Wasserstoffmotor
Wasserstoffmotor. © Rolls-Royce mtu

Rolls-Royce verkündete kürzlich die erfolgreichen Tests einer 12-Zylinder-Gasvariante des mtu-Motors der Baureihe 4000 L64, die mit 100% Wasserstoff betrieben wurden. Die Tests, die vom Geschäftsbereich Power Systems durchgeführt wurden, zeigten sehr gute Eigenschaften in Bezug auf Wirkungsgrad, Leistung, Emissionen und Verbrennung. Diese Tests sind ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur kommerziellen Einführung von Wasserstofflösungen, um die Nachfrage der Kunden nach nachhaltiger Energieversorgung zu befriedigen.

Tobias Ostermaier, President – Stationary Power Solutions, Rolls-Royce Geschäftsbereich Power Systems, erklärt: “Dieser Motor wird die Marktnachfrage nach Wasserstofflösungen in der Energiewende bedienen und unseren Kunden als zuverlässiger und sauberer Antrieb für Stromaggregate und Blockheizkraftwerke zur Verfügung stehen.”

Die ersten Installationen von mtu-Motoren, die mit 100 Prozent Wasserstoff betrieben werden, sind bereits für das Leuchtturmprojekt enerPort II im deutschen Binnenhafen Duisburg geplant, als Teil der Entwicklung einer klimaneutralen Energieversorgung für ein neues Containerterminal.

Dr Jörg Stratmann, CEO – Rolls-Royce Power Systems, sagt: “Wir sehen Wasserstoff als eines der zentralen Elemente der Energiewende. Er kann sowohl zur Speicherung von überschüssiger Energie als auch als Kraftstoff für Motoren, Brennstoffzellen und Blockheizkraftwerke zur klimaneutralen Strom- und Wärmeerzeugung genutzt werden.”

In Zeiten geringer Nachfrage und hoher alternativer Energieerzeugung aus Wind- oder Sonnenenergie kann die überschüssige Energie beispielsweise durch einen Elektrolyseur geleitet werden, um Wasser in Wasserstoff umzuwandeln, der später als Kraftstoff für eine Vielzahl von Anwendungen genutzt werden kann.

Schnelle Fortschritte bei Wirkungsgrad, Leistung und sauberer Verbrennung

Wasserstoffmotor
Wasserstoffmotor. © Rolls-Royce mtu

Seit einigen Monaten wird der mtu Otto-Gasmotor auf dem Prüfstand getestet und hinsichtlich Wirkungsgrad, Leistung, Emissionen und Verbrennung mit 100 Prozent Wasserstoff als Kraftstoff kontinuierlich verbessert. Mit grünem Wasserstoff können diese mtu-Motoren in Zukunft CO2-neutral betrieben werden. Für bereits installierte Gasmotoren bietet Rolls-Royce eine Umrüstlösung an. Andrea Prospero, Ingenieur bei Rolls-Royce und verantwortlich für die Entwicklung des Wasserstoffmotors, sagt: “Wir sind sehr zufrieden mit den schnellen Fortschritten. Die sehr niedrigen Motor-Emissionen liegen weit unter den strengen EU-Grenzwerten, eine Abgasnachbehandlung ist nicht erforderlich.”

Aufgrund des gegenüber Erdgas anderen Verbrennungsverhaltens von Wasserstoff, wurden einige Motorkomponenten, wie die Kraftstoffeinblasung, die Aufladung, das Kolbendesign und die Steuerung angepasst. Durch die Verwendung von bewährten Techniken eigener Schlüsselkompetenzen, wie mtu-Turbolader, Einblaseventile sowie die Motorelektronik und -steuerung konnte die Entwicklung dabei schnell und effizient vorangebracht werden.

2024 sollen erste mtu-Wasserstoffmotoren ausgeliefert werden

Die Herausforderungen gilt es jetzt in den kommenden Monaten zu lösen. Denn schon in einem Jahr sollen im Januar 2024 die ersten zwei mit Wasserstoff betriebenen mtu-Motoren ausgeliefert werden. In Blockheizkraftwerken sollen sie am Duisburger Binnenhafen Duisport im Rahmen des Projekts enerPort im ersten CO2-neutralen Containerterminal Deutschlands klimaneutral Strom und Wärme erzeugen. „enerPort ist noch ein Forschungsprojekt, im Jahr 2026 wird es dann ernst“, sagt Hoff. Dann sollen die Motoren serienreif und für alle Kunden verfügbar sein. Und das mit beeindruckenden Leistungsdaten:  

Der Zwölfzylinder-Motor soll knapp ein Megawatt Leistung haben (zum Vergleich: die Dieselvariante kann max 2,1 MW liefern).

