Der frühere IMO-Mitarbeiter, Edmund Hughes, der an der Ausarbeitung der ersten Strategie des UN-Gremiums zu Treibhausgasen mitwirkte, sagte kürzlich in verschiedenen Interviews mehrerer Medien. „… dass die Schifffahrtsindustrie die Kernenergie in Betracht ziehen sollte, wenn sie ernsthaft daran interessiert ist, ihre Kohlenstoffemissionen zu eliminieren“ und erklärte weiter „… dass die Versorgungsinfrastruktur für Ammoniak- und Wasserstoffbunker möglicherweise nicht früh genug verfügbar sein wird“.
„Wir müssen anfangen, über Schiffe mit Kernenergieantrieb zu sprechen – das ist die Null-Emissions-Lösung“, so Hughes, der bis Februar 2020 bei der IMO für Umweltfragen und Energieeffizienz zuständig war.
Die Nutzung der Kernenergie in der Schifffahrt war bisher weitgehend auf Militärschiffe und russische Eisbrecher beschränkt.
„Diejenigen, die alternative Kraftstoffe wie Ammoniak und Wasserstoff vorschlagen, erkennen dies an, aber wenn wir in den nächsten Jahren kohlenstofffreie Schiffe auf den Markt bringen wollen, nicht nur wollen sondern auch müssen, dann sind diese alternativen Kraftstoffe möglicherweise nicht der geeignetste Weg zum Ziel, nicht zuletzt, wenn man die Schwierigkeiten in der Versorgungsinfrastruktur betrachtet. Darüber hinaus müssen diejenigen, die bis 2050 Null-Kohlenstoff-Emissionen von der Schifffahrt fordern, sich überlegen, wie die kleinen und großen Schiffe der Welt betrieben werden sollen“.
„Der Druck, dringend etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen, zwingt uns, die nach Meinung der Öffentlichkeit, unpopuläre Technik intensiv zu diskutieren. Wir schlagen deshalb vor, dass kleine Flüssigsalzreaktoren (Marine Molten Salt Reactors (m-MSRs)) zusammen mit den alternativen Kraftstoffen auf den Tisch gelegt werden müssen“.
Bill Gates steht hinter der Kernenergie
Bill Gates, einer der reichsten Männer der Welt, hat seine Aufmerksamkeit darauf gerichtet, Schiffe mit Kernenergieantrieb bauen zu lassen.
Der Mitbegründer von Microsoft, ist auch Vorsitzender von TerraPower, einem Nukleartechnikunternehmen, das kürzlich eine neue Zusammenarbeit mit CORE POWER von Mikal Bøe, dem französischen Spezialisten für nukleare Materialhandhabung Orano und dem amerikanischen Versorgungsunternehmen Southern Company ankündigte. Die vier Unternehmen planen die Entwicklung der Kernenergietechnik des Flüssigsalzreaktors (MSR) in den Vereinigten Staaten.
Die Unternehmen haben, entsprechend verschiedener Veröffentlichung, beim US-Energieministerium einen Antrag auf Bewilligung von Zuschüssen zur Risikominderung auf Kostenteilungsbasis im Rahmen des Advanced Reactor Demonstration Programme (zu Deutsch: Fortgeschrittenes Reaktordemonstrationsprogramm) für den Bau eines MSR-Prototypen gestellt, der als Konzeptnachweis für einen Reaktor mittlerer kommerzieller Größe dienen soll.
„Die Auswirkungen der MSR auf den Verkehr und die Industrie könnten transformatorisch sein, da wir versuchen, eine maßstabsgetreue Technik und eine breite Akzeptanz der modernen und dauerhaften, mit flüssigen Kraftstoffen betriebenen Atomkraft aufzubauen, um die Zukunft unseres Umgangs mit dem Klimawandel zu gestalten“, kommentierte Mikal Bøe, CEO von CORE POWER mit Sitz in London. „Unsere CORE POWER-Blöcke basieren auf Schmelzsalzreaktoren (m-MSRs), einer Technik mit Thorium, die auf die 1960er Jahre zurückgeht und in der Lage ist, die größten heute sich in Betrieb befindlichen Schiffe anzutreiben“.
