Bedarf kann durch den Einsatz von Diesel- und Elektromotoren eine hohe Geschwindigkeit erreicht werden, es ist aber auch eine langsame, hoch effiziente Fahrt mit geringen Vibrationen und reduziertem Kraftstoffverbrauch möglich.
Neben diesem herausragenden Projekt haben wir zahlreiche weitere Hybridprojekte, zum Beispiel mit der Heesen-Werft umgesetzt. Mit dem Projekt „Nova Hybrid“ bietet Heesen seiner Kundschaft eine 50-Meter Fast Displacement Luxusyacht an, die 1.200 Kilowatt Dieselleistung (2x MTU 12V 2000M61) mit 2x 110 Kilowatt elektrischer Leistung kombiniert. Bis zu neun Knoten schnell kann die auf Aluminium basierende Yacht rein elektrisch fahren und bietet einen komplett lautlosen Antrieb.
Bei der Entwicklung der E-Drive-Serienlösung für Schiffe nutzen wir die bisherigen Erfahrungen aus dem Schifffahrts-Projektsystemgeschäft sowie die umfangreichen Erfahrungen aus dem Bahnbereich. MTU-Hybridantriebe für Schiffe werden modular aufgebaut und werden je nach Dieselmotor-Baureihe elektrische Leistungen von 100 bis 600 Kilowatt je Antriebsstrang mit Serienlösungen abdecken. Bereits jetzt ist eine 200 Kilowatt Inline-E-Maschine für die Baureihe 2000-Motoren verfügbar.
Welche Vorteile bieten MTU E-Drive-Systeme den Kunden?
Stefan Müller: Die Vorteile der E-Drive-Lösungen von unserem Unternehmen sind sehr vielfältig und reichen von der Reduktion der Betriebskosten über einen größeren Komfort und geringere Geräuschemissionen, bis zu einer besseren Beschleunigung und einem guten Manövrierverhalten. Wir bieten eine qualifizierte Serienlösung an, die die mechanischen und elektrischen Komponenten über die MTU-Automation optimal verbindet.
Für welche Anwendungen sind E-Drive Systeme besonders interessant?
Stefan Müller: Für Schleppschiffe, zum Beispiel, ist der Kundennutzen enorm. Ein sehr feines Manövrierverhalten und deutlich gesenkte Life-Cycle-Kosten machen E-Drives für dieses Segment attraktiv. Bei Yachten ist die Kombination von hoher Leistung mit dem deutlichen Komfort des leisen und vibrationsarmen Fahrens und der Effizienz interessant. Auch zum Beispiel für Patrouillenboote können Hybridantriebe aus wirtschaftlichen Gründen und mit Blick auf die hohe Leistung sehr von Vorteil sein.
Welche Lösungen bietet MTU bei der Energiespeicherung und Energierückgewinnung?
Stefan Müller: Für das Bahn Hybrid PowerPack haben wir gemeinsam mit einem Partner das MTU EnergyPack entwickelt. Es besteht aus 180 einzelnen Li-Ionen-Zellen und besitzt eine Kapazität von 30,6 Kilowattstunden bei einem Gewicht von 350 Kilogramm. Für Schiffsanwendungen wird MTU daraus abgeleitet zwei Batterie-Varianten anbieten, die auf die individuellen Kundenanforderungen in den Zielanwendungen abgestimmt sind.
Wir danken für das Gespräch