Cruisetricks Märchenstunde

Journalisten für Schifffahrt und Schiffbau sind Fachjournalisten die sich einem ganz spezifischen Segment verschrieben haben. Ein sehr hohes Maß an Sachkenntnis ist erforderlich um hier eine qualitativ anspruchsvolle Berichterstattung realisieren zu können, die vor allem auf die sachliche Information von Leserschaft und Öffentlichkeit gerichtet ist. Wir stellen jedoch fest, dass die veröffentlichten Berichterstattungen in den wenigen deutschen schifffahrtsbezogenen Fachmedien sehr zu wünschen übriglassen.

Insbesondere dann, wenn der Redakteur von z.B. cruisetricks in einem Statement von sich selbst u.a. behauptet: „Fakten abzusichern, Hintergründe zu recherchieren, Vorurteile zu widerlegen und die vielen kleinen Details aktuell zu halten macht sehr viel Arbeit, die nach außen kaum sichtbar ist“ 

Leider stellen wir fest, dass nur wenige maritime Fachzeitschriften wirkliche Fachleute in ihren Redaktionen sitzen haben. Wenn Chefredakteure aus den Bereichen der Flugzeugindustrie bzw Tages- / Boulevardpresse rekrutiert werden, braucht man sich über oberflächlich recherchierte bzw vorgefertigte Presseberichte aus der maritimen Wirtschaft nicht zu wundern. Die veröffentlichten Beiträge beinhalten dann sehr häufig keine eigenen, sachlich fundierten Aussagen. Vielfach sind sie eine Häufung von Sprechblasen, die den zugesendeten Presseinformationen entnommen worden sind.

Im Fall von cruisetricks kann festgestellt werden, dass die Redaktion ganz offensichtlich ein großes Verständnisproblem mit dem Kraftstoff Erdgas / Methan hat! Kaum eine Berichterstattung, in der nachvollziehbare Fakten zu dem Kraftstoff Erdgas / Methan veröffentlicht werden.

Da heißt es beispielsweise: „Die 2014 in Dienst gestellte Bergensfjord ist ebenso wie die Stavangerfjord (2013) mit Maschinen ausgestattet, die ausschließlich mit LNG angetrieben werden können“. Wie kann man Maschinen mit LNG antreiben?

An anderer Stelle heißt es: „Das Schiff (die MSC World Europa) verfügt über Dual-Fuel-Motoren, die sowohl mit LNG als Marinegasoil (MGO) betrieben werden können“. Wie das wohl geht?

Dem sprachlichen Kauderwelsch auf diesen Seiten sind ganz offensichtlich keine Grenzen gesetzt.

„Die Disney Wish ist das erste der nun fünf Schiffen der Disney-Flotte mit dem relativ umweltfreundlichen Flüssiggas LNG als Treibstoff“. Was will uns der Autor mit dieser Bemerkung kundtun? Weiß der Autor nicht das Flüssiggas „Autogas“ (besteht hauptsächlich aus Propan und Butan) ist und mit Flüssigerdgas nichts zu tun hat?

Die nächsten Passagen sind schwer zu verstehen:

„Alle Kreuzfahrtschiffe, die in den vergangenen Jahren für den Betrieb mit LNG gebaut wurden – wie auch die AIDAnova und AIDAcosma von AIDA Cruises – sind mit sogenannten Dual-Fuel-Motoren ausgestattet. Diese Maschinen können sowohl mit MGO als auch mit LNG betrieben werden. Die Dual-Fuel-Motoren ermöglichen es den Reedereien jetzt angesichts der gestiegenen Treibstoffkosten und der deutlichen Verschiebung im Preisverhältnis zwischen Marinediesel und LNG, vorübergehend auf den wirtschaftlicheren Treibstoff zu wechseln. Ideal ist das allerdings auch für die Schiffe nicht, denn die Tanks für MGO sind an Bord deutlich kleiner als die für das eigentlich als Haupttreibstoff vorgesehene LNG“.

