bremenports peilt mit umweltfreundlichem Hybrid-Torque-Antrieb

Seitenriss der MS SEEADLER – gut zu sehen die Anordnung von Antriebs-Genset und Torque-Fahrmotor.
Seitenriss der MS SEEADLER – gut zu sehen die Anordnung von Antriebs-Genset und Torque-Fahrmotor. © Bremenports

Neues Vermessungsschiff erkundet Hafenrevier

Ende Februar 2016 hat die bremenports GmbH&CO.KG, als Auftraggeber und Eigner, ihr neues Peil- und Vermessungsschiff, MS SEEADLER, auf die Weser geschickt. Gebaut wurde das Schiff mit den Abmessungen L= 16,10m, B=4,94m und T=1,3m, bei der Schiffswerft Herrmann Barthel GmbH in Derben am Ostufer der Elbe in Sachsen-Anhalt, die auch in Abstimmung mit dem Auftraggeber die Entwicklung durchführten. Seit Jahren hat sich die Werft bei Entwicklung, Bau und Ablieferungsqualität, insbesondere bei Behördenschiffen, einen Namen gemacht. Nach der Indienststellung wird der Neubau als Vermessungsschiff im Zuständigkeitsbereich der bremenports in Bremerhaven folgende Aufgaben erfüllen:
* Vermessung der Gewässersohle zur nautischen Verkehrssicherung in den Häfen
* Ortung von Objekten am Hafengrund
* Bestimmung der Schiffbarkeit in Fluid Mud Gebieten
* Bauwerkskontrolle unter Wasser an Schleusen, Brücken und Kajen.
Dies geschieht teils in regelmäßigen Abständen, teils auch nach Bedarf wie zum Beispiel nach Baggereinsätzen oder auf Anforderung vom Hafenkapitän. Die vermessungstechnische Ausrüstung besteht aus:
* Multibeam Fächersonaranlage R2Sonic 2024 mit 700kHz und Backscatter Zusatzoptionen zur sehr hochauflösenden Objekterkennung und Bodenklassifizierung
* Positionierungssystem Trimble SPS 855 RTK GNSS Sensor in Kombination mit dem Inertial Navigationssystem iXBlue Hydrins zur hochgenauen Erfassung sämtlicher Navigations- und Schiffsbewegungsdaten. Das Inertialsystem ermöglicht auch noch eine Positionierung bei kurzzeitigem Ausfall der GPS-Satelliten durch Abschattung, z.B. unter den Containerbrücken.
* 2-Frequenz Vertikalecholot (15/210 kHz) zur Fluid Mud Bestimmung.
* Hydrographische Software Eiva NaviSuite zur Navigation und Datenerfassung

Mit einer elektrischen Antriebsleistung von 220 kWe bei 600/min erreicht der Neubau eine Geschwindigkeit von 9 Knoten. Ein Side Power Querstrahlruder, 40kW, unterstützt die Manövrierfähigkeit. Das Schiff fährt mit einer Besatzung von 2 Mann. Der Neubau wurde nach den Vorschriften und unter Aufsicht der SUK und nach DNV GL Richtlinie für Binnenschiffe erstellt. Besonderer Wert wurde auf die Antriebsanlage gelegt. So stand von Beginn an ein umweltschonender / emissionsfreier Betrieb im Fokus der Auftraggeber.
Deshalb hatte sich bremenports für das High Torque Power Drive (HTP)™ Antriebskonzept der Hamburger Firma Torque Marine GmbH & CO.KG entschieden. Das modulare Torque-System besteht aus, je nach Leistungsanforderung, einem modernen, abgasoptimierten Dieselmotor mit einem wassergekühlten permanent erregten Generator in Modulbauweise und wassergekühlten, redundanten Torque Motoren, sowie gewichts- und leistungsoptimierten Umrichtern. Damit stehen für den dieselelektrischen Betrieb moderne, kompakte Torque-Antriebe zur Verfügung, die auf Grund geringer Leistungsgewichte folgende Möglichkeiten bieten: Antriebsredundanz bei Einwellenanlagen, Verzicht auf zwischengeschaltete Getriebe, sehr hohe Drehmomente die über ein Wellendrucklager dem Propeller direkt zur Verfügung stehen, niedrige Geräuschemissionen und ein nahezu wartungsfreier Betrieb. Das maximale Drehmoment von 3.625 Nm steht bereits ab der kleinsten, vom Auftraggeber gewünschten, Propellerdrehzahl von 40/min zur Verfügung.
Die Aufstellung der Antriebs-Generatoren ist unabhängig von den Propulsionsorganen mit den Fahrmotoren bei dem Torque-System. Damit ergeben sich weitere Optimierungen im Schiffbau, zum Beispiel: Maschinenraumanordnung (Verlagerung des Gewichtsschwerpunktes) für die Optimierung der Flachwasser-Eigenschaften des Schiffes, Optimierung der Propeller aufgrund des zur Verfügung stehenden hohen Drehmomentes.
Die Antriebsanlage des neuen Vermessungsschiffes besteht aus einem Diesel-Genset (Typ DI13 075M, mit einer maximalen Leistungseinstellung von 323 kW bei 1.500/min sowie 376 kW bei 1.800/min und angeflanschtem, wassergekühlten permanent erregten Generator, 230 KWe) und einem wassergekühlten redundanten Torque-Motor, 220 kWe. Der Torque-Motor, versorgt über ein Drucklager, aber ohne ein zwischengeschaltetes Getriebe, den freischlagenden 5-flügeligen (D=950mm) Thies Festpropeller.
Die überschüssige Energie des Antriebsaggregates wird in Lithium Eisen Li Fe PO4 Batterien gespeichert. Somit kann bei Bedarf die gespeicherte Energie den elektrischen Fahrmotor versorgen. Damit wird umweltschonend / emissionsfrei das Schiff für kürzere Strecken (z.B. im Hafenbereich) nur mit Hilfe von Batterien (10 Batteriemodule mit einer Gesamtnennleistung von 105,4 kWh bei 528 V) betrieben werden.

