MAN und WinGD reduzieren Methanschlupf

Motorenhersteller reduzieren Methanschlupf
Motorenhersteller reduzieren Methanschlupf

„Wir haben gesehen, wie das Eis der Arktis stirbt. Im Sommer war es von der Wärme selbst direkt am Nordpol völlig aufgeschmolzen und erodiert. Wenn wir die Klimaerwärmung nicht sofort und massiv bekämpfen, wird das arktische Eis im Sommer bald verschwunden sein, mit unabsehbaren Folgen für Wetter und Klima auch bei uns. Im Winter ist die zentrale Arktis zwar auch heute noch eine faszinierende, tief gefrorene Landschaft, aber das Eis ist nur noch halb so dick wie vor 40 Jahren und unsere Temperaturen lagen im Winter fast durchgehend zehn Grad höher, als sie Fridtjof Nansen in seiner bahnbrechenden Arktisexpedition vor gut 125 Jahren erlebt hat,“ sagte Prof. Dr. Markus Rex, Expeditionsleiter und Leiter des MOSAiC-Projekts, Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, sichtlich bewegt nach der Rückkehr des Forschungseisbrechers POLARSTERN in Bremerhaven am 12.Oktober2020.

Das ist die Kernbotschaft der rund ein Jahr währenden Expedition in der Arktis. 

Der MAN B&W 11G90ME-GI-Hauptmotor leistet 68.640 kW
Der MAN B&W 11G90ME-GI-Hauptmotor leistet 68.640 kW

Die menschengemachten Treibhausgasemissionen (THG) müssen demnach so schnell wie möglich auf ein erträgliches Maß reduziert werden. Doch wer tut was dazu? Die Autoindustrie mit ihrer vermeintlichen Nullemission der elektrisch betriebenen Straßenfahrzeuge? Fehlanzeige – das ist mit Sicherheit keine nachhaltige THG-Reduzierung! Umweltverbände sowie der selbsternannte Autopapst Dudenhöffer polemisieren gegen den Verbrennungsmotor im Allgemeinen, anstatt sich mit beispielsweise kohlenstofffreien bzw kohlenstoffreduzierten Kraftstoffen auseinanderzusetzen.

Insofern ist es nur zu begrüßen, dass sich die großen Motorenhersteller MAN Energy Solutions und WIN GD – Winterthur Gas & Diesel, ihrer Verantwortung bewusst geworden sind und proaktiv Vorstöße für die Zukunft des Dieselantrieb vorgenommen hat. Die Unternehmen sind davon “…überzeugt, dass der Dieselmotor nicht zuletzt wegen seiner niedrigen CO2-Emissionen auch künftig ein fester Bestandteil im Antriebsmix sein wird”, und weiter: „Kohlenstofffreie Kraftstoffe sind zwingend erforderlich um die Emissionsgrenzwerte von 2050 einzuhalten“, so Rene Sejer Laursen, MAN Energy Solutions.

Methanschlupf – das nächste Konformitätsziel?

Komponenten am ME-GA-Motor
Komponenten am ME-GA-Motor

„Da die IMO eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um mindestens 50% im Vergleich zu den Werten von 2008 anstrebt, hat Methan eine wichtige Rolle als Brückenkraftstoff auf dem Weg in eine kohlenstoffneutrale Zukunft“, sagt David Jung, Business Development Manager bei Alfa Laval.

Immer mehr Schiffe verwenden Methan als Kraftstoff und viele Schiffseigner sind besorgt über das mögliche Auftreten von Vorschriften zur Einhaltung von Methanschlupf. Methan erzeugt bei der Verbrennung weniger CO2 als andere fossile Kraftstoffe, aber ein kleiner Prozentsatz des Methans kann durch den Motor entweichen (der Methanschlupf), ohne verbrannt zu werden. Methan hat ein höheres globales Erwärmungspotenzial als CO2, deswegen könnte selbst diese kleine Emissionsquelle bei der Erfüllung der ehrgeizigen Klimaziele der IMO in den Fokus geraten.

Wie reduzieren MAN und WinGD den Methanschlupf?

Mit oder ohne Vorschriften wird die iCER-Technik von WinGD, die ausschließlich 2-Taktmotoren produzieren, mit dem Alfa Laval PureCool-System die Schifffahrtsindustrie dabei unterstützen, sich durch Minimierung des Methanschlupfes stärker an den Klimazielen auszurichten.

