Der NABU und die Kreuzfahrtschiffe

Der Naturschutzbund Deutschland legt neue Studie zu den Emissionen der Kreuzfahrtschiffe vor

Alle Jahre wieder übt der NABU Kritik am Verhalten der Reedereien, die Kreuzfahrtschiffe bereedern, obwohl davon auszugehen ist, dass deren Schiffe alle nach den geltenden internationalen Regeln zugelassen sind. Insofern sind es immer wieder die falschen Adressaten. Statt das dafür zuständige Institut der UNO, nämlich die IMO, die International Maritime Organisation und die Regierungen der Mitgliedstaaten anzugreifen, die das Regelwerk der IMO in nationales Recht umsetzen müssen, werden die Reeder angegriffen – und natürlich auch die Bürger, die auf derartigen Schiffen ihren Urlaub verbringen wollen. Das alles ist nicht neu, doch es muss immer wieder wiederholt werden, dass die NABU-Zentrale in Berlin schon vor Jahren eingeräumt hat, dass Dickbrett-Bohren nicht ihre Sache ist. So bleibt es denn unverändert beim Populismus.

Zur Sache: Am 5.Juni 2019 veröffentlichte der NABU eine „Studie“ „vom europäischen Dachverband und [der] NABU-Partnerorganisation Transport & Environment“ unter dem Titel: „One Corporation to Pollute them All – Luxury cruise air emissions in Europe“. Danach wurden eine Erhebung und eine entsprechende Bewertung der von Kreuzfahrtschiffen 2017 in 50 Hafenstädten Europas ausgegangenen Emissionen durchgeführt.

Dazu ist folgendes anzumerken: Ganz offensichtlich ist die „European Federation for Transport and Environment AISBL“, bei der das Copyright für die Studie liegt, keine unabhängige, neutrale Institution. Das schließt zwar objektive, nachprüfbare Ansätze zur Bewertung der jeweiligen Parameter nicht aus, doch konnte leider dem NABU schon mehrfach nachgewiesen werden, dass seine Mitarbeiter und/oder die von ihm beauftragten Organisationen von falschen Voraussetzungen ausgingen.

Bedenklich wird die Präsentation der Ergebnisse derartiger Studien, wenn in den Presseinformationen zum Beispiel für den Vergleich von Schiffs- und Pkw-Dieselmotoren völlig undifferenziert ein Bezug zur Zahl der insgesamt zugelassenen Pkw herbeigeführt wird, gleichgültig ob diese von Otto- oder von Dieselmotoren angetrieben werden!

Aber der Vorgang wird noch schlimmer. Der NABU versteigt sich beim Vergleich der Emissionen in Hamburg zu der Aussage, dass „die 2017 Hamburg anlaufenden Kreuzfahrtschiffe mehr als anderthalb mal so viele Schwefeloxidemissionen wie die knapp 770.ooo in der Hansestadt gemeldeten Pkw“ verursachten. Was soll damit ausgesagt werden? Seht da, die sauberen Pkw und dort die Dreckschleudern Kreuzfahrtschiffe?

Weiß der NABU nicht, dass der Dieselkraftstoff, in den Ländern der Europäischen Union, der von Straßenfahrzeugen getankt werden kann, nur noch 0,001 Prozent Schwefel enthalten darf und folglich die Motoren der Personen- und Nutzfahrzeuge auch kaum noch Schwefeloxide ausstoßen können? Wozu also dieser Vergleich?

Darüber hinaus sollte man beim NABU wissen, dass die Motoren der Schiffe in den Hoheitsgewässern der EU bereits seit Anfang 2015 statt mit Schweröl nur noch mit Kraftstoffen betrieben werden, die weniger als 0,1 Prozent Schwefel enthalten. Dasselbe gilt im Hafen bei Liegezeiten von mehr als zwei Stunden. Insofern kann man der Seeschifffahrt schon bescheinigen, dass der Betrieb der Schiffsmotoren in küstennahen Gewässern, bei Revierfahrt und in den Häfen im Vergleich zur offenen See recht sauber geworden ist, denn auf See darf der Kraftstoff unverändert 3,5 Prozent Schwefel enthalten. Dort steht die nächste Senkung des Grenzwertes für Schwefel erst 2020 an. Er wird auf 0,5 Prozent sinken. Hier könnte die Kritik des NABU schon heute ansetzen, denn in den kommenden 18 Monaten sind kaum noch ausreichend technische Lösungen an Bord der Schiffe zu installieren – von deren Finanzierung mal ganz abgesehen.

Ein weiterer Punkt der Kritik am Verhalten des NABU: Von „Verschmutzungsprivilegien“ der Kreuzfahrtbranche zu sprechen, wie der Bundesgeschäftsführer des NABU, Ralf Miller, dies tut, ist nicht nur anmaßend sondern schlicht Unsinn. Nehmen wir den Hamburger Hafen: Dort können gleichzeitig mindestens fünf dieser Schiffe festmachen, doch nur eines davon mit Landstrom versorgt werden, der, wie zu hören ist, das Dreifache pro Kilowattstunde kostet wie der mit den bordeigenen Aggregaten erzeugte Strom.

Auf die Paradoxien der Landstromversorgung soll hier nicht eingegangen werden, doch muss die Frage erlaubt sein, wer denn den Strombedarf von mindestens fünf Kleinstädten liefern soll? Die (noch) arbeitenden Kohlekraftwerke? Solange die Bundesnetzagentur die Versorgungssicherheit damit steuern will, dass der Strom während bestimmter Zeitfenster des Tages künstlich verteuert wird, kann nicht erwartet werden, dass die Reedereien Landstrom akzeptieren – so er überhaupt angeboten wird. Die Anlage am Kreuzfahrtanleger in Altona hat rund 10 Millionen Euro gekostet und bietet aus politischen Gründen niemand einen erkennbaren Nutzen.

Ein dritter Punkt zur Präsentation der Studie: Wenn der „Schiffsverkehrsexperte“ des NABU, Sönke Diesener, auf den Partikelfiltern herumreitet, mit denen er die Kreuzfahrtschiffe gern ausstatten möchte, dann sollte er sich erst einmal über das technisch Machbare informieren. Bislang gibt es keine derartigen Filter, die in ihrer Kapazität auch nur für die Bordaggregate solch großer Schiffe benötigt würden, die in der Diskussion stehen. Und ein Quantensprung ist trotz aller Bemühungen einschlägiger Fachunternehmen nicht zu erwarten.

Die Emissionsüberwachungsgebiete in Europa auszudehnen, ist ein ebenso berechtigter wie aussichtsloser Vorschlag. Das in diesem Zusammenhang immer wieder angesprochene Mittelmeer ist eben kein europäisches Meer, oder welches Meer hatte Herr Diesener im Sinn, wenn er von „allen europäischen Meeren“ sprach?

Und zum Schluss: Wenn Herr Diesener sich „emissionsfreie Antriebe“ für die Schifffahrt wünscht, so wird er diese in den nächsten Jahrzehnten nicht bekommen. Die Lösung für die von der Schifffahrt verursachten Emissionen führt nicht über die Antriebstechnik, sondern nur über den Kraftstoff, der synthetisch, CO2-neutral hergestellt werden kann. Die Aussagen der Motorenbranche zu alternativen Antrieben, die in das Wunschbild des NABU passen würden, waren auf der SMM 2018 absolut ernüchternd.

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Hans-Jürgen Reuß
Der Autor betreibt ein Pressebüro mit den Schwerpunkten Schifffahrt, Schiffbau, Schiffbauzulieferindustrie und Schifffahrtsgeschichte.