Schiffs-Gasmotoren 2018/19

Das internationale Angebot an Otto- und Wechselmotoren

Vor dem Hintergrund der von der IMO ausgegebenen Ziele zur Senkung der CO2-Emission für 2050 und 2100, wird auch der Gasbetrieb der Schiffsmotoren immer wieder als eine Alternative genannt. Dabei wird übersehen, dass selbst, falls dafür auf allen Seeschiffen ausschließlich Methan verwendet werden würde, schon das Ziel für 2050 nicht zu erreichen ist. Theoretisch könnte die CO2-Emission der Schifffahrt statt damit auf 50 nur um 25 Prozent gesenkt werden. Das ist aber reine Theorie, denn der Methanschlupf senkt unvermeidlich das Potential des Gases auf Werte unter 20 Prozent, je nach Art, Qualität und Zustand der betreffenden Motoren. Die Ziele sind mit dem heutigen Stand der Technik nicht zu erreichen.

Diese Aussage steht auch hinter den jüngsten Empfehlungen im Hinblick auf den Klimaschutz für den privaten Bereich: Kleinere Wohnungen beziehen und kleinere Autos fahren. Das spart erhebliche CO2-Emissionen, weil die kleineren Wohnungen weniger Heizenergie benötigen als große und kleinere Autos bei gleichem Einsatz deutlich weniger Kraftstoff verbrauchen. Für die Seeschifffahrt heißt das: Noch langsamer fahren. Bei sinkender Nachfrage nach Transportkapazität werden deswegen auch keine zusätzlichen Schiffe benötigt.

Auch wenn mit Methan als Schiffskraftstoff die Klimaziele von 2050 oder gar 2100 nicht zu erreichen sind, ist dieses Gas als Energieträger dennoch für eine Übergangszeit eine wichtige Alternative, wenn auch zweifellos eine recht teure. Das erklärt möglicherweise das zögernde Verhalten der Reeder wie der Investoren, die Schiffe entsprechend auszurüsten und die notwendige Infrastruktur zu schaffen.

Wenn bislang erst rund 270  Schiffe für den Gasbetrieb ihrer Motoren ausgerüstet sind, wie auf der SMM 2018 offiziell aus Kreisen der Klassifikationsgesellschaften zu hören war, so ist das allein für das naheliegende Ziel zum Umweltschutz auf dem Wasser, nämlich die Herabsetzung des Schwefelgehaltes im Kraftstoff per Januar 2020 nicht gerade eine ermutigende Information für noch abwartende Reeder, mit ihren Schiffen nachzuziehen.

Das Angebot an Schiffs-Gasmotoren hat sich seit der letzten Marktübersicht von 2017 leicht verändert. Mit Yanmar ist zwar ein Motorenhersteller hinzugekommen, aber nur wenige haben neue Motoren auf den Markt gebracht, andere dagegen ihr Programm verkleinert. Neben verflüssigtem Erdgas (LNG) rückt zunehmend Flüssiggas (LPG) in den Vordergrund. Die Vorteile von Flüssiggas gegenüber Erdgas liegen in der wesentlich einfacheren Technik für die Handhabung des Kraftstoffs, es muss ja nicht die Hochdruckeinspritzung wie bei den Zweitaktmotoren von MAN sein. Ein Nachteil von Flüssiggas ist die damit verbundene höhere CO2-Emission gegenüber Erdgas.

Schiffs-Gasmotoren Vergleich 2018_19
Schiffs-Gasmotoren Vergleich 2018_19

Das Angebot ausgewählter Motorenhersteller

Daihatsu Diesel

Soweit es den Unterlagen von Daihatsu zu entnehmen ist, hat sich das Unternehmen entschlossen, die bislang in zwei Baureihen angebotenen mittelschnelllaufenden V-Motoren aus dem Programm zu nehmen.  Damit endet das Angebot jetzt bei 4080 kW. Hinzu gekommen ist allerdings am unteren Rand ein kleiner Motor (20 DF) mit einer Leistung von 800 kW.