Bøe unterstreicht: „Machen wir uns nichts vor: die Realität sieht doch so aus, dass die Atomenergie die einzige brauchbare Technik ist, die eine dauerhafte Kombination aus nahezu Null-Emissionen, Zuverlässigkeit und Sicherheit auf See und wettbewerbsfähiger Wirtschaftlichkeit bieten kann“.
Die m-MSR Technik.
Mikal Bøe beschreibt die m-MSR Technik wie folgt: „Marine Schmelzsalzreaktoren (m-MSRs) sind wie nukleare Batteriepakete. Diese einzigartigen Maschinen verwenden einen flüssigen Kraftstoff in Form von sehr heißem Fluorid- oder Chloridsalz, das mit einem „heißen“ Spaltmaterial infundiert wird, anstelle von festen Brennstäben die in konventionellen Druckkernreaktoren (DWR) verwendet werden“ und weiter: „m-MSRs haben keine beweglichen Teile, arbeiten bei sehr hohen Temperaturen, nur unter Umgebungsdruck und können klein genug gebaut werden, um elektrische Energie für energieintensive Anlagen, wie z.B. große Schiffe, zu liefern. Aus diesem Grund können sie in Massenproduktion hergestellt werden, um die Energiekosten unter die von Gas, Diesel und sogar alternativen Energien zu senken. m-MSRs sind eine wirklich radikale Abkehr von der konventionellen Kernenergietechnik, wie sie weitestgehend heute bekannt ist, und von der Technik, die die Tür zu einem „zweiten Atomzeitalter“ öffnet und den Klimawandel umkehrt“.
Die Null-Emissions Revolution für die Schifffahrt
Mikal Bøe ist überzeugt: „… dass Kernenergiebatterien für die Schifffahrt am sinnvollsten seien, um den Kohlenstoff-Fußabdruck zu reduzieren“.
Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) hat mit einstimmiger Zustimmung von 197 Ländern das Mandat erteilt bekommen, dass die Schifffahrt die Emissionen bis 2050 um 50% der Gesamtmenge von 2008 reduzieren muss. Dies bedeutet eine tatsächliche Emissionsreduzierung von fast 90% bis 2050.
Neue Schiffe können als „kohlenstofffrei“ oder „kohlenstoffneutral“ konzipiert werden, aber was ist mit den Energiequellen, die für diese reduzierten Emissionen sorgen werden? Nicht die „alte Nukleartechnik“, wie die Technik, die auf Marine-U-Booten, Flugzeugträgern und Eisbrechern eingesetzt wird und die für die Handelsschifffahrt völlig ungeeignet ist, sondern die neue, fortschrittliche Technik der „Atombatterie“. Diese würde alle positiven Vorteile der Kernenergie bieten, ohne die negativen Probleme der alten Kernenergie.
Die alte Kernenergie hat ein großes Imageproblem:
Große, hässliche, bösartig aussehende Einrichtungen, für deren Dämmung Milliarden ausgegeben werden müssen, um sicherzustellen, dass sie nicht explodieren. Normalerweise explodieren sie nicht, aber die Öffentlichkeit hat eine andere Meinung. Für die meisten Menschen dreht sich alles um die Furcht davor, bei Unfällen starker Strahlung ausgesetzt zu sein und dass das Kernmaterial in die Hände von „falschen Leute“ fällt.
Mikal Bøe: „Jetzt wächst im Zentrum unserer Industrie das verstärkte Interesse an der Entwicklung von „Atombatterien“ für Schiffsantriebe. Dabei handelt es sich um massengefertigte Stromaggregate auf der Grundlage von Salzschmelzreaktoren (m-MSRs) für die Schifffahrt, eine radikale Abkehr von der Kernenergietechnik, wie wir sie bisher kennen. m-MSRs versprechen die Lieferung von reichlich und zuverlässiger Energie für vollelektrische Großschiffe (Suezmax zu VLCCs, Cape zu VLOCs und Panamax zu Triple-E‘s usw.), die bis zu 30 Jahre lang nicht aufgetankt werden müssen. Null Emissionen inklusive“.
Laut CORE POWER ist die Sicherheit in jeder Hinsicht der primäre Aspekt in der Kernenergietechnik, sie ist auch die Grundlage, auf der die öffentliche Meinung gebildet wird.