Das Scania-Diesel-Genset

Der besondere Charme des Gensets liegt in der Doppelfrequenz-Eigenschaft: Für Manöver-, Schleusen- und weitere Fahrten, bei denen nur eine geringe Leistung erforderlich ist, wird der Motor bei 1.500/min gefahren. Erst wenn höhere Leistungen erforderlich sind, schaltet die Elektronik automatisch auf 1.800/min um. Neben der zusätzlichen Kraftstoffeinsparung bei der reduzierten Drehzahl, ist nun auch noch eine bemerkenswerte Geräuschreduzierung zu verzeichnen.

Verbrennung mit geringerem Schadstoffausstoß und weniger Kraftstoffverbrauch

Das SCANIA-eigene elektronische Engine Management System (EMS) bietet in Kombination mit elektronischen Pumpe-Düse-Einheiten bemerkenswerte Vorteile: Im Mikrosekundenabstand werden Daten erfasst und verarbeitet, um den Einspritzzeitpunkt und die eingespritzte Kraftstoffmenge so zu regeln, dass eine optimale Verbrennung erzielt wird. Der hohe Einspritzdruck und die enorme Präzision bei Einspritzmenge und Einspritzzeitpunkt führen zu höherer Leistung, geringerem Kraftstoffverbrauch und niedrigerem Schadstoffausstoß. Der eingebaute SCANIA-Motor erfüllt die Abgasnormen IMO, EU Stufe IIIA, US Tier 2 und ZKR Stufe II.

Das neue Peil- und Vermessungsschiff MS SEEADLER der bremenports GmbH während der Überführungsfahrt von Derben nach Bremerhaven.Fahrstand von Peil- und Vermessungsschiff, MS SEEADLER.Diesel-Genset und elektrischer Torque-Fahrmotor im Maschinenraum der MS SEEADLER.

Zusammenfassung

Neben einer Vielzahl von weiteren Vorteilen des Hybrid-Antriebssystems seien hier nur die wesentlichen genannt:
Effizienzverbesserung von mindestens 20%, stufenlose Drehzahlverstellung des Torque-Motors von 40/min bis maximaler Drehzahl. Die Umsteuerung Vorwärts- / Rückwärtsfahrt geschieht über Phasenvertauschung der Stromrichter. Somit ist ein sehr feinfühliges manövrieren und umsteuern, beispielsweise bei Schleusen- bzw Messfahrten, mit Propellerdrehzahlen ab 40/min möglich. Entfall von kostspieligen mechanischen Drehrichtungsumkehreinheiten wie Wendeuntersetzungsgetriebe oder Verstellpropelleranlagen.
Torque Marine’s Kooperationspartner, Sandfirden Technics, niederländischer Scania-Vertragspartner in Den Oever, komplettierte das Genset und führte auch die technischen Tests in deren eigenen Testanlagen durch.

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen für Antriebsmaschinen.