Abgasstufe V und ihre Folgen

MS RHEINPRINZESSIN erhielt bei der Lux-Werft in Mondorf 2 neue Volvo Penta-Motoren.
MS RHEINPRINZESSIN erhielt bei der Lux-Werft in Mondorf 2 neue Volvo Penta-Motoren. © P.Pospiech

Kaum hatte die EU die geplanten Abgasgrenzwerte der Stufe V bei Verbrennungsmotoren für den Einsatz in mobilen Arbeitsmaschinen veröffentlicht, ging ein Aufschrei der Empörung durch unsere Republik! Im Gegensatz zu den Motorenherstellern, die sich mehr oder weniger auf die weiter verschärften Grenzwerte eingestellt hatten (und bereits Lösungen haben beziehungsweise finden werden), hat sich der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) massiv aufgeregt.

Als in den 90iger Jahren bekannt wurde, dass eine Abgasgrenzwerteregelung eingeführt werden sollte – war damals schon ein Aufschrei zu vermerken. Aber es waren, fast unisono, die Motorenhersteller: „…unmöglich zu schaffen … geht nicht … komplett neue Motoren müssen entwickelt werden … Kosten nicht absehbar…“ usw.

Erstaunlicherweise dauerte es nicht lange und der erste Motorenhersteller gab bekannt: „Wir schaffen das“. Und tatsächlich: Die ersten Motoren der damaligen Abgasstufe I (für industrielle Anwendungen) waren auf dem Markt. Und so ging es über die Jahre weiter. Bei jeder neuen, weiter verschärften Grenzwerteregelung wurde erstmal opponiert – und letztendlich hatten die Motorenhersteller eine praktikable Lösung parat.

Doch kommen wir zurück auf das aktuelle Thema. Worum geht es bei der Aufregung?

Übersicht der neuen Abgasgrenzwerte der Stufe V.
Übersicht der neuen Abgasgrenzwerte der Stufe V. © VDMA

In der EU gelten künftig für mobile Maschinen die weltweit strengsten Emissionsgrenzwerte. An Verbrennungsmotoren für den Einsatz in Mähdreschern, Baggern, Flurförderzeugen und Krane sowie Binnenschiffen müssen mit Beginn 2019 die Schadstoffemissionen nochmals weiter reduziert werden – sie gelten gleichermaßen für Hauptantriebs- und Hilfsaggregate. Die entsprechende Verordnung (EU) 2016/1628 wurde am 16. September 2016 im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Eine nationale Umsetzung der Verordnung ist nicht erforderlich, sie tritt 20 Tage nach der Veröffentlichung in Kraft und ist ab dem 1. Januar 2017 anzuwenden. Die bis dahin gültige Richtlinie 97/68/EC wurde zum 1. Januar 2017 zurückgezogen.

Bei Neumotorisierungen mit Antrieben bis 300 Kilowatt Leistung müssen die neuen Grenzwerte ab 1. Januar 2019 eingehalten werden. Für Antriebe mit höherer Leistung treten die neuen Bestimmungen ab 1. Januar 2020 in Kraft. Die EU-Vorschriften gelten nur für neu angeschaffte Motoren, nicht für bestehende, bereits in Betrieb befindliche Motoren (Bestandsschutz).

Alternativ gelten die Grenzwerte der RheinSchUO (vereinbart ist gegenseitige Anerkennung) bis zum Datum der Inverkehrbringung der Stufe V Motoren.

Aufschrei der Empörung

Der BDB bemerkte dazu: „Überambitionierte Abgasgrenzwerte, die technisch nicht realisierbar sind, helfen der Umwelt nicht und schaden einer Branche, die bisher völlig zu Recht den Ruf als umweltverträglichster Verkehrsträger genießt. Anstatt der Binnenschifffahrt mit realistischen und erfüllbaren Umweltstandards einen möglichst zügigen Umstieg in besondere saubere Antriebstechnologien zu ermöglichen, wird in der klein- und mittelständisch strukturierten Branche nun möglicherweise das genaue Gegenteil erreicht: Neumotorisierungen werden vermieden, derzeit eingebaute Motoren werden so lange wie nur irgend möglich repariert und ‚in Fahrt‘ gehalten. Wir nennen das ‚Kubanisierung‘ in der Binnenschifffahrt. Fatal ist, dass nach unseren Informationen selbst LNG-angetriebene Schiffe die neuen Grenzwerte nicht werden einhalten können. Dieser Zukunftstechnologie wurde somit gleich das Wasser abgegraben.“

Konsequenzen aus der Abgasverordnung

Passagierschiff RHEINPRINZESSIN bei Probefahrt.
Kapitän und Eigner der RHEINPRINZESSIN Bernhard Vogel folgt den Anweisungen des SUK-Vertreters Charly Jeursen während der Probefahrt. © P.Pospiech

Die neue Abgasverordnung der EU für Binnenschiffe ist zum heutigen Zeitpunkt auf dem Stand der Technik. Sie wird zum Jahresbeginn 2019 wirksam – und auch das nur sehr schleppend. Bei nur rund 200 bis 300 Motoren, die pro Jahr in ganz Europa zugelassen werden, wird es noch lange dauern, bis von den etwa 10.000 Schiffen auf europäischen Binnenwasserstraßen eine nennenswerte Zahl mit verbessertem, schadstoffreduziertem Dieselantrieb fahren.

