kennen Sie die ‚Genau‘-Generation? Menschen aller Altersklassen, aus allen Berufen, manchmal auch Moderatoren von Funk und Fernsehen – sie alle füllen ihre Aussagen, Antworten zu allen passenden wie unpassenden Gelegenheiten mit dem Wort ‚Genau‘! Warum ist das so?
Der geschätzte Kollege Thomas Schmid (Journalist bei der „Welt“-Gruppe) schreibt dazu:
„Handelt es sich beim ‚Genau‘ um das heutige Äquivalent zum früher (und auch heute noch) verbreiteten ‚Äh‘, wie die FAZ kürzlich vermutet hat, die das Phänomen merkwürdigerweise für ein rein studentisches hielt?“ Und weiter meint er, das Wort ‚Genau‘ sei im Verlauf eines Gesprächs auch ein Ausdruck einer Art von Gesprächsverweigerung. Diese kommt geübt, freundlich und smart daher, ist aber eine als Stärke camouflierte Schwäche. Denn wer das Wort ständig in den Mund nimmt, vertraut sich selbst und seiner Argumentation nicht. Er braucht einen Verstärker, einen Leuchtturm, einen akustischen Wegweiser, der mit seiner Höhe das Gewicht des Gesagten bezeugen soll. Das notorische ‚Genau‘ ist auch ein im Grunde liebenswürdiger, verschämter Versuch, dieses beträchtliche Manko irgendwie zu überspielen. Schaut man denen, die dauernd ‚Genau‘ sagen, in die Augen, erkennt man oft, dass sie scheinbar zu sich selbst und dem Gesagten auf ironischer Distanz sind: gewissermaßen postmodern und spielerisch“.
Thomas Schmid vermutet jedoch, die Karriere des kleinen Wortes ‚Genau‘ könne auch ganz anders gelaufen sein, in dem es Teil „eines nie abbrechenden Prozesses der Umwertung der Worte“ sei.
Eine Umwertung der Worte erleben wir seit einiger Zeit auch in der Industrie, vielleicht ausgelöst von dem Verhalten, das Thomas Schmid beschreibt: Kürzel – in diesem Fall Wortmarken – werden gewollt oder ungewollt verwendet, als handele es sich um das betreffende Unternehmen. Hierzu zwei Beispiele.
Das erste bezieht sich auf das Wechselspiel zwischen dem Geschriebenen und dem Gemeinten bei Rolls-Royce Power Systems. Lesen Sie hierzu den Beitrag unseres Kollegen Hans-Jürgen Reuß – indem Sie dem Link folgen.
Und:
„MWM feiert großes Jubiläum – 150 Jahre Innovation und Fortschritt“. Wer feiert denn da? Sie lesen richtig, liebe Leserschaft: 150 Jahre MWM! Jeder Motoreninteressierte weiß aber, dass diese Meldung schlicht und historisch falsch ist. MWM, die Motoren-Werke Mannheim AG, wurde erst 1922 – also vor 99 Jahren – gegründet.
Und dann ist da noch die Sache mit den Begrifflichkeiten:
Kennen Sie den Unterschied zwischen einem Schiff mit „LNG-Antrieb“ und einem Schiffsantriebsmotor, der Methan als Kraftstoff nutzt? Richtig – einen „LNG-Antrieb“ gibt es nicht. Und doch lesen und hören Sie in nahezu jedem Medium, auch in sogenannten Fachzeitungen sowie Funk und Fernsehen, vom „LNG-Antrieb“. Unsere armen Kinder: sie werden schon frühzeitig mit Falschmeldungen gefüttert!
Können Sie, liebe Leserinnen und Leser, beschreiben was „erneuerbare Energien“ sind? Als aufmerksamer und kritischer Leser wird es Ihnen sicherlich nicht schwerfallen mir zuzustimmen, dass die Begrifflichkeit „erneuerbare Energien“, entschuldigen Sie bitte, „Blödsinn“ ist.
Sie wissen ganz genau, dass wir den „Satz von der Erhaltung der Energie“ im Kopf haben und es besser heißen müsste „dauerhafte oder nachhaltige Energie“.
Zum Rekapitulieren:
Eines der heiligsten Gesetze der Physik ist die Energieerhaltung. In einem abgeschlossenen System bleibt die Summe aller Energieformen stets konstant. Energie geht nie verloren und wird nie erzeugt. Energie wird stets nur umgewandelt – von einer Form in eine andere. Energie ist folglich nichts anderes als Arbeit. In der Tat sind alle Vorgänge in der belebten und unbelebten Welt Umwandlungsprozesse von Energie. Es gibt viele Erscheinungsformen von Energie: Bewegungsenergie, chemische Energie, elektrische Energie oder nukleare Energie, etc.
Energie kann also keineswegs „gewonnen“ oder „erzeugt“ werden; Energie kann physikalisch nur „umgewandelt“ werden.
In diesem Sinne: Bleiben Sie gesund und uns gewogen