Der Verlust von Kühlmittel in einem Reaktor ist potenziell katastrophal und eine Herausforderung, die zu einem großen Teil für das schlechte öffentliche Bild der „alten Kernenergie“ verantwortlich ist. In der m-MSR-Kernenergiebatterie ist der Brennstoff das Kühlmittel und das Kühlmittel ist der Brennstoff, so dass Kühlmittel nicht verloren gehen kann.
Bøe: „Was in Tschernobyl oder Fukushima geschah, ist mit einer m-MSR undenkbar“.
Er beschreibt weiter: „Da es kein Auftanken gibt, gibt es keinen Umgang mit abgebrannten Brennstoffen und damit auch keine Frage der Verbreitung von atomarem Material, mit dem man sich befassen müsste. Dieses Maß an passiver, begehbarer Sicherheit ist selbst in der Gas- und Dieseltechnik beispiellos. Die „m-MSR-Atombatterie“ verspricht enorme flüssige Energie ohne Druck, um einen 35-MW Very Large Crude Carrier (VLCC) 20 Jahre lang zu betreiben, und zwar zu fast 30% niedrigeren Kosten als VLSFO (Very Low Sulphure Fuel Oil) und bis zu 70% billiger als grünes Ammoniak, ohne Emissionen und ohne Bunkerstopps“.
Nach eigenen Angaben plant Core-Power die Installation von m-MSRs auf schwimmenden Produktionsschiffen zur Herstellung synthetischer grüner Kraftstoffe für kleinere Schiffe, wobei der Kraftstoff dort produziert wird, wo er benötigt wird, was die Infrastrukturkosten im Vergleich zu anderen natürlichen Energiequellen wie Sonnen- und Windenergie mit sehr geringer Dichte erheblich senkt. Abgebrannter m-MSR-Brennstoff kann in der terrestrischen Energieerzeugung wiederaufbereitet und bis zu 150 Jahre pro Ladung verwendet werden, wobei eine geringe Menge an Abfall zurückbleibt.
„Schnellere, billigere und saubere Vollelektroschiffe sind ein entscheidender Faktor für den zukünftigen Seetransport“, so Bøe
Bleibt noch eine Frage offen: Wie sieht es mit der gefürchteten Strahlung aus?
Für die Generationen, die nach dem Zweiten Weltkrieg und während des Kalten Krieges aufwuchsen, wurde „Nuklear“ zum Synonym für Angst. Bomben, Strahlung, Krankheit und Tod sind alles Assoziationen mit dem „N“-Wort. Heute leben wir in einer Zeit des Klimawandels, und wir müssen erneut prüfen, ob unsere Wahrnehmungen richtig sind. Schließlich haben wir Jahrzehnte damit verbracht, Kohle, Diesel und Biomasse für völlig in Ordnung zu halten, aber über 4 Millionen Menschen sterben jedes Jahr an Krankheiten, die mit der Umweltverschmutzung zusammenhängen die direkt und indirekt auf diese Brennstoffe zurückzuführen sind. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Wahrnehmung der Atomkraft falsch ist und angepasst werden muss?
m-MSRs sind so konfiguriert, dass sie mit einer einzigen Ladung bis zu 30 Jahre lang laufen und nicht nachgetankt werden müssen, so dass kein abgebrannter Brennstoff, auch bekannt als Nuklearabfall, anfällt, der während der Lebensdauer eines Schiffes in irgendeinem Hafen umgeschlagen werden müsste. Kein abgebrannter Brennstoff bedeutet kein praktisches Proliferationsrisiko, und die Häfen können für Schiffe mit m-MSR-Antrieb sicher geöffnet werden.
Die größte Hürde, die uns noch bleibt, um uns der neuen Kernenergie zu öffnen, ist die in der Öffentlichkeit weit verbreitete Angst und Wahrnehmung der Strahlensicherheit“.
Bøe sagt: „Die Strahlung aus kommerziellen Kernkraftwerken in Westeuropa und den Vereinigten Staaten hat noch nie einen einzigen Menschen getötet, aber wir hatten Millionen von Todesfällen im Zusammenhang mit Kohle und Erdöl. Kernreaktoren sind die größten Verdränger von Treibhausgasen aus fossilen Brennstoffen auf dem Planeten. Es ist unser gutes Recht zu fragen: Wer schürt wirklich die Angst vor Strahlung?
