Es war schon immer etwas Besonderes einen Rolls-Royce zu besitzen….

Maschienen-Besatzung kontrolliert einen Gasbetrieben-Antriebsmotor auf der weltweit ersten RoPax-Fähre MS Stavangerfjord
Die Masch.-Besatzung kontrolliert einen Gasbetrieben-Antriebsmotor auf der weltweit ersten RoPax-Fähre MS Stavangerfjord. © P.Pospiech

Gas- und Dieselmotoren von Rolls-Royce Power Systems

Hört man den Namen Rolls-Royce, denkt man unwillkürlich an die legendären Automobile, die das Image von Spitzenleistung und Langlebigkeit beinhalten. Diesen Ruf begründete das im Jahre 1904 von Henry Royce und Charles Rolls in Manchester (Großbritannien) gegründete Unternehmen. Vom Automobilgeschäft hat sich Rolls-Royce in den 1970er-Jahren getrennt und heute gehört es zu BMW. Aber auch die aktuellen Kernprodukte wie Flugzeugtriebwerke und Verbrennungsmotoren für die internationale Schifffahrt können sich auf diesen klangvollen Namen stützen. In der Nähe der norwegischen Küstenstadt Bergen werden seit mehr als 65 Jahren mittelschnelllaufende Verbrennungsmotoren entwickelt, hergestellt und in die vielfältigsten Schiffstypen eingebaut. Das Unternehmen Bergen Engines aus dem hohen Norden gehört seit 1999 zu Rolls-Royce und ist weltweit akzeptiert und bekannt für seine Produkte in der Schifffahrt und Stromerzeugung. Das Unternehmen deckt beide Produktbereiche ab: Motoren für den Gas- und Dieselbetrieb. Die Gas-Ottomotoren, wie auch die mittelschnelllaufenden Dieselmotoren werden mit Leistungen von 1,4 bis 9,6 (10) Megawatt in der norwegischen Stadt Bergen, genauer gesagt in Hordvikneset, rund 20 km nördlich von Bergen, hergestellt.
Rolls-Royce Power Systems (RRPS), das früher als Tognum AG firmierte mit Hauptsitz in Friedrichshafen, beschäftigt rund 11.000 Mitarbeiter. Das Produktportfolio ist vielfältig: Unter der Marke MTU vertreibt das Unternehmen schnelllaufende Motoren und Antriebssysteme für Schiffe, Energieerzeugung, schwere Land- und Schienenfahrzeuge, militärische Fahrzeuge sowie für die Öl- und Gasindustrie. Unter der Marke MTU Onsite Energy bietet das Unternehmen Dieselaggregate für Notstrom, Grund- und Spitzenlast an sowie Blockheizkraftwerke zur Kraft-Wärme-Kopplung auf Basis von Gasmotoren. Mittelschnelllaufende Rolls-Royce-Motoren von Bergen Engines treiben Schiffe und Energieanlagen an. L’Orange rundet die Produkte mit Einspritzsystemen für Großmotoren ab.
Schon in den frühen 1980’er Jahren entwickelten die Norweger Magergemisch-Verbrennungsverfahren und setzten diese für die verschiedensten Gasarten ein.
Erdgas wird als der Zukunftskraftstoff schlechthin bezeichnet. Mit Erdgas betriebene Motoren werden in Bergen seit 1991 produziert – damit verfügt das Unternehmen über einen wertvollen 25-jährigen Erfahrungsschatz. Mehr als 650 Gas-Ottomotoren wurden seitdem ausgeliefert und sind, kumuliert, seit über 25 Millionen Betriebsstunden zuverlässig in Betrieb. Einer der ersten 1992 in Betrieb gesetzten Motoren hatte kürzlich die 160.000ste Betriebsstunde ”auf dem Buckel” und läuft in der Lemvig Kraftstation in Dänemark.
Der erste Bergen Engines Gas-Ottomotor in der Marineanwendung wurde 2006 auf der kombinierten Personen-Auto-Fjord-Fähre ”Bergensfjord” eingesetzt, bis heute ist dieser Motor mehr als 45.000 Stunden gelaufen. Das war der Beginn eines bis heute steigenden Erfolgs der mit Erdgas betriebenen Motoren. Diese Motoren haben sehr niedrige, die Umwelt und Gesundheit, schädigende Abgasemissionen: So werden die Stickoxide (NOx) um rund 90 Prozent reduziert. Schwefeloxide (SOx) sind aufgrund des kaum nachweisbaren Schwefels im Erdgas sowie der Partikelemissionen gleich Null. Damit erfüllen diese Produkte der Norweger bereits die schon bestehenden Abgasgrenzwerte für Schiffe, die in den ECA’s betrieben werden, aber auch die mit Beginn 2016 weiter verschärften IMO TIER III-Grenzwerte. Nicht zu vergessen die CO2-Reduktion von rund 22 Prozent im Vergleich zu einem mit Dieselkraftstoff betriebenen Motor.
Mit der Gas-Ottomotoren-Baureihe C26:33 in Reihenkonfiguration deckt Bergen Engines den Leistungsbereich von 1.400 bis 2.500 kW ab, sowie mit der Baureihe B35:40 verfügbar in Reihen- wie auch V-Konfiguration den Bereich von 2.625 bis 9.600 kW.
Beide Baureihen sind aufgeladene und mit Gemischkühlung ausgeführte 4-Takt-Otto-Vorkammermotoren, die mit sehr mageren Gas-Luft-Gemischen betrieben werden. Durch die Magerverbrennung gelingt es, die bei allen Verbrennungsvorgängen entstehenden Spuren von Abgas-Emissionen nahezu zu vermeiden. Bei der Entwicklung dieser Baureihen ist das Unternehmen neue Wege gegangen. Eine Innovation für Großmotoren war die Einführung einer als Ganzes in kürzester Zeit austauschbaren Zylindereinheit. Als reine Gasmotoren, die nach dem Otto-Prinzip arbeiten, wird das Gas-Luftgemisch in jedem Zylinderkopf über eine Hochleistungszündkerze gezündet und so der Verbrennungsvorgang eingeleitet.
Die Motoren der Baureihe B35:40 haben eine Bohrung von 350 mm und einen Hub von 400 mm. Sie sind als 8 und 9-Zylinder Reihenmotoren, sowie als 12- und 20-Zylinder V-Motoren verfügbar. Die zur Zeit verfügbare Leistung als Gasmotor für Schiffsantriebe beträgt maximal 9.500 kW bei Drehzahlen von 720 und 750/min.
Die kleinere Baureihe C26:33 hat ein Bohrungs-Hubverhältnis von 260 zu 330 mm. Die Motoren sind als 6, 8 und 9-Zylinder Reihenmotoren mit Leistungen von 1.400 bis 2.500 kW bei Drehzahlen von 900 und 1.000/min verfügbar.

