Nach einer mehrjährigen erfolgreichen Erprobung in der Elbmündung vor Brunsbüttel wurde Anfang April im Rahmen einer gemeinsamen Feierstunde der Lotsentender EXPLORER von der Explorer GmbH & Co. KG, einer Tochtergesellschaft der ABEKING & RASMUSSEN Schiffs- und Yachtwerft SE (A&R), an das Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur übergeben. Der SWASH@A&R-Tender EXPLORER ist eine Weiterentwicklung der seit 1999 in der Deutschen Bucht bewährten SWATH@A&R-Lotsenversetzboote.
A&R als Bauwerft vieler SWATH (Small Waterplane Area Twin Hull) Einheiten war von den Leistungsdaten des SWASH Konzepts (Small Waterplane Area Single Hull) als passgenaue Ergänzung für das Lotsversetzwesen vor Brunsbüttel so überzeugt, so dass sie – ungewöhnlich für eine Werft – auf eigene Kosten den SWASH-Tender gebaut und dem Nutzer zur Langzeit-Erprobung zur Verfügung gestellt hat. Das SWASH-Konzept ist die Weiterentwicklung eines Doppelrumpf-SWATH zum kleineren Einrumpfboot. Es ist einzigartig und wurde mit der EXPLORER erstmalig für die intensive gewerbliche Nutzung entwickelt.
Das SWATH sowie das SWASH-Konzept gewährleistet ein sicheres Übersteigen der Lotsen auch bei extremem Wetter. Darüber hinaus kann das von A&R neu entwickelte Fahrzeug durch seine senkrechte Bordwand sowohl seegehende Fahrzeuge als auch Fahrzeuge mit geringem Freibord bedienen. Die SWATH-Technik findet ihren Einsatz überall dort, wo eine äußerst stabile Plattform für den Einsatz bei nahezu jedem Wind und Wetter gefordert ist. Dazu gehören Lotsentender und -stationsschiffe aber auch hydrographische Messschiffe, Serviceschiffe für die Offshore Industrie, Patrouillenboote und Yachten.
SWATH-Lotsentender sind bereits in der ganzen Nordsee im Lotsenversetzeinsatz: so befinden sich in Deutschland drei an der Elbe, einer an der Weser und einer an der Ems im Einsatz, zwei weitere in den Niederlanden und drei in Belgien. Mit einer Länge über alles von 20,50m, einer Breite von 12,30m und einem Tiefgang von 3,10m erreicht das Boot eine maximale Geschwindigkeit von rund 20 kn. Dafür sorgt ein 900kW leistender MTU Antriebsmotor vom Typ 10V 2000 M72, sowie ein besonderer elektrischer Langsamfahrantrieb der Firma Siemens. Dieser ermöglicht im Stationsbetrieb einen geringen Kraftstoffverbrauch und somit eine dauerhaft verbesserte C02-Bilanz.
Vor der Übergabe an das BMVI erhielt die EXPLORER bei A&R, entsprechend der Erfahrungen der letzten Jahre die mit dem Versetztender im praktischen, täglichen Betrieb gemacht wurden, eine Modernisierung.
Überschüssige Diesel-Energie fließt in die Stromversorgung
Die EXPLORER bezieht seine Antriebskraft von einem dieselelektrischen Hybridantrieb von Siemens namens EcoProp, der in dem Auftriebskörper untergebracht wurde. Dieser hat einen Diesel- und einen Elektromodus, der für jedes Fahrprofil einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglicht: Wird das Schiff von seinem Dieselmotor angetrieben, fließt nicht genutzte Energie in einen Generator, um so das gesamte Schiff mit Strom zu versorgen. Gerade bei einem Schiff wie der Explorer ist diese Option interessant: Lotsenboote fahren nicht stetig mit derselben Geschwindigkeit, sondern passen ihr Tempo sehr oft an. Für Dieselmotoren ist dieses häufige Stop-and-Go eine hohe Belastung – und energiesparend ist es auch nicht. Mit EcoProp kann der Motor trotz wechselnder Geschwindigkeiten auf einem stetigen Niveau laufen. Überschüssige Energie geht dabei nicht verloren, sondern fließt in den Generator. Das führt zu einer höheren Lebensdauer des Motors und zu einem niedrigeren Kraftstoffverbrauch, einhergehend mit geringeren Emissionen. In die Karten spielt diesem verbesserten Energiehaushalt dabei auch die Bauweise des Schiffs: Es ist relativ leicht und liegt wegen seiner zwei seitlichen Ausleger selbst bei starkem Seegang stabil auf dem Wasser.
Elektromodus erreicht ein Drittel der Dieselgeschwindigkeit
Bei Bedarf kann der Elektromotor auch das ganze Schiff antreiben: Damit erreicht die EXPLORER immerhin noch ein Drittel ihrer sonstigen Höchstgeschwindigkeit von 17 Knoten. Damit erfüllt es auch die Sicherheitsbedingungen: Für Schiffe ist bei bestimmten Einsätzen ein redundanter Antrieb vorgeschrieben. Durch den mittig gelegenen Auftriebskörper mit seinem Antrieb hat ein SWASH-Boot jedoch nur einen Dieselmotor – die Rolle des Zweiten übernimmt bei der EXPLORER der Elektromotor. Für ihre wichtigste Aufgabe benötigt die EXPLORER allerdings weiterhin den Dieselantrieb: Die großen Containerschiffe sind auf der Elbe in der Regel mit mindestens acht Knoten unterwegs. Um dem Lotsen ein sicheres Umsteigen zu ermöglichen, muss das Lotsenboot eine Zeitlang stabil neben dem zu leitenden Schiff fahren – und dafür ist der Tender bei Elektroantrieb mit knapp sechs Knoten noch zu langsam.