Hier wirft der Autor gleich mehrere Begriffe in einen Topf, und verwirrt damit den Leser, der auf eine faktenbasierte Info gewartet hatte.

Die folgende Aussage kann man schon als, mit Verlaub, „Blödsinn“ abtun: „Grünes Methanol, also Bio- oder E-Methanol, das aus erneuerbarer Energie erzeugt wird, gilt als klimafreundlicher Kraftstoff und macht den Schiffsantrieb nahezu CO2-neutral“. Allerdings muss ich zugeben mit der Aussage „erneuerbare Energien“ ist der Autor nicht allein – sogar unser Bundeswirtschaftsminister und weitestgehend fast alle Medien nutzen diesen „Quatsch“! Energie kann nicht erneuert werden – sie wird nur UMGEWANDELT!

Cruisetricks-Statement / Kauderwelsch: „Bei den aktuell auf großen Kreuzfahrtschiffen eingesetzten Dual-Fuel-Maschinen wird ein sehr geringer Anteil MGO beigemischt werden muss, circa zwei Prozent. Das ist für die Zündung des Treibstoffs in der Dieselmaschine notwendig. Maschinen für Betrieb mit 100 Prozent LNG kommen beispielsweise bei Havila Kystruten zum Einsatz“.

Hier stellt sich die Frage: Wie werden die „gezündet“. Auch hier fehlt die von cruisetricks vielfach angesprochene gründliche Recherche.

Zur Info (die Redaktion):

Redet man zum Beispiel von einem Kraftstoff so wird hier, entsprechend seiner Definition, ein Stoff bezeichnet, der zur direkten Verbrennung in einer Verbrennungskraftmaschine genutzt wird. Und so sei die Frage erlaubt: Verbrennt ein Gas- bzw Dual-Fuelmotor Erdgas oder LNG (Liquefied Natural Gas = verflüssigtes Erdgas)?

Flüssiggas und verflüssigtes Erdgas – ein großer Unterschied.

Flüssiggas, das so genannte LPG (Liquefied Petroleum Gas, oder auch Autogas genannt), entsteht, wenn Propan oder Butan unter Druck gesetzt werden.

Verflüssigtes Erdgas (LNG)

Erdgas besteht zu etwa 85 bis 95 Prozent aus Methan. Nach der Reinigung wird Erdgas auf minus 162 Grad Celsius heruntergekühlt. Ab dieser Temperatur verändert Methan seinen gasförmigen Zustand: es wird flüssig – jetzt spricht man von verflüssigtem Erdgas/Methan oder LNG (Liquefied Natural Gas).
Der Effekt der Verflüssigung: Erdgas verkleinert sich auf ein Sechshundertstel seines Volumens. So schrumpfen 600 Kubikmeter Gas auf einen Kubikmeter LNG.Oder: Ein Kubikmeter Erdgas in gasförmigem Zustand passt verflüssigt in eine 1,5 Liter-Thermosflasche.

Aber: Vor dem Gebrauch, also beim Eintritt in die Gasregelstrecke und dem Gasmischer am Motor, wird das verflüssigte Erdgas auf etwa plus 33 Grad Celsius erwärmt und damit wieder in den gasförmigen Zustand gebracht. Erst jetzt kann es vom Verbrennungsmotor in Leistung bzw Drehmoment umgesetzt werden.

Und dann ist da noch die Sache mit dem vermeintlichen „Hybrid-Antrieb“

Cruisetricks: „Für die Postschiffroute rüstet Hurtigruten die Schiffe bis 2023 aufwendig um, auch weil das eine Anforderung des norwegischen Staats für die Lizenz auf der Route ist, die Hurtigruten sich künftig mit dem Konkurrenten Havila teilt. Die Schiffe bekommen einem Batterie-Hybridantrieb und emissionsarmen Motoren sowie SCR-Katalysatoren. Über Landstrom-Anschluss verfügen sie ohnehin schon.

