Aktualisierung zu Forschungsschiff UTHÖRN
Während der Bauphase 2021/2022 haben wir bereits das neue AWI Forschungsschiff UTHÖRN beschrieben (https://veus-shipping.com/2021/06/co2-neutral-auf-der-nordsee/). Am 1. November 2022 erfolgte nun die Taufe des Schiffes mit gleichzeitiger Begehung.
Dabei konnte der interessierte Besucher sehen wozu Marketing heutzutage in der Lage ist: Da wird aus einem zu zig-tausenden gebauten, ganz gewöhnlichem „diesel-elektrischen“ Antrieb plötzlich ein innovativer „methanol-elektrischer“ Antrieb. Und nicht nur das: Aus einer Propulsionsanlage mit Dieselmotor als Antrieb wird plötzlich eine UTHÖRN mit einem „Methanol-Antrieb“! Das „LNG-Schiff mit LNG-Antrieb“ lässt grüßen! Wie das wohl geht? Was will uns der Erfinder dieser Wortwahl wohl damit sagen? Ist es Unwissenheit oder will man mit aller Macht Aufmerksamkeit erregen? Oder scheut sich Marketing das Wort „diesel…“ zu verwenden, da man der Meinung ist, dass mit der Bezeichnung „diesel-elektrisch“ der Kraftstoff gemeint ist?
Das Marketing verwechselt ganz offensichtlich den Energieträger – das Methanol – mit dem Energiewandler – dem Dieselmotor. Die UTHÖRN ist mit Dieselmotoren ausgerüstet, hat folglich auch einen diesel-elektrischen Antrieb, aber ihre Motoren verbrennen nun einmal kein „Diesel“ sondern Methanol. Das ändert absolut nichts an der Technik ihrer Motoren.
Bei diesem Thema sind mal wieder die Verbände gefragt, die sich früher stark um die Terminologie ihrer Fachbereiche kümmerten. Wo sind die seinerzeit erfolgreich arbeitenden Terminologie-Ausschüsse der Fachbereiche des VDMA? Wo ist das Interesse des VDI geblieben, auch mit seiner Wochenzeitung die Sprache der Ingenieure zu pflegen, die heute teilweise nur noch Denglisch sprechen. Zählt nur noch die Höhe der Auflage und der Verkauf am Kiosk, wie zu hören war?
Zurück zur UTHÖRN. Sehen wir uns den Aufbau der Aggregate einmal an: Für den Antrieb der beiden Stromerzeugungsaggregate kommen modifizierte Schiffsmotoren des Typs DI 16‑076 M von Scania, die unverändert nach dem Dieselverfahren mit (Selbstzündung) arbeiten, zum Einsatz. Bei den Basismotoren handelt es sich um Achtzylinder-V-Motoren mit einem Hubraum von 16,4 Liter. Die Einspritzung des Kraftstoffs erfolgt mittels eines optimierten Common-Rail-Systems. Die Abgas-Emissionen entsprechen IMO Stufe 3. Der beste Wirkungsgrad wird mit 45 Prozent bei einer Drehzahl von 1.400/min angegeben. Als Hauptantrieb können diese Motoren, wenn sie mit MDO betrieben werden, eine maximale Leistung von 662 kW bei einer Drehzahl von 2.300/min abgeben. Ihre maximale Leistung, ebenfalls beim Betrieb mit MDO, liegt bei der Synchrondrehzahl von 1.500/min bei 509 kW.
Um es abschließend klar und deutlich zu sagen: Die beiden Stromerzeugungsaggregate auf der UTHÖRN sind Dieselmotoren, die aber mit Methylalkohol (Methanol) betrieben werden.
Um die UTHÖRN CO2-neutral zu fahren, verhandelt die Reederei Laeisz, die das Schiff im Auftrag des AWI betreibt, einen Liefervertrag für grünes Methanol direkt ab Pier in Bremerhaven. Damit könnte die Seestadt neben derzeit noch wenigen anderen Hafenstandorten nachhaltiges Methanol als Treibstoff für die Seeschifffahrt anbieten. Doch soweit ist es noch nicht: Die nächste Zeit wird das Schiff noch mit normalem Methanol betrieben.
Hauptdaten UTHÖRN | |
Werft | Fr. Fassmer GmbH & Co., Berne |
Typ | Forschungsschiff |
Baujahr | 2021/22 |
Eigner | Alfred-Wegener-Institut |
Länge ü.a. | 35,7 m |
Breite ü.a. | 9,20 m |
Seitenhöhe | 3,65 m |
Freibordtiefgang | 2,20 m |
Tonnage | BRZ 399 |
Hauptantrieb | Diesel-elektrisch mit 2x 200 kW Fahrmotoren |
Bordaggregatantrieb | 2x ScandiNAOS 16L je 300 kW |
Notstromaggregatantrieb | Volvo Penta D5A mit 87 kW |
Manövrierhilfe | Bugstrahler mit 83 kW |
Geschwindigkeit max. | 10,5 kn |
Kraftstoffvorrat | 2x 24 m3 Methanol MD 95/97 |
Besatzung | 5 Personen |
Wissenschaftler | 4 Personen |
Klassifizierung | DNV |
Flagge | Deutschland |
Heimathafen | Helgoland |