Analyse deckt unterschätzte Methanemissionen von mit Erdgas betriebenen Schiffsmotoren auf
Ein neuer Bericht des International Council on Clean Transportation (ICCT) hat festgestellt, dass die häufig verwendeten Erdgas-Schiffsmotoren, insbesondere für Kreuzfahrtschiffe bei denen fast ausschließlich Viertakt-Motoren zum Einsatz kommen, kurzfristig zwischen 70% und 82% mehr Treibhausgasemissionen (THG) ausstoßen als Destillatkraftstoffe.
Der schockierende neue Bericht „The climate implications of using LNG as a marine fuel“ (Die Auswirkungen der Verwendung von Erdgas als Schiffskraftstoff auf das Klima) kommt, da der Schifffahrtssektor mit seinem enormen Klima-Fußabdruck zu kämpfen hat und immer mehr Schiffsbetreiber auf Erdgas als vermeintlich umweltfreundlichen Kraftstoff setzen.
Der ICCT-Bericht untersucht die GHG-Emissionen von Schiffen, einschließlich der unbeabsichtigten Freisetzung des klimaschädlichen Super-Schadstoffs Methan von Schiffsmotoren, bekannt als Methanschlupf.
„Diese bahnbrechende neue Analyse ist eine vernichtende Anklage gegen Erdgas als Schiffskraftstoff. Für einen Sektor, der bereits jetzt ein großer Verursacher von weltweiten Treibhausgasemissionen ist, zeigt dieser Bericht, dass die Umstellung von Motoren auf Erdgas schlimmer ist als Nichtstun. Dies sollte als alarmierender Weckruf für die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) dienen, die jetzt handeln muss, um sicherzustellen, dass sie alle Treibhausgasemissionen in ihre Strategie zur Emissionsreduzierung einbezieht“, sagte Kendra Ulrich, Senior Shipping Campaigner bei Stand.earth.
Erdgas wird von vielen in der Schifffahrtsindustrie als Klimalösung begrüßt – ein Sektor, der für mehr globale THG-Emissionen verantwortlich ist als die großen klimaschädigenden Nationen, darunter USA, Deutschland, Iran, Südkorea und Kanada. Wenn man bei einem Business-as-usual-Szenario keine Gegenmaßnahmen ergreift, könnten die THG-Emissionen des internationalen Seeverkehrs von derzeit 3% bis 2050 auf erschreckende 17% der globalen THG-Emissionen ansteigen. Wenn Schiffe weiterhin Erdgas als Kraftstoff nutzen, könnten die Emissionen noch schlimmer werden.
„Der Bericht zeigt die Notwendigkeit, politische Maßnahmen zu ergreifen, die die allgemeinen THG-Emissionen der Schifffahrt statt nur die CO2-Emissionen zu reduzieren, einschließlich der kompletten Emissionskette von Schiffskraftstoffen bis zum Tank. Wenn wir nicht alle Treibhausgase einbeziehen und uns nur auf CO2 konzentrieren, könnten wir am Ende eine große Anzahl von Schiffen haben, die alle Effizienzanforderungen erfüllen, bei denen die Treibhausgaseinsparungen aber nur auf dem Papier stehen“, sagte Dr. Elizabeth Lindstad, Leitende Wissenschaftlerin bei SINTEF Ocean, Seeverkehr.
Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen hat davor gewarnt, dass die globalen THG-Emissionen bis 2030 gegenüber dem Stand von 2017 nahezu halbiert werden müssen, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels abzuwenden, und dass die Methanemissionen aus allen Quellen bis 2050 um mindestens 35 % gegenüber dem Stand von 2010 reduziert werden müssen.
Angesichts dieses kurzen Zeitrahmens zur drastischen Reduzierung der klimaschädlichen Verschmutzung bewerteten die Autoren des Berichts die Klimaauswirkungen von Schiffskraftstoffen unter Berücksichtigung des globalen Erwärmungspotenzials von 20 und 100 Jahren.
Das Problem besteht nicht nur in einem Verlust an nutzbarer Energie, sondern vor allem darin, dass Methan in der Atmosphäre eine sehr starke Treibhausgaswirkung hat: über 20 Jahre gerechnet ca. 84-mal so stark wie Kohlendioxid (pro kg). Erst im Verlauf von Jahren wird das Methan zu Kohlendioxid und Wasserdampf oxidiert. Deswegen müssen Methanemissionen im Sinne des Klimaschutzes so weit wie möglich minimiert werden.
Man beachte, dass klimaschädliche Methanverluste nicht nur in Gasmotoren auftreten, z. B. in Biogasanlagen auch bei nicht abgedichteten Gärrestlagern und bei der Gewinnung und dem Transport von Erdgas und Erdöl.
Von den rund 760 mit Erdgas betriebenen Schiffen, die derzeit im Einsatz oder auf Bestellung sind, ist der Viertakt-Motor auch derjenige mit dem größten Methanschlupf. Dieser Motor wird besonders bei Kreuzfahrtschiffen wegen seiner niedrigen Bauhöhe bevorzugt, und die Kreuzfahrtindustrie wirbt für diese Schiffe, da sie erhebliche Klimavorteile haben. Erst im Dezember hat der größte Kreuzfahrtveranstalter der Welt, die Carnival Corporation, sein LNG-Programm in einer Ankündigung über den Beitritt zur „Getting to Zero Coaliton“ als Beispiel für seine Klimaführerschaft angepriesen. Diese Koalition strebt an, bis 2030 emissionsfreie Schiffe in Betrieb zu haben.
Der Unterausschuss der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) für die Verhütung und Bekämpfung der Umweltverschmutzung trifft sich vom 17. bis 21. Februar in London, was von der internationalen Gemeinschaft als Arktis-Gipfel gefeiert wird. Der Verschmutzungs-Unterausschuss wird gebeten, seinem Mutterausschuss, dem Ausschuss zum Schutz der Meeresumwelt, nachdrückliche Empfehlungen zu dringenden Kontrollmaßnahmen für schwarzen Kohlenstoff in der Arktis und anderen Meeresökosystemen zu übermitteln.