MTU und Bergen – ein perfektes Paar

Obwohl MTU- und Rolls-Royce-Motoren von Bergen Engines teilweise in denselben Leistungsklassen unterwegs sind, überschneiden sich die Produktportfolios nicht. Die mittelschnelllaufenden Diesel- und Gasmotoren von Bergen Engines kommen ausschließlich in Schiffen, und dort vor allem als Antriebe zum Einsatz. Der Schwerpunkt liegt dabei im so genannten Offshore-Segment von Rolls-Royce. Zum Beispiel finden sich Bergen Engines-Motoren in
Versorgungsschiffen für Ölplattformen, die auf Schiffsdesigns von Rolls-Royce basieren. Hier kommen ihnen vor allem ihre enorme Robustheit, hohe Effizienz und Langlebigkeit zugute.
Bergen Gasmotoren erfreuen sich heute mehr und mehr großer weltweiter Akzeptanz als Elektroaggregate aber insbesondere auch als Schiffsantriebsmotoren. Im Vergleich zu Dieselmotoren sind sie absolut vergleichbar was Hochlaufverhalten und Lastübernahmeverhalten angeht. Die Zeiten wo der reine Gasmotor als mechanischer Schiffsantrieb negativ beurteilt wurde, sind Dank Weiterentwicklungen im Verbrennungssystem sowie intelligenter Elektronik, längst vorbei.
Bei dynamischeren Fahrvorgängen sind dagegen eher die deutlich leichteren schnelllaufenden Dieselmotoren von MTU gefragt. Sie treiben daher neben Schiffen auch viele andere Off-Highway-Fahrzeuge an, wie zum Beispiel Lokomotiven, Minenfahrzeuge und Mähmaschinen.
Im Bereich der Energieerzeugung werden mittelschnelllaufende Diesel- und Gasmotoren von Bergen Engines hauptsächlich in großen dezentralen Kraftwerken zur Dauerstromversorgung und in Kraft-Wärme-Kälte-Anlagen eingesetzt. Schnelllaufende diesel- und gasbasierte Energiesysteme von MTU Onsite Energy sorgen dagegen primär für Not- und Spitzenstromversorgung. Hier müssen die Aggregate schnell und zuverlässig Last übernehmen. Ein weiterer Unterschied zwischen MTU- und Bergen Engines-Motoren: Da schnelllaufende Motoren leichter sind als Mittelschnellläufer, kommen sie vor allem dort zum Einsatz, wo es stark auf das Gewicht ankommt.
Die Produkte von MTU und Bergen Engines ergänzen sich also perfekt.

 

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen für Antriebsmaschinen.