Komfortables Reisen auf „grünen“ Kreuzfahrtfähren

Die vier neuen und baugleichen modernen HAVILA-Schiffe tragen die Namen HAVILA CAPELLA, HAVILA CASTOR, HAVILA POLARIS und HAVILA POLLUX – benannt nach bekannten Sternen

Das 2022 gebaute Küstenkreuzfahrtschiff HAVILA CASTOR ist die zweite Kreuzfahrtfähre, die von der norwegischen Reederei HAVILA Voyages (hundertprozentige Tochtergesellschaft von HAVILA KYSTRUTEN) betrieben wird. Die Reederei ist HK Ship V AS (ebenfalls eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Havila Kystruten). Das Schiff repräsentiert eine neue Generation fortschrittlicher und umweltfreundlicher Kreuzfahrtfähren mit hervorragenden Passagiereinrichtungen.

Das Schiff ist so konstruiert, dass es den Passagieren auch bei rauen Wetterbedingungen an der norwegischen Küste ein angenehmes Reiseerlebnis bietet. Ein modernes und flexibles Innendesign bietet Platz für 640 Passagiere. Insgesamt 179 Kabinen auf mehreren Decks verteilt bieten eine erstklassige Unterbringung, und das Unterhaltungsangebot beinhaltet u.a. Restaurants, Geschäfte sowie Fitnesseinrichtungen.Die HAVILA CASTOR ist eines der umweltfreundlichsten Passagierschiffe im norwegischen Küstenbetrieb welches mit reinem Erdgas/Methan betrieben wird, wodurch die SOX-Emissionen vollständig eliminiert und die CO2-Emissionen um 25 Prozent, die NOX-Emissionen um 92 Prozent und die Partikelemissionen um 98 Prozent reduziert werden können, verglichen mit Schiffen, die mit herkömmlichem fossilen Kraftstoffen betrieben werden.

Überschüssige Wärme aus den Wasser-, See- und Energiemanagementsystemen des Schiffes wird durch das Ulmatec Pyro Waste Energy Management System zurückgewonnen und wiederverwendet. Nach Aussagen der Reederei werden beispielsweise von 1.000 kW Kraftstoffenergie, die an einen Generator geliefert wird, normalerweise nur etwa 350 kW für die Umsetzung in Drehmoment verwendet. Mindestens 600 kW der umgewandelten Energie gehen durch Abgas und Kühlwasser verloren. Mit anderen Worten: Nur rund 35 Prozent der im Kraftstoff enthaltenen Energie werden effizient genutzt. Das Ulmatec Pyro Waste Energy Management System nutzt diese nicht genutzte Energie für andere Anwendungen wie Schiffsheizung und Warmwasser.

Das Schiff mit einer Länge von 123 Metern und einer Breite von 22 Metern erreicht eine Dienstgeschwindigkeit von 15,5 Knoten (max 16,8 kn).

Norwegen ist Wegbereiter

Norwegen ist Vorreiter beim Bau und Betrieb von Schiffen mit erdgasbetriebenen Verbrennungsmotoren. Derzeit sind rund 40 RoPax-Fähren und Offshore-Versorgungsschiffe erfolgreich im Einsatz, die ausschlielich mit Erdgas betrieben werden, aber nur wenige sind so groß wie die 123 Meter lange HAVILA CASTOR. Daher ist die Zulieferindustrie dieser Herausforderung gefolgt und verfügt über entsprechende Schiffsmotoren, sowohl für den Hauptantrieb als auch für das elektrische Bordnetz. Die norwegischen Klassifikationsgesellschaften, Det Norske Veritas und andere, haben bereits seit vielen Jahren die notwendigen Bauvorschriften erstellt. Dabei können die Gesellschaften auf umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen aus dem Betrieb von gasbetriebenen Schiffen in den letzten mehr als 10 Jahren zurückgreifen. Folglich wurde die neuen HAVILA-Fähre unter der Aufsicht des DNV gebaut und mit folgendem Klassenvermerk versehen:

+1A Passenger ship BIS Battery(Power) BWM(T) Clean(Design) COMF(C-2, V-2) E0 Gas fuelled NAUT(AW) Recyclable. Das Schiff (IMO-Nummer 9865582) fährt unter norwegischer Flagge (MMSI 257752000) und ist in Bergen registriert.

Gas-Elektro Kreuzfahrtfähre HAVILA CASTOR

Die in der Türkei angesiedelte Schiffbauwerft TERSAN in Yalova hat die beiden HAVILA-Schiffe HAVILA CAPELLA und HAVILA CASTOR an ihren Eigner Reederei HAVILA Voyages mit Sitz in Fosnavag, Norwegen, geliefert. Die Besonderheit ist der reine Betrieb mit Erdgas / Methan als Kraftstoff. Wichtigstes Kriterium für die Wahl von Erdgas, das aus zwei Cryo-LNG-Tanks mit je 185 m3 Inhalt gespeist wird, ist der Umweltschutz.

