Mahnmal PALLAS vor der Küste von Amrum
Mahnmal PALLAS vor der Küste von Amrum

Am 29.10.1998 strandete in nächster Nähe zur Nordseeinsel Amrum / Nordfriesland der Holzfrachter PALLAS. Das Schiff war auf dem Weg von Schweden nach Casablanca, Marokko, als am 25.10.98 auf hoher See um 16.40 Uhr Feuer ausbrach und die aus Paketholz bestehende Ladung in Brand geriet. Der Kapitän versuchte den Hafen von Esbjerg in Dänemark anzulaufen, jedoch wurden in der Nacht dann auf Bitten des Kapitäns die Besatzung geborgen. Spätere Versuche, die PALLAS nach Cuxhaven zu schleppen, scheiterten trotz des mutigen Einsatzes der an der Bergung beteiligten Personen.

Die PALLAS strandete am 29.10. 1998 vor der Nordseeinsei Amrum. Die Lösch- und nachfolgenden Abpumparbeiten der noch an Bord vorhandenen Brennstoffe dauerten bis zum 10. Januar 1999. Obwohl die ausgetretene Ölmenge bei derartigen Unfällen als relativ gering bezeichnet werden kann, wurden insgesamt ca. 26.000 Seevögel verölt, über 16.000 Vögel und ein Seehund musste getötet werden, sechs Tiere wurden leicht verölt. Die Gesamtkosten der Bergungsaktion wurden mit 25 Millionen DM berechnet.

In einer Veranstaltung in Dagebüll/Nordfriesland erinnerten am Mittwoch, den 25. Oktober 2023 der Nautische Verein Nordfriesland und die Insel- und Halligkonferenz an die damalige Havarie und ihren Folgen. Überschattet wurde der Gedenktag von einer Havarie am Vortag. Südwestlich von Helgoland waren am frühen Morgen zwei Frachtschiffe zusammengestoßen. Ein toter Seemann wurde geborgen. Zwei weitere gerettet, vier Personen werden noch vermisst. Zwischenzeitlich wurde bekannt, dass bei der Kollision insgesamt fünf Seeleute ihren Tod fanden.

In verschiedenen Vorträgen wurden nochmals die Abläufe der Havarie auf der gut besuchten Veranstaltung erläutert und eine Bewertung der verschiedenen Maßnahmen seitens der Politik und Verwaltungen auf Bundes- und Landesebenen vorgenommen.

Die Abläufe hätten aufgezeigt, dass es letztlich nicht die Schuld der Menschen vor Ort war, sondern die Ursachen der Strandung maßgeblich im System und der Struktur des damaligen Sicherheits- und Notfallkonzeptes aufgrund des föderalistischen Aufbaues zu finden sind. Anerkannt wurde seitens der Referentinnen und Referenten, dass Verbesserungen im Sicherheitssystem auf Nord- und Ostsee aufgrund eines verbesserten Notschleppkonzepts und der Etablierung eines Havariekommandos für Nord- und Ostsee erreicht wurden.

Der Nautische Verein Nordfriesland und die Insel- und Halligkonferenz hatten seit Jahren auf eine Verbesserung der Organisationsstrukturen im Bereich der Deutschen Bucht hingewiesen.

Bereits vor der Havarie forderten sie den Aufbau einer effektiven “Deutschen Küstenwache” in der alle schifffahrtspolizeilichen Zuständigkeiten und seegehenden Schiffseinheiten gebündelt und monokratisch geführt werden. Das Havariekommando werde dabei eine umfassende Kompetenz in dieser neuen Behörde einnehmen.

Hans von Wecheln
Hans von Wecheln

Hans von Wecheln, damals Pressesprecher der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V., geht das aber nicht weit genug. Er fordert schon seit Jahren eine deutsche Küstenwache, mit einer einheitlichen Organisationsstruktur. Die, so sagt er, wäre in der Lage bei einer Havarie rechtzeitig zu handeln. „Eine Havarie wird sich nie vermeiden lassen. Wichtig ist, dass man ein Sicherungssystem hat, das so früh wie möglich erkennt, dass etwas passieren kann und so früh wie möglich Kräfte einsetzt“, so von Wecheln.

Gleichzeitig erkennt er aber auch an, dass nach der Havarie schon vieles zum Positiven geändert wurde bei Bund und Land. „Auf Bundesebene hat man ein Notschleppkonzept erstellt, welches nach unserem Dafürhalten vorbildlich ist in Deutschland, aber auch in Europa“, so von Wecheln, der heute Mitglied des nautischen Vereins Nordfriesland e.V. ist.

„Jetzt stellen Sie sich das mal vor: Ein brennender Holzfrachter strandet vor Deutschlands bekanntester Urlaubsinsel!“ Ein Zuständigkeitswirrwarr deutscher Behörden, Koordinierungsstellen und Einsatzstellen beginnt und wertvolle Zeit verstreicht. Das stellte später auch das Seeamt in seiner Untersuchung fest. „Denn wenn das Schiff noch fährt, ist es Sache des Bundes“, so der Nautik-Experte. „Wenn dieses Schiff aber gestrandet ist und es treten vom Schiff Verschmutzungen aus, dann ist es die Zuständigkeit des jeweiligen Landes, in welcher Küstennähe es dann liegt. Das heißt, sie haben in einer Lage ein Kommandowechsel. Und das hat sich herausgestellt, ist nicht ganz so einfach“, so von Wecheln weiter.

Das Notschleppkonzept, das von beiden Vereinen als „fast optimal“ bezeichnet wird, habe allerdings noch eine „Lücke im System“ im nördlichen Teil der Nordsee, so die Referenten. Dort sei kein Notschlepper vorgesehen, obwohl die Havarien der PALLAS und der LUCKY FORTUNE ein Jahr später damals die Lücke aufgezeigt haben. „Angesichts der Zunahme des Schiffsverkehrs und der größeren Containerschiffe sowie des Ausbaus der Offshore-Industrie muss hier noch nachgebessert werden“, fordern die Veranstalter.

Die Mitglieder der Vereine erwarten daher auch, dass die von der Ampelkoalition im Sommer beschlossene Überprüfung des Sicherheitssystems für Nord- und Ostsee endlich Klarheit schafft und eine politische Lösung erfolgt.

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen für Antriebsmaschinen.