Hartmann Ethylen-Tanker erfolgreich mit gasbetriebenen 7G50ME-GIE-Motoren unterwegs
Die Hartmann Reederei hat bestätigt, dass zwei ihrer Schiffe – der 36.000-m3-Tanker GASCHEM BELUGA für verflüssigtes Ethylengas (LEG) und die GASCHEM ORCA – die mit den weltweit ersten ME-GIE-Zweitaktmotoren (Gas Injection Ethane) betrieben werden, insgesamt 10.000 Betriebsstunden seit Inbetriebnahme Ende 2017 absolviert haben.
Die Schiffe wurden von Hartmann und Ocean Yield of Norway bestellt und bei Sinopacific Offshore Engineering (SOE) in China gebaut, um Ethan aus US-Schiefergas zu europäischen Crack-Anlagen für die Ethylenproduktion zu transportieren.
Kapitän Ulrich Adami, Flottenmanager der Hartmann Reederei, führte dazu aus: „Wir danken MAN Diesel & Turbo für die Entwicklung des ME-GI-Motors zur Verbrennung von Ethan. Die ME-GIE-Motoren sind sehr zuverlässig und etwa 97-98 % der Überfahrt unserer Schiffe über den Atlantik erfolgte mit Ethan. Unsere Charterer sind sehr zufrieden mit den positiven Auswirkungen auf das Budget, die sich daraus ergeben, dass sie den Treibstoff an Bord nutzen können.“
Adami kam zu dem Schluss: „Insgesamt schneidet das Antriebssystem mit einem noch besseren Kraftstoffverbrauch als prognostiziert sehr gut ab. Wir konnten bei der Überfahrt bei schwerem Wetter auf dem Atlantik höhere Geschwindigkeiten erzielen. Ich bin davon überzeugt, dass die GASCHEM BELUGA und die GASCHEM ORCA zu den schnellsten Schiffen auf dem Atlantik gehören.“
Auch seitens MAN ist man sehr zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen: „Unsere Inspektionen der Zylinderlaufbuchsen auf beiden Seiten des Atlantiks haben gezeigt, dass sie immer noch wie neu aussehen. Dennoch suchen wir weiterhin nach Möglichkeiten, die Leistung der ME-GIE-Motoren weiter zu verbessern und arbeiten derzeit daran, den Pilotölverbrauch zu reduzieren, den wir letztendlich auf nur noch 1 % senken wollen.“
Die Hartmann Reederei berichtet, dass eine potenzielle Nachfrage nach weiteren Schiffen besteht. Marktberichte deuten auch darauf hin, dass eine Reihe chinesischer Konzerne das Cracken von Ethylen mit Ethan als Ausgangsstoff untersuchen. Dies hat zur Folge, dass noch mehr Schiffe, die Ethan verbrennen, in Betrieb gehen werden.
Hartmann ist auch Teil des JHW-Konsortiums, das im Jahr 2016 fünf 85.000 m3 VLEC-Schiffe (Very Large Ethane Carriers) bestellte, die jeweils von einem einzigen MAN B&W 6G60ME-GIE-Hauptmotor angetrieben werden. Nach dem Bau werden die Schiffe die größten jemals gebauten Ethantanker sein.
Antriebssystem
Die beiden Schiffe sind mit Antriebspaketen von MAN Diesel & Turbo, Frederikshavn (Dänemark), ausgestattet, die auch über das Fernsteuersystem AT3000, einen Propeller VBS 1350 – ODS Mk5 CP, ein Rudder-Bulb-System und einen Wellengenerator mit Frequenzumrichter verfügen, der einen Betrieb mit variabler Drehzahl zwischen 80 und 100 U/min ermöglicht.
Die Vorteile der Dieselverbrennung mit ME-GIE-Motoren werden nun voll ausgeschöpft durch die Möglichkeit, mit nahezu jeder Gasqualität ohne Wirkungsgradverlust zu arbeiten und durch eine vollständige Verbrennung mit einem relativ hohen Gaseinspritzdruck.
Der Motor kann bei gleichbleibendem Wirkungsgrad mit einem Gemisch aus Flüssiggas und Methan oder Ethan betrieben werden. Ein derartiges Gemisch kann bis zu 50 % LPG enthalten. Die bisherigen Ergebnisse von MAN Diesel & Turbo zeigen, dass auch ein noch höherer LPG-Anteil verwendet werden kann.
Die Maritime Energiewende
Die Entwicklung des ME-GI-Motors zur Verbrennung von Ethan ist Teil der „Maritimen Energiewende“, einem Oberbegriff, der alle Aktivitäten von MAN Diesel & Turbo zur Unterstützung einer klimaneutralen Schifffahrt umfasst.
Der Begriff leitet sich aus der deutschen „Energiewende“ ab und verkörpert den Handlungsbedarf, den MAN Diesel & Turbo bei der Reduzierung von Emissionen und zur Etablierung von Erdgas als Kraftstoff der Wahl in der globalen Schifffahrt sieht. Die Maritime Energiewende fördert in erster Linie eine globale „Wende zum Gasantrieb“, die von der IMO vorangetrieben wird, und einen gemeinsamen Ansatz der Schifffahrtsindustrie und der Politik, in den Ausbau und die Modernisierung der entsprechenden Infrastruktur zu investieren.
Die im Jahr 2016 nach der COP 21 von MAN gestartete Initiative findet inzwischen breite Unterstützung in der Schifffahrt und in der Politik.
Erhebliches Potenzial
MAN Diesel & Turbo sieht große Chancen in der Entwicklung des ME-GIE-Motors, da er auch mit nahezu allen Gasen betrieben werden kann. Dabei kann es sich beispielweise um die leichten Kohlenwasserstoffe oder VOCs handeln, die bei der Lagerung und beim Be- und Entladen von Rohöl entstehen. Damit entstehen für den Motor Anwendungsmöglichkeiten, z. B. in Shuttle-Tankern, für die Stromerzeugung in abgelegenen Kraftwerken oder in Offshore-Anwendungen – wie z. B. in schwimmenden Produktions- und Entladeschiffen (FPSOs). Dort entsteht VOC im Überfluss und stellt eine potenzielle Umweltgefährdung dar.
Die ME-GIE-Technologie
Der ME-GIE-Motor verfügt über die von MAN Diesel & Turbo neu entwickelte Pumpzerstäubereinheit (PVU), welche die Anforderungen an die Zufuhr von
Hochdruck-Flüssiggas zum ME-GIE-Motor erfüllt. Die PVU übertrifft herkömmliche Brenngasversorgungssysteme dank ihrer niedrigeren Einbaukosten, des geringeren Platzbedarfs und der vollen Pumpenredundanz. Ein Betrieb entsprechend der Tier III-Abgasnorm kann in Kombination mit SCR- oder AGR-Systemen realisiert werden. Der Motor ist im Leistungsbereich zwischen 5 und 90 MW erhältlich.