Zur Sprachqualität in Pressearbeit und Medien
Journalisten für Schifffahrt und Schiffbau sind Fachjournalisten die sich einem ganz spezifischen Segment verschrieben haben. Ein sehr hohes Maß an Sachkenntnis ist erforderlich um hier eine qualitativ anspruchsvolle Berichterstattung realisieren zu können, die vor allem auf die sachliche Information von Leserschaft und Öffentlichkeit ausgerichtet ist.
Die technische Berichterstattung genügt dem hohen Anspruch vielfach nicht.
Woran liegt das?
Presseinformationen der Industrie enthalten vielfach mehr werbliche als informelle Aspekte und sind damit keine solide Basis.
Ist Pressearbeit die billigere Werbung?
Betrachtet man die Qualität der Pressearbeit vieler Unternehmen der Branche als Maßstab für die Qualität ihrer Produkte, dann müsste es recht schlecht um diese Unternehmen bestellt sein. Geht es den betreffenden Unternehmen aber gut, was bedeutet das dann im Umkehrschluss für die Pressearbeit? Nun, die wird trotz dieser Betrachtung nicht besser.
Wo liegen die Probleme:
• Die Presseinformationen werden nicht nach den klassischen Regeln aufgebaut (s. 5 „W“s). Statt dessen Werbung schon im ersten Absatz.
• Keine separaten Texte für Tages-, Wirtschafts- und Fachpresse bei den Presseinformationen
• Sprechblasen ohne Aussagekraft oder nur gefüllt mit Wiederholungen, vielfach gleich von mehreren Personen
• Unvollständige Beschreibungen und Daten
• Verwendung falscher Fachbegriffe
• Anhäufung falsch übersetzter Begriffe aus der englischen Fachsprache
• Kontaktpersonen bei Nachfragen häufig fachlich überfordert
Eine Studie des VDMA zeigt, dass Entscheider in Zeiten ohne unmittelbaren Beschaffungsbedarf ihre kontinuierlichen Marktinformationen zu circa 2/3 aus Fachzeitschriften gewinnen. Selbst in der Entscheidungsphase, in der bestimmt wird, welche Fabrikate angeschafft werden sollen und welche Anbieter als Zulieferer infrage kommen, beeinflussen Informationen aus Fachzeitschriften zu rund 1/3 die Entschlussfindung. Gute Gründe also für jeden Hersteller, sich und seine Produkte in angemessener Weise in der Fachpresse zu präsentieren. Doch gerade für technisch ausgerichtete Unternehmen lautet die Preisfrage, wie das zu bewerkstelligen ist? Den gelernten und studierten Journalisten in den Pressestellen fehlt wohl meist der technische Hintergrund. Warum schicken die Unternehmen neue Mitarbeiter der Pressestellen nicht zum „Schnuppern“ erst einmal ein Vierteljahr in die Lehrgänge der Kundendienstschule? Da lernt man schnell die Sprache des Betriebes und die Produkte soweit kennen, dass eine verständliche Berichterstattung erstellt werden kann. Betroffen von der hier geübten Kritik sind selbstverständlich nicht nur die Unternehmen (Hersteller) sondern bedauerlicherweise auch die Klassifikationsgesellschaften. Warum benutzt der DNV GL keine einwandfreien Begriffe (siehe hierzu „LNG als Schiffskraftstoff nimmt Fahrt auf“)? Wie sollen dann die Redakteure damit umgehen?
Die Prägung der Fachsprache ist auch eine Aufgabe der Fachverbände der Branche. Sie sollten mit gutem Beispiel vorangehen und ihren Mitarbeitern Seminare für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit anbieten, nach dem Motto: Die Fachmedien benötigen fachliche Substanz, aber keine Sprechblasen.
Wolf Schneider, Autor des lesenswerten Buches „Deutsch für Profis“, schreibt darin:
„Millionen Bürger werden durch den Hochmut oder die Gleichgültigkeit einiger tausend Journalisten vom Gros jener Informationen abgeschnitten, die sie wahrlich brauchen könnten, um ein aufgeklärter Volkssouverän zu sein“.