Hyundai Heavy Industries

Hyundai ist jetzt mit drei Baureihen auf dem Markt und kann damit den Leistungsbereich von 1000 bis 10000 kW mit relativ schnell laufenden Motoren (750 bis 1000 min-1) abdecken. Neu sind die Motoren der Baureihen H 27 DF und H 35 DF, letztere mit sechs bis 20 Zylindern.

MAN Energy Solutions

Vom Leistungsbereich her gesehen, gibt es keine Veränderungen bei den Schiffs-Gasmotoren von MAN Energy Solutions. Neu sind bei den Zweitaktmotoren die Varianten für den Betrieb mit Flüssiggas (LPG), was jedoch ohne Einfluss auf den verfügbaren Leistungsbereich ist, da diese Wechselmotoren des Unternehmens mit der Hochdrucktechnik arbeiten und somit im Ottobetrieb dieselbe Leistung zur Verfügung steht wie im Dieselbetrieb.

Leichte Unterschiede in der verfügbaren Leistung bei einigen Baureihen der Zweitaktmotoren ergeben sich aus dem unterschiedlichen Hub. Bei gleicher Bohrung haben die Superlanghub-Motoren (Kennzeichen „S“ in der Baureihenbezeichnung) und die „grünen“ Langhuber (Kennzeichen „G“) eine unterschiedliche Zylinderleistung. Weitere Unterschiede, die in der tabellarischen Übersicht nicht berücksichtigt werden konnten, ergeben sich aus der Verwendung unterschiedlicher Gase.

Bei den Viertaktmotoren des Unternehmens ist zu beachten, dass nur die Motoren der beiden oberen Baureihen (35/44 DF und 51/60 DF) des Programms für den Direktantrieb zur Verfügung stehen. Die Motoren der beiden unteren Baureihen (23/30 DF und 28/32 DF) können nur als Generatorantrieb eingesetzt werden.

Rolls-Royce

Wer sich über Schiffs-Gasmotoren von Rolls-Royce (RR) informieren will, begibt sich auf einen nicht ganz einfachen Weg. Dazu trägt zunächst einmal bei, dass RR bislang derartige Motoren in Bergen und in Friedrichshafen herstellen ließ und über Rolls-Royce Power Systems bzw. die MTU Friedrichshafen verkaufte.

Das soll sich Anfang 2019 ändern. Grundlage sind die Ergebnisse einer strategischen Überprüfung der Aktivitäten im Bereich der Handelsschifffahrt. Danach soll das „Commercial Marine Business“ an Kongsberg verkauft werden, so die offizielle Ankündigung, die dann sofort die Einschränkung erhält, dass Rolls-Royce Power Systems und damit die MTU Friedrichshafen, davon nicht betroffen sind.

In Bergen gibt es inzwischen zwei Unternehmen: die „Bergen Diesel AS“, zuständig für das Geschäft mit stationären Motoren und Rolls-Royce plc direkt unterstellt, und die „Bergen Engines AS“, zuständig für das Schiffsmotorengeschäft und der Rolls-Royce Power Systems AG unterstellt. Ab Frühjahr 2019 sollen „die Schiffsmotoren, die in Bergen produziert werden, dann über Kongsberg als Vertriebskanal verkauft“ werden.

Die Schiffs-Gasmotoren von Bergen Engines wurden in dieser Marktübersicht wunschgemäß unter Rolls-Royce plc eingetragen. Sie „werden über den Geschäftsbereich Rolls-Royce Marine von Rolls-Royce plc vermarktet“. Diese offizielle Aussage gilt wohl nur noch wenige Monate (s.o.). Motoren aus Norwegen für stationäre Anwendungen sollen dagegen unverändert über die MTU Friedrichshafen verkauft werden.

Die Schiffs-Gasmotoren der Marke MTU wurden in dieser Marktübersicht – ebenfalls wunschgemäß – unter Rolls-Royce Power Systems eingetragen, obwohl diese Aktiengesellschaft nur als Holding fungiert. Dennoch vermitteln RR in England und die AG immer wieder den Eindruck, Letztere sei für das operative Geschäft verantwortlich, obwohl die Mitarbeiter des Vertriebes unter der Flagge „MTU“ auftreten und die meisten Kaufverträge über MTU-Motoren mit der MTU Friedrichshafen GmbH abgewickelt werden.

