Der Wissenschaftsjournalist Axel Bojanowski hat kürzlich in der Beilage „Aus Politik und Zeitgeschichte“ der Wochenzeitung „Das Parlament“ unter dem Titel „Journalisten im Klimakrieg“ einen Essay veröffentlicht, in dessen Einleitung er zu folgender Erkenntnis kommt:
„Wer sich als Wissenschaftsjournalist länger mit dem Thema Klimawandel befasst, kommt um eine Erkenntnis nicht herum: Neugieriges Nachfragen zum Thema gibt es selten, Aufregung hingegen im Überfluss – für die Ergebnisse der Klimaforschung interessiert sich kaum jemand, für deren Deutung fast jeder. Die Folge ist, dass weniger Fakten die Klimadebatte bestimmen als eher politische Gesinnung.“
Fachjournalisten der Technik können diese Erkenntnis nicht nur unterstreichen, ihre geht noch einen Schritt weiter: Sie sehen sich im Tagesgeschäft von der sogenannten Öffentlichkeitsarbeit der Industrie immer wieder mit Material versorgt, dessen Hintergrund schlicht falsch ist. Aus Gründen einer möglichst großen Akzeptanz am Markt sorgt das „Marketing“ der Unternehmen für Aussagen, die sogar technisch-physikalischen Grundlagen widersprechen.
Angesprochen auf solche Sachverhalte antworten dann die zuständigen Vertriebsleiter, sie wüssten um die Widersprüche, hätten gegenüber dem Marketing (oder gar der Unternehmensleitung?) jedoch keine Chance (vgl. Kommentar „Hybrid“ hat Hochkonjunktur in der maritimen Wirtschaft, s. VEUS-Shipping, Archiv/Agenda/Page 2).
Wenn dann, wie im Schiffbau geschehen, Klassifikationsgesellschaften ohne Not derartige Praktiken über äußerst fragwürdige Neu-Definitionen, mit Hinweis auf dubiose neue Begriffe der Automobilindustrie, der Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie Schützenhilfe leisten, dann darf man nach der Seriosität der Klasse fragen.
Da die Fachpresse seit Jahrzehnten von der Industrie über deren Anzeigenschaltungen abhängig ist, finden Diskussionen über das Verhalten der Medien in Sachen Umweltschutz und Klimawandel, bzw. über den Mangel an korrekter Information in den Medien, in der Öffentlichkeit schon lange nicht mehr statt.
Im Frühjahr 2018 hatten 25 Wissenschaftler des Fachbereichs Verbrennungsmotoren eine Initiative ergriffen, mit der sie Fakten – statt Halbwissen – in der öffentlichen Diskussion wieder ihren Platz verschaffen wollten, mit dem Ziel, die Klimadiskussion zu versachlichen. Seit der Ankündigung vom März 2018 ist bis heute keine nachhaltige Veränderung feststellbar. Die Diskussionen werden sowohl im öffentlichen Raum wie in allen Bereichen der Politik fast ausschließlich emotional geführt. Nach Axel Bojanowski gibt es ja auch keine Medien mehr, die sich für solche Initiativen einsetzen. Gäbe es sie noch, wäre es zweifelhaft, ob sie von den Personen gelesen werden, die ausreichend Einfluss haben, um etwas zu verändern.
Ein klassisches Beispiel für den „Glaubenskrieg“ oder „Klimakrieg“ ist das Klimaschutz-Paket der Bundesregierung. Die Beschlüsse des Bundestages wie des Bundesrates erinnern doch eher an Strafen als an praktikable Maßnahmen zur Senkung der klimaschädlichen Emissionen. So ist nicht nur die „Skepsis“ der Opposition verständlich, sondern auch der Widerstand von Verbänden (aus unterschiedlichen Gründen) wie der Wirtschaft und der Wissenschaft.
Aufgrund der CO2-Steuer wird kein Kilometer weniger gefahren werden. Das haben die Preisschwankungen an den Zapfsäulen in den letzten Jahren bewiesen. Ein völlig anderes Ergebnis wäre zu erwarten, wenn man die absurde Art der gegenwärtigen Kraftfahrzeugsteuer ändern würde. Die Besteuerung des Hubraums hat zu vergleichsweise kleinen Motoren mit hoher Leistung geführt, die alles andere als Vorbilder in Sachen Umweltschutz sind. Insofern wäre eine Besteuerung der Motorleistung oder gar eine Leistungsbeschränkung wesentlich effektiver. Über diesen Weg könnten mit vernünftig bemessenen Hubräumen Kraftstoff gespart und die Emissionen zwangsläufig gesenkt werden. Nur, auch damit sind die Klimaziele in rund zehn Jahren nicht zu erreichen. Selbst die Umstellung aller Pkw-Antriebe bis 2030 auf den Betrieb mit Erdgas würde dafür nicht ausreichen. Und mit Elektroantrieben wird es, wie die Studien von Volkswagen und des ADAC zeigen, auch nicht gehen.
Läuft da nun ein „Klimakrieg“ im Journalismus? Wohl kaum, eher ein „Glaubenskrieg“ im politischen Raum, denn viele Politiker „glauben“ nur noch, sie sind nicht mehr überzeugt. Wie wollen sie dann ihre Wähler überzeugen?