Zugegeben: Reedereien haben es in diesen unruhigen Zeiten nicht leicht: Strenge Umweltvorschriften, die Digitalisierung und eine zunehmend ältere Flotte erfordern eigentlich mehr Investitionen. Doch deutsche Banken haben sich seit langem aus der Finanzierung der Schifffahrt weitgehend zurückgezogen. Auch im Ausland sei es nicht einfach, Finanzmittel zu mobilisieren, weil die Renditen zu gering seien, so heißt es in der Branche.
Solch ein Einknicken der Konjunkturerwartungen – wie gegenwärtig – gab es viele Jahre nicht mehr, stellt man in Kreisen von Schifffahrtsexperten fest. Als Gründe nennen die Reeder aber nicht nur den unsicher gewordenen Welthandel durch den gefährlich unruhestiftenden US-Präsident Donald Trump oder den Brexit. Die Schifffahrtsbranche ist sich einig, dass insbesondere der Rückzug der Banken als das größte Problem angesehen wird und nicht zu vergessen: Überkapazitäten und weltweit niedrige Raten sind haushohe Wellen, die zukünftig kein ruhiges Fahrwasser erwarten lassen.
Wer die Wahl hat….
Die strengen Umweltvorschriften, die seit Anfang 2020 geltenden reduzierten Schwefelanteile von 0,5 statt vorher 3,5 Prozent im Kraftstoff, zwingen die Reeder sich über den Gebrauch von alternativen Kraftstoffen Gedanken zu machen. Allerdings zieren sich Geldgeber die, zugegebenermaßen, erheblichen Umbaukosten bei dem Wechsel auf Erdgas.
Mehr und mehr Reeder ziehen Erdgas (Methan) als Schiffskraftstoff in Betracht. Mit Methan können die neuen IMO-Anforderungen für Schwefeloxide und NOx-Emissionen der Stufe III ohne den Einsatz von komplexen Abgaswäschern (Scrubber) und NOx-reduzierenden Katalysatoren erfüllt werden.
Ist Erdgas als Schiffskraftstoff umweltfreundlich?
Grundsätzlich ja, da bei seiner Verbrennung deutlich weniger CO2 entsteht, als bei der Verbrennung von MGO, MDO usw. – aber das gilt nicht ohne Einschränkungen! Zu berücksichtigen ist der Methanverlust /-schlupf, d.h. die unverbrannte CH4-Menge, die mit dem Abgas aus dem Motor austritt. Wie viel das ist, hängt erheblich von der Qualität des Motors, besonders von seinem Verbrennungsverfahren (2-Taktmotor im Vergleich zum 4-Taktmotor) im engeren Sinne ab und vom technischen Zustand des Motors. Wie auch immer, die austretende Menge des Methans ist relativ gering und schmälert seinen Vorteil gegenüber flüssigen Kraftstoffen nur um wenige Prozent.
Im Hinblick auf seinen globalen Erwärmungseffekt wird Erdgas – wissentlich oder nicht – die Fähigkeit zugeschrieben, die globale Erwärmung zu reduzieren, was schlicht und einfach falsch ist.
Es gibt bereits genug unbequeme Wahrheiten in den maritimen Vorschriften, aber diese hier ist die Wichtigste von allen: sie bezieht sich auf unser weiteres Überleben:
In der Regel besteht Erdgas zu 70 bis 98 % aus Methan (CH4), und ist ein um ein Vielfaches wirksameres Treibhausgas als CO2. Eine kürzlich durchgeführte Studie hat das globale Erwärmungspotenzial (GWP) von Methan – d.h. seine Fähigkeit, Wärme in der Atmosphäre einzufangen, verglichen mit der gleichen Masse CO2 (CO2-Äquivalent) – auf 86 über 20 Jahre und 28 bis 36 über 100 Jahre berechnet, nicht nur 25-mal wie vielfach zu lesen ist! Dieser Zeithorizont (100-Jahre) wurde zu Beginn verwendet, weil dies die Lebensdauer von CO2 in der Atmosphäre ist. Aber das ist irrelevant. Es sollte uns vielmehr interessieren, was Methan in der Atmosphäre anrichtet. Außerdem ist unser Problem der globalen Erwärmung viel dringender als die nächsten 100 Jahre.
Leider sind andere „alternative“ Kraftstoffe nicht viel besser.
95% unserer Wasserstoffgewinnung stammt derzeit aus Methan. Die Wasserelektrolyse erfordert große Energiemengen (55 kwh pro Kilo Wasserstoff), was zu 49 kg CO2-Emissionen für jedes produzierte Kilo H2 führt. Nur wenn diese Energie aus alternativen Quellen stammt, kann Wasserstoff als „sauber“ angesehen werden, aber noch ist die Industrie weit davon entfernt, über so viel „grüne“ Energiekapazität zu verfügen.
Und dann bitte nicht vergessen: Unlängst hat eine Wasserstoffexplosion in Norwegen gezeigt, dass sehr viel mehr auf sorgsame und penible Montage der Tankkomponenten geachtet werden muss. Kleinste Wasserstoffleckagen im System führen zu Unglücken.
Methanol kommt bislang aus Erdgas, wäre jedoch grundsätzlich klimaneutral herzustellen und in Ottomotoren wieder zu verbrennen. Ammoniak stammt überwiegend aus Wasserstoff und ist hochgiftig. LPG (Propan/Butan = Autogas) ist ein kleines (1-5%) Nebenprodukt der Erdölgewinnung oder der Rohölraffination – jedoch entsteht nicht annähernd genug, um die derzeitigen Kraftstoffe zu ersetzen. Biokraftstoffe? Sehr umstritten und auf jeden Fall nicht ausreichend um den immensen Bedarf für die Schifffahrt zu erfüllen.
Um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, brauchen wir neue Techniken (leistungsfähigere Akkumulatoren, synthetische Kraftstoffe usw.). Bis dahin haben unsere derzeitigen konventionellen Flüssigkraftstoffe von allen „Alternativen“ bei weitem den kleinsten Treibhausgas-Fußabdruck.