James Lovelock, ein Patriarch der Umweltbewegung und der erste, der die weit verbreitete Präsenz von FCKW in der Atmosphäre feststellte, bat seine Freunde, ihre Einwände gegen die Kernenergie fallen zu lassen. Er sagte: „…ihre weltweite Nutzung als unsere Hauptenergiequelle stellt eine unbedeutende Bedrohung dar, verglichen mit den Gefahren tödlicher Hitzewellen und des Anstiegs des Meeresspiegels….. Die Zivilisation ist in unmittelbarer Gefahr und muss die Kernenergie – die einzige sichere, verfügbare Energiequelle – jetzt nutzen oder die Schmerzen erleiden, die bald von einem empörten Planeten zugefügt werden. Dramatisch.
Die m-MSRs werden alle Anforderungen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) erfüllen und die Geschwindigkeit der Schiffe erhöhen, ohne dass ein entsprechender Anstieg der NOx-, SOx-, PM- und Kohlenstoffemissionen aus den Schornsteinen – da es keinen Rauch geben wird – oder anderer Emissionen zu befürchten sind.
Die Bedenken der Öffentlichkeit, die in Fernsehdokumentationen über verrostende Atom-U-Boote aus der Sowjet-Ära, die in den russischen Marinewerften im Fernen Osten liegen, geäußert wurden, gelten nicht für m-MSR.
Wenn Sie der Öffentlichkeit sagen würden, dass es eine Technologie gibt, die endlose, saubere, nachhaltige und sichere Energie erzeugt, die schädliche und umweltschädliche Gase beseitigt, würden sie diese unterstützen?
Die Antwort ist ja – sie muss es sein. Mit dem wachsenden Verständnis der neuen Atomenergie folgt der Wandel in der öffentlichen Meinung, denn die Welt kann nicht mehr viel länger auf eine andere Technologie warten, die eine Lösung liefert, die die globale Erwärmung wirklich verlangsamen kann.
Atomreaktoren erzeugen Wärme. Daher ist das Kühlmittel der Schlüssel zur Sicherheit. Bei einem m-MSR ist der Brennstoff das Kühlmittel, und das Kühlmittel ist der Brennstoff, so dass das Kühlmittel nicht verloren gehen kann.
Im Falle eines möglichen Unfalls auf See, kommen die passiven Sicherheitsaspekte des m-MSR erst richtig zur Geltung. Ein passives ausfallsicheres Abschalten wird den Treibstoff sofort aus der Batterie ablassen, jede Reaktivität stoppen und dadurch den Treibstoff abkühlen lassen. Das geschieht sehr schnell, egal ob die Batterie aufrecht, auf der Seite liegt oder sogar auf dem Kopf steht. Die Ausfallsicherheit ist keine Frage der Aktivierung durch den Bediener, sondern eine natürliche Ausfallsicherheit des Systems. Wenn der Kraftstoff unter 400 Grad Celsius abkühlt, gefriert er zu einer festen, steinähnlichen Substanz, begräbt die Batterie und stoppt die gesamte Energieproduktion. Es wird kein Gas freigesetzt, da kein Gas produziert wird, und es wird keine Ausbreitung von Giftstoffen in die Umwelt erfolgen. Es handelt sich um eine hochmoderne, hochresistente grüne Energiequelle, die passiv in einer Umgebung betrieben wird, die darauf ausgelegt ist, unsere strengsten Anforderungen an saubere Energie zu erfüllen.
Die Öffentlichkeit interessiert sich in erster Linie nicht für den Brennstoff in einem Reaktor, sondern für den eigentlichen Reaktor selbst.
Salzschmelzenreaktoren sind Kernreaktoren, in denen der Kernbrennstoff in Form geschmolzenen Salzes vorliegt (Beispielsweise Uranchlorid). Bei diesem Reaktortyp ist der Kernbrennstoff in flüssiger Form gleichmäßig im Primärkreislauf des Reaktors verteilt, eine Kernschmelze im klassischen Sinne ist damit ausgeschlossen – der Kern liegt stets im gewollt geschmolzenen Zustand vor“.
Mr. Bøe wir danken für das Gespräch
(Anmerkung der Redaktion: Wir sind uns vollkommen im Klaren darüber, dass noch sehr viele Fragen zu diesem Thema offen sind. Wer an mehr und detaillierteren Informationen interessiert ist wende sich bitte an den CEO des Unternehmens CORE POWER, Mikal Bøe, Mail: mikal.boe@corepower.sg)