Alle reden über Wasserstoff – wir auch…

Wasserstoff

Wasserstoff – so sicher wie Benzin

Nicht zuletzt seitdem die Bundesregierung die „Nationale Wasserstoffstrategie“ veröffentlicht hat, schlagen die Wellen der „Begeisterung“ zu dem Thema Wasserstoff bei der Bevölkerung hoch. Wir wollen versuchen hier ein wenig Licht ins Dunkle bringen und insbesondere den Wasserstoff als Kraftstoff für Verbrennungsmotoren betrachten.

Seit Jahrzehnten fahren Millionen von Autos sicher mit Gas als Treibstoff. Seit Jahrzehnten wird Wasserstoff sicher über unsere Straßen transportiert. Und seit vielen Jahren stellen zahlreiche Pilotprojekte die Alltagstauglichkeit von Wasserstoff-Fahrzeugen und zugehörigen Tankanlagen unter Beweis. Wenn Wasserstoff also in Zukunft Benzin als Treibstoff ablösen soll, können die Konstrukteure und Hersteller auf breite Erfahrungen bauen – auch was die Sicherheit betrifft. Moderne Sicherheitstechnik und klare Vorschriften werden Wasserstoff mindestens so sicher wie Benzin machen. Damit die Verbraucher den neuen Kraftstoff akzeptieren, muss jedoch noch einiges geschehen: Wasserstoff muss nicht nur sicher, sondern auch zuverlässig, wirtschaftlich und bequem zu verwenden sein – und international flächendeckend verfügbar.

Eigenschaften

Wasserstoff ist das leichteste aller Gase (Dichte 84g/m3 bei 15°C und 1 bar. Zum Vergleich Luft: Dichte 1,225 kg/m3 bei 15°C). In die Atmosphäre austretender Wasserstoff strömt daher sofort, mit hoher Geschwindigkeit, steil nach oben und kann sich unter der Raumdecke, unter Dachvorsprüngen o. ä. ansammeln. Wasserstoff wird entweder gasförmig bei Umgebungstemperatur bei hohen Drücken (bis zu max 750 bar) in Gasflaschen oder Tanks gespeichert, oder er wird praktisch drucklos als tiefkalt verflüssigter Wasserstoff (LH2) in isolierten Behältern befördert oder gelagert.

(Wenn Wasserstoff entspannt wird (z.B. von 175 auf 1 bar), ist – im Gegensatz zu anderen Gasen – ein geringer Temperaturanstieg (von 20°C auf 25°C) festzustellen. Dieser Temperaturanstieg reicht nicht aus, um ausströmenden Wasserstoff „selbst“ zu entzünden, da die Zündtemperatur ca. 600 °C beträgt.) 

Vorteile für Wasserstoff in Physik und Chemie 

Für die Sicherheit jedes Kraftstoffs spielen Physik und Chemie eine entscheidende Rolle: Wie schnell verflüchtigt sich der Kraftstoff? Wie leicht ist er zu entzünden? Unter welchen Bedingungen ist eine Explosion möglich? Welche Schadstoffe entstehen bei der Verbrennung? Belastet er Wässer und Böden? Und ist er für den Menschen giftig?

In all diesen Punkten muss sich Wasserstoff dem Vergleich mit den heute gängigen Kraftstoffen stellen – und das ist in erster Linie Benzin. Der wichtigste Unterschied zwischen Wasserstoff und Benzin besteht darin, dass Wasserstoff ein Gas und Benzin eine Flüssigkeit ist. Wasserstoff ist das leichteste Element auf der Erde – für die Sicherheit ist das ein großer Vorteil.

Denn so verflüchtigt sich der Kraftstoff an der Luft sehr schnell und kann nur sehr kurz entzündet werden. Benzin dagegen verdampft langsamer und hat auch dann noch eine größere Dichte als Luft. Benzindampf bleibt daher oft lange Zeit am Boden und damit dort, wo er sich am ehesten entzünden kann. 

Ein weiterer zentraler Punkt ist die Frage, unter welchen Bedingungen ein Kraftstoff-Luft-Gemisch explodiert – etwa wenn nach einem Unfall oder aufgrund eines Lecks Kraftstoff austritt. Hier ist grundsätzlich von Nachteil, dass Wasserstoff in einem sehr großen Konzentrationsbereich von vier bis 75 Prozent gezündet werden kann. Wirklich bedeutend ist dabei allerdings nur die untere Grenze, also jene vier Prozent Wasserstoff in der Luft, ab denen sich das Gemisch entzünden kann.

Allerdings brennt Wasserstoff mit hoher Wahrscheinlichkeit ab, bevor überhaupt ein explosives Gemisch entsteht – denn dafür sind mindestens 18 Prozent Wasserstoff in der Luft nötig. Bei Benzin dagegen liegt diese Detonationsgrenze bei nur 1,1 Volumenprozent; Benzindämpfe explodieren daher leichter als Wasserstoff.  