Das NRW-Umweltministerium befürchtet aber, dass einige Eigentümer noch vor dem Inkrafttreten der NRMM-Verordnung neue Motoren einbauen werden, „…die dann zuverlässig über Jahre laufen, aber nicht mit den Abgasgrenzwerten, die in der neuen Richtlinie gefordert sind“. Zudem dürfen auch nicht umgebaute Schiffe solange weiter ohne Einschränkung laufen, bis der Motor gewechselt wird. Eine Pflicht, auch ältere Schiffe nachzurüsten, konnte im Europaparlament nicht durchgesetzt werden. Bis die Abgasverordnung wirklich greift, werden somit wohl noch viele Jahre ins Land gehen.

Förderprogramm der Bundesregierung

Um den Binnenschiffern zu helfen, gibt es bereits seit Jahren ein Motorenförderprogramm der Bundesregierung. Doch die Leistungen wurden bisher eher wenig abgerufen. Antragsteller empfanden die Fördersummen als zu gering und das Verfahren als zu bürokratisch. „Sie müssen ständig Bericht erstatten, sie lassen komplett die Hose runter – das wollen viele nicht”, sagt ein Insider. Von 2007 bis 2011 haben die Schiffer laut einer Bundestagsdrucksache nur gut die Hälfte der vorgesehenen Mittel für die Modernisierung der Motoren abgerufen.

Mitte 2015 wurde ein neues Programm aufgelegt, das pauschale Zahlungen für den Austausch von Dieselmotoren zwischen 40.000 und 50.000 Euro vorsieht. Die Zahl der Nutzer stieg fortan. Auf den Flüssen und Kanälen sind aber bisher erst ganz wenige Schiffe mit Partikelfiltern zur Verringerung des Rußausstoßes unterwegs.

Dass etwas passieren muss, wird auch in der Branche nicht abgestritten.

Die Motorenindustrie erklärt dazu:

„Zurzeit wird die Stufe V vorbereitet. Dabei wird es vor allem um die Feinstpartikel gehen. Nach dem heutigen Stand der Technik geht das nicht mehr ohne spezielle Abgasnachbehandlungssysteme, wie z.B. Partikelfilter, EATS (Exhaust-After-Treatment-Systems), etc. Bis zur Einführung der verschärften Abgasgrenzwerteregelung Anfang 2019 sind es noch knapp 2 Jahre. Schiffseigner die bisher noch mit älteren Motoren fahren, sind gut beraten noch vor Einführungsdatum, eine Remotorisierung auf Motoren neueren Datums und damit verbunden mit aktueller Technik, die die gültigen Abgasgrenzwerte erfüllen, umzurüsten. Diese Motoren im Leistungsbereich bis 300 kW und darüber hinaus, sind natürlich wesentlich preisgünstiger als im Vergleich mit den ab 2019 zur Verfügung stehenden Motoren, die mit Abgasnachbehandlungssystem ausgerüstet werden müssen. Auch lohnt sich meist ein Motortausch wirtschaftlich eher, als eine teure Grundüberholung bestehender Motoren. Wenn nach 2019 eine Neumotorisierung erforderlich wird, ist es aufgrund des Gesamtsystems Motor plus Abgasnachbehandlungsanlage, nur klar, dass die Kosten drastisch ansteigen werden. Weiterhin ist es in einigen Schiffen aus Platzgründen kaum möglich die neuen Abgasreinigungssysteme zu verbauen. Und nicht zu vergessen: Bei einer Remotorisierung noch vor 2019 zählt auch weiterhin der Bestandsschutz sowie die finanzielle Unterstützung aus dem Förderprogramm der Bundesregierung. Sollte sich ein/e Schiffsführer / Reederei dazu entschließen während einer Remotorisierung einen dieselelektrischen Antrieb realisieren zu wollen, erhält der potenzielle Kunde vollständig klassifizierte Generatoren die mit allen benötigten Unterlagen und Bescheinigungen ausgeliefert werden“.

Erste Remotorisierungen

Volvo Penta D13-550 und Bordstromaggregat.
In den getrennten Maschinenräumen stehen jeweils ein Hauptantriebsmotor vom Typ Volvo Penta D13-550 und ein Bordstromaggregat. © P.Pospiech

MS RHEINPRINZESSIN erhält Volvo-Motoren.

Kapitän Bernhard Vogel (66) und seine Familie sind die Eigentümer der RHEINPRINZESSIN. Das moderne Tagesausflugsschiff bietet maximal 500 Gästen Platz, 350 von ihnen können in den eleganten Innenräumen sitzen. Das Schiff ist 60 Meter lang und 11,20 Meter breit.

Nach rund 16.000 Betriebsstunden war es an der Zeit eine Remotorisierung durchzuführen. Zum Einbau kamen nun zwei Volvo Penta-Motoren des Typs D 13-550 MH mit einer Leistungseinstellung von jeweils 404 kW bei 1.900/min. Sie erfüllen die zurzeit gültige Abgasemissionsregelung der Stufe II für Binnenschiffe.

Bernhard Vogel: „Wenn mit Beginn des Jahres 2019 die neue, weiter verschärfte Abgasgesetzgebung in Kraft tritt, will ich vorbereitet sein. Mit der jetzt durchgeführten Remotorisierung habe ich Motoren die dem Stand der Technik entsprechen. Weiterhin habe ich Bestandsschutz für die nun eingebauten Motoren und erhalte die finanzielle Unterstützung aus dem Förderprogramm der Bundesregierung“.

 

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen für Antriebsmaschinen.