PureCool und sein Beitrag zu iCER

Alfa Laval PureCool, part of WinGD's iCER technology on WinGD X-DF engines
Alfa Laval PureCool, part of WinGD’s iCER technology on WinGD X-DF engines

PureCool, das von Alfa Laval in enger Zusammenarbeit mit WinGD entwickelt wurde, ist ein Kaskaden-Abgaskühlsystem, welches das Herzstück des iCER-Konzepts bildet. iCER, (Intelligent Control by Exhaust Gas Recycling = Abgasrückführung) wird erstmals im X-DF2.0, der zweiten Generation der Dual-Fuel-Motortechnik von WinGD, angewendet. „Die iCER-Option ist eine eigenständige Installation neben dem Motor“, sagt David Jung, Business Development Manager bei Alfa Laval.“

„Etwa 50% der Abgase werden über eine Kühleinrichtung und einem Niederdruckpfad, bei voller Turboladerkapazität, wieder dem Verbrennungsprozess zugeführt. Dadurch wird der Methanschlupf minimiert, und das PureCool-System bietet die entscheidende Kühlfunktion, die dies möglich macht. Die Effektivität von iCER mit PureCool ist einfach bemerkenswert“, erklärt Jung begeistert. Versuche in der speziellen Motorprüfanlage von WinGD, die den letzten Schritt in einem zweijährigen Testprogramm darstellten, zeigen eine Reduzierung des Methanschlupfes um bis zu 50%.

Während der Schweizer Motorenbauer WinGD sich auf die Gemeinschaftsentwicklung (Alfa Laval und WinGD) von iCER mit PureCool konzentriert, führt eine, im Grund mit WinGD vergleichbare, Entwicklung der MAN ES zu ähnlichen Ergebnissen. Beide Unternehmen haben die Vorteile einer Adaption von Abgasrückführungssystemen (AGR) erkannt.

Übersicht Methanschlupf verschiedener Verbrennungssysteme
Übersicht Methanschlupf verschiedener Verbrennungssysteme

Im Gegensatz zu den Nachbehandlungsoptionen für Ottomotoren mit niedriger Drehzahl anderer Hersteller von Zweitaktmotoren hat sich MAN für ein Hochdruck-AGR-System bei ihrem zukünftigen ME-GA 2-Takt-Ottomotor, entschieden – mit dem Vorteil, dass das System in bestehende Maschinenraumkonstruktionen integriert werden kann.

„Wir können die AGR am Motor anbringen und der dabei begrenzte Einbauraum der Konstruktion im Vergleich zu LP (Low Pressure)-AGR-Lösungen bedeutet, dass keine Änderungen an bestehenden Maschinenraumkonstruktionen erforderlich sind“, erklärt Thomas S. Hansen, Leiter Zweitakt-Promotion & Customer Support bei MAN Energy Solutions

Unter Volllast hat der Motor den geringsten Methanschlupf
Unter Volllast hat der Motor den geringsten Methanschlupf

Etwa 30 bis 50 Prozent der Abgase aus dem Motor werden in die AGR abgeleitet, wo sie durch zwei hintereinandergeschaltete Kühleinheiten geführt wird, bevor sie heruntergekühlt wieder in den Verbrennungsraum eintritt

„Während die endgültige Reduktion der Methanemissionen (Methanschlupf) noch bestätigt werden muss, erwarten wir, dass sie „30 bis 50 Prozent“ beträgt, wobei die AGR-Version den spezifischen Gasverbrauch um etwa 3 Prozent und den spezifischen Kraftstoffverbrauch im Dieselbetrieb um 5 Prozent senken würde. Wichtig ist, dass die AGR-Version es dem ME-GA Motor ermöglicht die Tier-III-Anforderungen sowohl im Diesel- als auch im Gasbetrieb ohne zusätzliche Nachbehandlung zu erfüllen“, so Hansen.

Zusammenfassung: MAN ES und WinGD reduzieren nach eigenem Bekunden den Methanschlupf der wesentlich die Treibhausgasemission beeinflusst. Beide Unternehmen reden von „bis zu 50%“ Methanschlupfreduzierung! Allerdings fehlt bei diesen Aussagen ein entscheidender Faktor: Wie groß ist denn nach der Reduzierung tatsächlich der Methanschlupf, ausgedrückt in g/kWh oder einer anderen nachvollziehbaren Vergleichsgröße?

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen für Antriebsmaschinen.