Damit es überhaupt zur Explosion oder zum Brand kommt, muss in beiden Fällen ein entstandenes Kraftstoff-Luft-Gemisch erst einmal entzündet werden. Im Fall von Wasserstoff ist dafür eine geringere Energie nötig als bei Benzin – allerdings reicht schon die Energie eines elektrischen Funkens aus, um selbst Benzindämpfe zu entzünden. Das macht das Betanken von Benzinfahrzeugen grundsätzlich riskant. Auf der anderen Seite hat Wasserstoff eine höhere Zündtemperatur als Benzin, welches sich dadurch wesentlich leichter als Wasserstoff an heißen Oberflächen entzünden kann, etwa am Autokatalysator oder dem Auspuffkrümmer.

Hat sich ein Kraftstoff-Luft-Gemisch entzündet, beeinflussen weitere Faktoren den Ablauf. So hat Wasserstoff im Gegensatz zu Benzin eine sehr hohe Verbrennungsgeschwindigkeit. Eine Wasserstoff-Flamme brennt also sehr schnell und – aufgrund der geringen Dichte – steil nach oben ab. Darüberhinaus hat Wasserstoff eine geringere Wärmestrahlung als Benzin. Neben einer frei verbrennenden Wasserstoff-Flamme wird es aus diesem Grund weniger heiß als neben einer Benzinflamme – mit dem Vorteil, dass benachbarte Gegenstände wie Autositze oder andere Fahrzeuge nicht so leicht Feuer fangen. Auch für Personen in der Nähe ist somit die Gefahr geringer, Verbrennungen zu erleiden. Weil eine Wasserstoff-Flamme jedoch zugleich kaum sichtbar ist, kann man unabsichtlich hineingeraten.

Daneben gibt es eine Reihe weiterer, für die Sicherheit wichtige Eigenschaften von Kraftstoffen. So ist Wasserstoff im Gegensatz zu Benzin ungiftig – aber ein Liter Mineralöl kann eine Million Liter Trinkwasser ungenießbar machen. Für Gewässer und Böden ist der Transport von Erdöl, etwa in Pipelines, Tankschiffen und Tankwagen, ein erhebliches Risiko. Wasserstoff birgt diese Umweltgefahr nicht.

Andere gebräuchliche Kraftstoffe liegen mit ihren Eigenschaften meist zwischen Wasserstoff und Benzin. Gase wie Erdgas und Autogas (also Propan) ähneln dabei eher dem Wasserstoff, flüssige Kraftstoffe wie Diesel und Methanol eher dem Benzin.

Sicher speichern in Fahrzeugen 

In Fahrzeugen jeglicher Art ist vor allem eine sichere Speicherung des Wasserstoffs notwendig. Gasförmige Kraftstoffe haben dabei im Vergleich zu Diesel oder Benzin eine sehr geringe Energiedichte: 3.000 Liter gasförmiger Wasserstoff enthalten beispielsweise die gleiche Energiemenge wie ein Liter Benzin. Damit man mit Wasserstoff im Tank trotzdem vergleichbare Reichweiten wie mit Benzin- und Dieselfahrzeugen erreicht, muss das Gas daher in speziellen Behältern gespeichert werden – entweder extrem tiefgekühlt in flüssiger Form (bei –253°C) oder unter hohem Druck (inzwischen bis zu 750 bar, also dem 750fachen Atmosphärendruck). Propangas (LPG) dagegen ist beispielweise schon bei 20 bar flüssig. Die Speicherung von Wasserstoff stellt daher erhöhte Anforderungen an die Technik.

Wasserstoff ist mit Sicherheit einsetzbar 

Wasserstoff erfüllt alle Bedingungen, um als Kraftstoff verwendet werden zu können. Viele seiner physikalischen Eigenschaften sind sogar vorteilhafter für die Sicherheit als jene des Benzins. In zahlreichen Pilotprojekten hat sich die heute vorhandene Wasserstoff-Technik bereits im Alltagsbetrieb bewährt.

Allerdings erfordern gasförmige Kraftstoffe besondere Sicherheitsvorkehrungen. Das gilt für Wasserstoff genauso wie für Erdgas und Flüssiggas, für die bereits jahrzehntelange Erfahrungen mit dem Einsatz in Fahrzeugen vorliegen. Zentrales Element im Fahrzeug ist dabei die Speicherung. Die speziellen Behälter und die zugehörige Technik müssen leicht und sicher zu handhaben sowie zu warten und reparieren sein.

Wichtig ist vor allem eine ausreichende Belüftung.

Modellrechnungen erlauben es heute zudem, die Auswirkungen von austretendem Wasserstoffgas zu berechnen und entsprechend vorzusorgen. Und schließlich spielt für die Sicherheit nicht nur die Technik eine Rolle: Diese Technik muss auch ebenso einfach und sicher zu bedienen sein wie die Elemente der heutigen Benzinsysteme. Dafür sind spezielle Schulungen und Betriebsanweisungen für die Anwender unabdingbar.

Für die Sicherheit jedes Kraftstoffs spielen seine physikalischen und chemischen Eigenschaften eine entscheidende Rolle. Im direkten Vergleich mit Benzin zeigt sich, dass Wasserstoff keinesfalls gefährlicher ist: Er verflüchtigt sich sehr schnell, verbrennt anstatt zu explodieren, entzündet sich nicht so leicht an heißen Oberflächen und ist im Gegensatz zu Benzin ungiftig für Mensch und Umwelt.

Vergleich Benzin / Waaerstoff
Quelle: Dr.-Ing. Axel Stepken, Vorstandsmitglied TÜV Süddeutschland

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen für Antriebsmaschinen.