Dass er das kann, hat der Motor schon auf dem Prüfstand bewiesen.

Grundlage für die neuen „Wasserstoffmotoren“ sind die bewährten, stationären mtu-Otto-Gasmotoren. Diese bekommen neue Teile:

  • Die Turbolader werden durch neue, von Rolls-Royce entwickelten Lader ersetzt. Diese sind größer als bei den Otto-Gasmotoren, da sie wesentlich mehr Luft verdichten müssen.  
  • Die Zylinder haben ein neues, an Wasserstoff angepasstes Design. Der Grund ist das niedrigere Verdichtungsverhältnis in den Zylindern, das wegen der höheren Zündwilligkeit von Wasserstoff notwendig ist.  
  • Einspritzsystem: Anders als beim Otto-Gasmotor wird der Wasserstoff erst kurz vor dem Zylinder der Ladeluft zugeführt. Denn befände sich der Wasserstoff schon im Ladeluftrohr, wäre die Gefahr unkontrollierter Verbrennungen zu groß, da der Kraftstoff zu schnell zündet.    
  • Um die komplexe Wasserstoffverbrennung zu regeln, hat der Motor eine neue Steuerung bekommen. Diese liest beispielsweise auch Drucksensoren in den Zylindern aus, die beim stationären Gasmotor nicht notwendig sind.

Erster Einsatz für CO2-neutrale Energieversorgung bei Duisport

Duisport, einer der größten Binnenhäfen der Welt, baut zusammen mit mehreren Partnern für sein neues Terminal ein auf Wasserstoff basierendes Versorgungsnetz auf, das im Laufe des Jahres 2024 in Betrieb genommen werden soll. Die im Hafen selbst benötigte elektrische Energie wird künftig zum Großteil direkt vor Ort CO2-neutral aus Wasserstoff erzeugt. Dafür sorgen zwei Blockheizkraftwerke mit mtu-„Wasserstoffmotoren“ der Baureihe 4000 (installierte Leistung insgesamt 2 Megawatt) sowie drei mtu-Brennstoffzellensysteme (installierte Leistung insgesamt 1,5 Megawatt).

Im Rahmen seines Nachhaltigkeitsprogramms richtet Rolls-Royce das Produktportfolio seines Geschäftsbereichs Power Systems auf nachhaltige Kraftstoffe und neue Technologien aus, die den Ausstoß von Treibhausgasen weiter reduzieren können.

Umrüst-Kit für bestehende Otto-Gasmotoren

Doch Andrea Prospero, Rudi Hoff und ihre Kollegen arbeiten nicht nur an einem neuen Wasserstoff-Verbrennungsmotor. Sie entwickeln parallel auch ein Umrüst-Kit für bereits bestehende mtu-Gasmotoren. „Kunden haben so die Möglichkeit, beispielsweise im Rahmen einer Grundüberholung ihrer Motoren aus einem Otto-Gasmotor einen „Wasserstoffmotor“ zu machen“, verrät Hoff.  

Denn noch sind Wasserstoffmotoren für die Stromversorgung nicht gefragt, da sie sich kaum rechnen. Zum einen ist grüner, mit Energie aus alternativen Quellen erzeugter Wasserstoff, schwer zu bekommen. Zum anderen ist er noch viel zu teuer. Doch das wird nicht so bleiben. Auf der ganzen Welt sind Wasserstoff-Projekte im Kommen und es ist davon auszugehen, dass der Kraftstoff bald nicht nur verfügbar, sondern auch wirtschaftlich sein wird.       

„Wenn das so weit ist, können Kunden ihre bestehenden Gasmotoren mit dem Umrüstkit zu Wasserstoffmotoren umbauen – oder heute einen Gasmotor kaufen, in der Gewissheit, ihn später zum Wasserstoffmotor umbauen zu können“, so Hoff.  

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen für Antriebsmaschinen.