Noch nie wurde so viel über Wasserstoff als umweltfreundlicher Energieträger in der Schifffahrt diskutiert wie derzeit. Wasserstoff ist sozusagen in aller Munde, wenn es um die Mobilitätswende geht. Es verwundert also nicht, dass Norwegen als bekannt innovatives Land sich ebenfalls mit der Materie Wasserstoff beschäftigt.
In den Gewässern Norwegens gelten ab 2026 strenge Emissionsvorschriften. So sollen in den Fjorden nur noch Schiffe mit emissionsfreien Antrieben zugelassen werden. Norled und Havila Kystruten planen Schiffsneubauten, die für den Betrieb mit Wasserstoff vorgesehen sind.
LMG Marin entwirft zwei Wasserstoff-Fähren für Norled
Die norwegische Reederei Norled hat einen Vertrag mit LMG Marin, einem in Bergen (NO) ansässigen Ingenieursbüro, über die Design-Lieferung für zwei Doppelendfähren unterzeichnet, die Norled ab 2022 auf dem Finnøysambandet in Ryfylke betreiben wird. Die Fähren, die eine Kapazität von 199 Personen und 60 Autos haben sollen, werden von der Ada-Werft in der Türkei gebaut. Die Fähren sind zunächst für den Betrieb mit Biodiesel ausgelegt, doch wird angestrebt, eine der Fähren während der Bauphase für den Betrieb mit Wasserstoff umzurüsten.
Eine weitere von Norled in Auftrag gegebene Fähre wird mit einem Energiesystem auf der Basis von zwei 200kW Ballard-Brennstoffzellenmodulen ausgestattet und wird drei Tonnen flüssigen Wasserstoff speichern. Die für 80 Autos und 299 Passagiere ausgelegte Doppelend-Fähre wird zwischen Hjelmeland, Nesvik und Skipavik eingesetzt und bildet eine Verbindung auf dem westlichen Highway 13 des Landes.
Der Bau wurde an das norwegische Bauunternehmen Westcon vergeben, das ein 82 Meter langes Design von LMG Marin verwendet. Die Fähre soll im ersten Quartal des nächsten Jahres (2021) erstmals eingesetzt werden und alle drei Wochen flüssigen Wasserstoff aus Straßentankfahrzeugen bunkern.
„Dies ist ein spannendes Projekt, bei dem die Entwicklung der Wasserstofflösung parallel zu anderen Konstruktionsarbeiten erfolgt und nach einem risikobasierten Designprozess zusammen mit der Reederei, ausgewählten Lieferanten und der Fachkompetenz im Bereich Wasserstoff durchgeführt wird“, sagt Torbjørn Bringedal, Geschäftsführer von LMG Marin.
Die norwegische Havyard Group und PowerCell Sweden kooperieren bei der Entwicklung eines emissionsfreien Brennstoffzellensystems.
Der schwedische Brennstoffzellen-Entwickler Powercell will zusammen mit der norwegischen Reederei Havyard Group ASA wasserstoffbetriebene Fähren bauen. Beide Unternehmen gaben kürzlich den Abschluss eines Vertrages über die Entwicklung des Designs und der technischen Spezifikationen bekannt.
Geplant ist, lt. Aussage, ein Antrieb aus mehreren parallel geschalteten 200-kW-Brennstoffzellenstacks mit einer Gesamtleistung von 3,2 Megawatt. Das erste Brennstoffzellensystem kommt voraussichtlich ab 2021 in einer Fähre von Havila Kystruten zum Einsatz. Die Schiffe der norwegischen Reederei fahren größtenteils in norwegischen Gewässern, in denen ab 2026 nur noch emissionsfreie Schiffe verkehren dürfen. Havila Kystruten erteilte den Auftrag für insgesamt vier Brennstoffzellenschiffe.
Die „Chicken and Egg“-Frage: Was kommt zuerst…
Ein Konsortium von Industriepartnern hat einen staatlichen Zuschuss in Höhe von 33,5 Millionen NOK (3,8 Millionen US$) für die Entwicklung einer Lieferkette für flüssigen Wasserstoff in Norwegen für Schiffsanwendungen erhalten.
Das Konsortium wird von der in Bergen ansässigen BKK, dem staatlichen Energiekonzern Equinor (ehemals Statoil) und dem Industriegaslieferanten Air Liquide geführt. Weitere Partner sind die norwegische Fährreederei Norled, Viking Ocean Cruises, die Wilhelmsen-Gruppe, der Spezialist für Offshore-Versorgungsbasen NorSea, das norwegische Forschungszentrum NORCE und der Industriecluster NCE Maritime Cleantech.
Der Vorstandsvorsitzende der BKK, Jannicke Hilland, sagte: „Derzeit gibt es in Norwegen laufende Wasserstoffprojekte in den Bereichen Kreuzfahrtschiffe, Offshore-Schiffe, Fähren und Schnellfähren – aber um den Übergang der Schifffahrt zu Null-Emissions-Lösungen zu beschleunigen, müssen wir eine Lieferkette für ‚grünen‘ Wasserstoff aufbauen. Dieses Projekt bietet daher ein großes Potenzial sowohl für die industrielle Entwicklung als auch für erhebliche Emissionsreduzierungen“.
Ziel des Projekts ist die Schaffung einer umfassenden und zuverlässigen nationalen Wasserstoff-Infrastruktur zur Unterstützung der Strategie zur Dekarbonisierung des norwegischen Seeverkehrs. Die Teilnehmer der Initiative streben an, flüssigen Wasserstoff innerhalb des ersten Quartals 2024 für die kommerzielle Schifffahrt verfügbar zu machen.
Das Projekt umfasst die gesamte Wertschöpfungskette, von der Produktion und Lagerung bis hin zum Transport zum Endkunden.
„Die neuen Fähren werden mit einer dieselmechanischen Anlage ausgestattet, die auch für den Wasserstoffbetrieb vorbereitet ist, wobei die Dieselmotoren dann als Notstromaggregat eingesetzt werden. Norled hat die entsprechende Ausschreibung auf Basis des Biodieselbetriebs gewonnen. Wir erwägen jedoch, eine der Fähren auf Wasserstoff umzurüsten, wenn das von der EU geförderte Flagship-Projekt zu einer technisch / wirtschaftlich sinnvollen Lösung kommt“, sagt Norled Sigvald Breivik, Technischer Direktor bei Norled.
Mit der Unterstützung von Maritime Cleantech und in Zusammenarbeit mit LMG Marin und anderen hat Norled von der EU eine Finanzierung von bis zu 20 Millionen NOK erhalten, um diese Wasserstofflösung zu realisieren. Die Fähre FINNØY ist als eine von zwei Fällen in das Flagship-Programm aufgenommen worden, an dem das LMG-Büro in Toulouse im zweiten Fall (wasserstoffbetriebenes Schubschiff für die französische Reederei CFT) beteiligt ist.