Im Expeditionsbereich sind mit den beiden Neubauten Roald Amundsen und Fridtjof Nansen bereits zwei Schiffe mit Batterie-Hybrid-Antrieb in Dienst. Die Richard With, Nordlys und Kong Harald rüstet Hurtigruten auf Batterie-Hybridantrieb mit einem 1.120-kWh-Lithium-Ionen-Speicher um (Falsch – es sind in Summe 2,24 MW), wobei neue, emissionsarme Motoren und große Batteriepakete installiert werden sollen“.

Diese cruisetricks Veröffentlichungen strotzen von äußerst schlechter Recherche!

Hier noch einmal die Fakten: Die ROALD AMUNDSEN und das Schwesterschiff FRIDTJOF NANSEN haben bzw. erhalten keinen Hybridantrieb, sondern sind bzw. werden mit einer ganz konventionellen diesel-elektrischen Antriebsanlage ausgestattet. Darüber hinaus kann die in Akkumulatoren gespeicherte elektrische Energie für emissionsfreie Fahrt in sensiblen Gebieten genutzt werden. Daraus ergibt sich jedoch kein hybrides System, da der Antrieb allein elektrisch erfolgt und die gespeicherte Energie von den Dieselmotoren geliefert wurde, folglich auch keine unabhängige, andersartige Energiequelle vorhanden ist. In den Dokumenten der Klassifikationsgesellschaft DNV GL ist zur ROALD AMUNDSEN unter „Machinery“ zu lesen:

„Main propulsion principle: Conventional propulsion – electric“.

Alle vier Dieselmotoren werden als „Main generator engine“ bezeichnet. Damit wird zweifelsfrei belegt, dass die Schiffe keine hybride Antriebsanlage erhalten haben.

Die RICHARD WITH ist das 1. Schiff welches 2022 umfangreich modernisiert wurde. „Nach wie vor stehen zusätzlich zu den Hauptmaschinen zwei Bergen Engines Aggregate vom Typ KRG-8 zur Verfügung, die ihre Leistung ebenfalls an die Wellengeneratoren abgeben können. Mit dieser Anordnung kann das Schiff auch ohne den Einsatz der Hauptmaschinen angetrieben werden“, erklärt der Ltd. Ingenieur Bjarte BØrrensen.

Und das ist der Grund warum die RICHARD WITH seit ihrer Inbetriebsetzung (Nov. 1993) ein echtes Hybrid-Schiff ist – aber nicht aufgrund von zwei Akkupacks mit einer Gesamtleistung von 2,24 MW die während der jetzigen Werftzeit eingebaut wurden. Diese Akkuleistung wird hauptsächlich für das Peak-Shaving genutzt. Es ist aber auch möglich, das Schiff mit reduzierter Geschwindigkeit eine emissionsfreie Fahrt in sensiblen geographischen Bereichen mit diesen Akkupacks zeitlich (ca 30 min) begrenzt zu fahren.

Auch in diesem Fall kann nicht von einer „Hybridlösung“ gesprochen werden: Mit „hybrid“ hat das absolut nichts zu tun, denn die elektrische Leistung, die aus den Akkus gezogen werden kann, stammt von den Bordaggregaten oder von einer Landstromanlage.

In den Dokumenten der Klassifikationsgesellschaft DNV GL ist zur RICHARD WITH unter „Machinery“ zu lesen:

„Main propulsion principle: conventional propulsion – combustion engine“

Nichts von Hybrid-Schiff, Hybrid-Antrieb oder sonstigen Hybrid-Begrifflichkeiten.

Fazit: Obwohl mehrfach anders veröffentlicht führt cruisetricks eine sehr oberflächige bzw. nachlässige, wenn überhaupt, Recherche durch. Dem Leser wird geraten die cruisetricks-Aussagen mit einem hohen Maß an Skepsis gegenüber zu treten und nicht alles für „bare Münze“ zu nehmen.

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen für Antriebsmaschinen.