  • HAVILA CASTOR Oberdeck
    HAVILA CASTOR Oberdeck. © Pospiech
  • Kapitän Eivind Lande
    Kapitän Eivind Lande geht geduldig auf die Fragen seiner Brückenbesucher ein. © Pospiech
  • Presidential Suite auf Deck 8
    Presidential Suite auf Deck 8. © Pospiech
  • Blick in den Maschinenraum mit 4 Bergen Engines Gasmotoren.
    Blick in den Maschinenraum mit 4 Bergen Engines Gasmotoren. © husare gmbh
  • Der Akku-Raum beinhaltet 54 Akku-Pakete von Corvus.
    Der Akku-Raum beinhaltet 54 Akku-Pakete von Corvus. © husare gmbh

Das verflüssigte Gas (LNG) wird von jedem Tank durch eine Cold Box geleitet, wo es wieder in Gas umgewandelt wird, das dann durch eine Gasreduziereinheit fließt, um exakte Temperatur- und Druckbedingungen zu erreichen, bevor es in den Motoren in Drehmoment umgewandelt wird.

Ein weiterer Grund ist die finanzielle Unterstützung durch das Marco-Polo-Programm der EU und den norwegischen NOx-Fonds. Hierdurch erhalten Schifffahrts- und Industrieunternehmen steuerliche Anreize, um nach alternativen und umweltfreundlichen Techniken zu suchen.

Anmerkg der Redaktion: Nach Aussagen der Reederei ist es beabsichtigt den Erdgas/Methan Kraftstoff, sowie verfügbar, gegen Bio-Erdgas auszutauschen.

Leider reicht der in Bergen gebunkerte Methanvorrat nicht für eine komplette Rundreise: In einem der nordnorwegischen Häfen muß per LKW nachgebunkert werden.

Der Antriebsstrang

Laut DNV-Schiffsregister sind die HAVILA-Schiffe als konventionelle Gas-Elektro Antriebe deklariert. Die Schiffe sind jeweils mit zwei Kongsberg Azipods ausgestattet.

Die elektrische Energie für den Antrieb der Azipods wird jeweils von zwei Bergen Engines Gas-Ottomotoren vom Typ C26:33L-6AG1 (1.620 kW; 1.000/min), sowie zwei Gas-Ottomotoren vom Typ C26:33L- 9AG1 (2.430 kW; 1.000/min), mit entsprechend gekoppelten Generatoren, erzeugt.

Alle Bergen Engines Gasmotoren sind als Vorkammer-Funkenzündungen konstruiert und arbeiten mit Magerverbrennung nach dem Otto-Zyklus, die Zündung der Hauptladung erfolgt in der Vorkammer mit einem sogenannten fetten Gemisch.

Zum punktgenauen Manövrieren, bzw ”auf dem Teller drehen”, dienen zwei leistungsstarke Querstrahlruder in Verbindung mit den Azipods – eine absolut sinnvolle Einrichtung in diesem anspruchsvollen Fahrtgebiet.

Bewährte Umwelttechnik

HAVILA hat sich für Bergen Engines als Lieferant der Gasmotoren-Aggregate entschieden. „Es handelt sich um eine bewährte, in Norwegen hergestellte Technik, die bereits auf einer Reihe von Fähren und Schiffen in der Offshore-Industrie eingesetzt wurde. Der Betrieb mit Methan erfüllt nicht nur wichtige Umweltaspekte, sondern ist auch im Moment noch kostengünstiger als der Betrieb mit Schweröl“, so ein Vertreter der Reederei.

Marketing machts möglich

HAVILA Voyages betont insbesondere, dass die vier Küstenkreuzfahrtschiffe mit den größten Akkumulatorenpaketen ausgestattet sind, die je auf einem Passagierschiff installiert wurden, was bedeutet, dass die Schiffe jeweils bis zu vier Stunden am Stück ohne Emissionen fahren können. Und das in aller Stille: Die von Corvus gelieferten, luftgekühlten, Akkupakete wiegen 80,6 Tonnen und haben eine Kapazität von 6,1 Megawattstunden.

Die Akkus werden mit sauberer Wasserkraft an Land aufgeladen und wenn sie nicht in Betrieb sind, wird Methan als Kraftstoff genutzt, was – zusammen mit dem allgemeinen, effizienten Hybridbetrieb – die CO2-Emissionen um etwa 40 Prozent reduziert.

Mit „hybrid“ hat das allerdings absolut nichts zu tun, denn die elektrische Leistung, die aus den Akkus gezogen werden kann, stammt von den Bordaggregaten oder von einer Landstromanlage. Das Schiff hat keine zwei andersartigen und unabhängigen Energiequellen, die auf den Antrieb wirken und somit den Begriff hybrid rechtfertigen würden. Und alle Medien fallen darauf herein und tragen etwas als eine umweltfreundliche technische Lösung weiter, welches keine Grundlage hat.

Damit kein Zweifel aufkommt, die Installation von Akkumulatoren, um in bestimmten Regionen emissionsfrei fahren zu können, ist nicht nur eine umweltfreundliche Technik, sondern durchaus zu begrüßen, obwohl „bis zu vier Stunden“ Fahrt nicht gerade für eine großartige Lösung spricht. Das sieht eher nach einem zweitklassigen Kompromiss aus.

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen für Antriebsmaschinen.