Die Marken in den Vordergrund zu stellen, ist legitim, doch in der Öffentlichkeit sollte immer sofort erkennbar sein, wer das handelnde Unternehmen ist – MTU oder Rolls-Royce – das schreibt schon das Handelsrecht vor. Die ständigen Rochaden sind niemandem zu vermitteln.

Winterthur Gas & Diesel

Die Zweitakt-Wechselmotoren von WinGD, wie das Unternehmen in Kurzform heißt, arbeiten im Gegensatz zu denen von MAN im Gasbetrieb mit dem Magergemisch-Ottoverfahren. Im Programm ist nur noch ein RT-flex-Motor, alle anderen gehören zu den, wie es heißt, erfolgreichen X-DF-Varianten.

Auf dieser Basis will das Unternehmen weiter wachsen und hat dazu mit dem China Shipbuilding Power Engineering Institute in Shanghai ein Ingenieurbüro eingerichtet, mit dem die „technischen Kapazitäten“ für Forschung und Entwicklung um 20 Prozent erweitert werden sollen. WinGD will damit seine Marktposition in beiden Bereichen, bei Dieselmotoren wie bei Wechselmotoren, ausbauen.

Yanmar

Yanmar stellte auf der SMM 2018 in Hamburg zwei Baureihen Viertakt-Wechselmotoren vor, mit denen Antriebsleistungen zwischen 1533 und 4340 kW bei einer maximalen Drehzahl von 759 min-1 angeboten werden können. Zur Verfügung stehen in beiden Baureihen Sechs- und Achtzylinder-Reihenmotoren, die sowohl für diesel-elektrische Antriebsanlagen wie für den mechanischen Direktantrieb geeignet sind. Das Unternehmen betont sogar, bei den Motoren handele es sich um die ersten der Welt, die sich für Einwellenanlagen eignen.

Sollen Dieselmotoren für den Wechselbetrieb zwischen flüssigen und gasförmigen Kraftstoffen eingerichtet werden, dann ist das für den Gasbetrieb aus technischen Gründen mit einer deutlichen Leistungsreduzierung verbunden. Will man das vermeiden, dann muss – sofern das konstruktiv überhaupt möglich ist – der Hubraum vergrößert werden, in dem man einen größeren Kolbendurchmesser wählt.

Yanmar hat für die Modifizierung der Basismotoren unterschiedliche Wege gewählt. Bei der Baureihe EY 26 DF ist der Kolbendurchmesser der Basisbaureihe beibehalten worden, und man hat die Leistung für den Dieselbetrieb auf die im Gasbetrieb mögliche Leistung reduziert. Offenbar bot die Konstruktion der Baureihe EY 35 DF bessere Voraussetzungen, denn bei ihr wurde der Kolbendurchmesser um 30 mm vergrößert. Damit lässt sich im Gasbetrieb dieselbe Leistung erzielen wie beim Basis-Dieselmotor.

Typische Probleme des Gasbetriebs soll ein speziell für diese Motoren entwickelter Regler vermeiden, dazu gehört unter anderem der zuverlässige und sichere Betrieb der Motoren mit Erdgas beliebiger Methanzahlen und eine äußerst kurze Umschaltzeit im Notfall von Gas- auf Dieselbetrieb von weniger als 0,1 Sekunde. Die Umschaltung von Diesel- auf Gasbetrieb ist unter allen Betriebsbedingungen ohne Leistungseinschränkungen möglich, so die Aussage von Yanmar. Die Klassifizierung der Motoren ist in Vorbereitung.

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Hans-Jürgen Reuß
Der Autor betreibt ein Pressebüro mit den Schwerpunkten Schifffahrt, Schiffbau, Schiffbauzulieferindustrie und Schifffahrtsgeschichte.