„Wir sind eine aussterbende Spezies…“

Die abnehmende Attraktivität einer Karriere auf See, gepaart mit steigenden Besatzungszahlen und anhaltendem Flottenwachstum, wird bis zum Jahr 2026 zum größten Mangel an nautischen und technischen Offizieren für die Besatzungen der Welthandelsflotte seit über einem Jahrzehnt führen.

Dazu passt die vorstehende Aussage eines deutschen Kapitäns mit seinem ebenfalls deutschen Leitenden Ingenieurs auf einem Bulkcarrier unter ausländischer Flagge einer deutschen Reederei. (Anmerkg. der Redaktion: Übrigens die beiden einzigen deutschen Staatsbürger auf diesem Schiff!)

Dies hat erhebliche Auswirkungen auf Neueinstellungen und die künftige Inflation der Besatzungskosten, so der neueste Manning Annual Review and Forecast Report, der von der globalen Schifffahrtsberatung Drewry veröffentlicht wurde.

Das derzeitige Offiziersdefizit wird auf etwa 3 % des globalen Pools geschätzt, was im Großen und Ganzen überschaubar ist und sich nicht merklich auf die Personalbeschaffung auswirkt, aber bis zu einem gewissen Grad wegen der vorübergehenden Stilllegung von Schiffen in bestimmten Sektoren, wie z. B. der Kreuzfahrt, aufgrund der Covid-19-Pandemie überdeckt wird. Das Angebot an Ratings ist aufgrund der niedrigeren Zugangsvoraussetzungen und der fragwürdigen kurzen Ausbildungszeiten wesentlich elastischer.

Mit Blick auf das Jahr 2026 wird jedoch erwartet, dass sich die Angebots-/Nachfragelücke auf ein Defizit von über 5 % des weltweiten Offizierspools und denjenigen die aufgrund der Covide-19-Pandemie hervorgerufen werden, könnten einige Seeleute ihre Ruhestandspläne vorziehen, während andere nach Arbeit an Land suchen“, sagte Rhett Harris, Leiter der Besatzungsforschung bei Drewry. „Es ist schon seit einigen Jahren der Fall, dass es schwierig ist, qualitativ gute Offiziere zu rekrutieren und zu halten. Es wird erwartet, dass sich diese Situation noch verschlimmern wird, da das Wachstum des Angebots nicht mit der wachsenden Weltflotte Schritt halten kann.“

Trotz dieser Trends wird erwartet, dass die zugrundeliegenden aggregierten Personalkosten, ohne die Auswirkungen von Covid-19, nach Schätzungen von Drewry im Jahr 2021 moderat ansteigen werden, und zwar nur um 0,4 % über das Jahr, ein ähnliches Tempo wie im letzten Jahr. Auf längere Sicht werden die sich verschärfenden Arbeitsmarktbedingungen und die bessere Erschwinglichkeit die Crewing-Kosten in die Höhe treiben, aber der Anstieg wird unter der vorherrschenden Verbraucherpreisinflation bleiben.

„Während sich das Rating-Angebot verlangsamt hat, ist die Verfügbarkeit relativ elastisch und das Lohnniveau wird weiterhin von Tarifverhandlungen bestimmt“, erklärt Harris. „Im Gegensatz dazu ist die Vergütung von Offizieren eher marktgesteuert, aber der zunehmende Mangel an Offizieren wird sich voraussichtlich zunehmend auf die Qualität als auf die Quantität auswirken, die für den Dienst zur Verfügung steht. Drewry erwartet daher, dass Arbeitgeber, die derzeit niedrige Löhne zahlen, stärker von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie betroffen sein werden, da unzufriedene Seeleute zu besser bezahlten Reedern oder anderen Aufgaben an Land gelockt werden.“

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen für Antriebsmaschinen.