Ab Oktober 2025 sollen die „Brennstoffzellen-Fähren“ ihren Betrieb aufnehmen
Ab Oktober 2025 sollen die „Brennstoffzellen-Fähren“ ihren Betrieb aufnehmen. © Norwegianshipdesign

6-MW-Wasserstoff-Brennstoffzellen für zwei Torghatten-Nord-Fähren, die 26.500 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen werden – ein wichtiger Meilenstein für die Energiewende in der Schifffahrt.

Der intensive Verkehr innerhalb der norwegischen Fjorde hat zu einem enormen Anstieg der lokalen Emissionen geführt. Es wurde berichtet, dass die Emissionswerte zeitweise die von Großstädten wie London und Barcelona übersteigen. Mehrere der norwegischen Fjorde wurden von der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) als Weltkulturerbe anerkannt, eine Anerkennung, die sie aufgrund der hohen Emissionswerte zu verlieren drohen. Um dem entgegenzuwirken, hat Norwegen immer strengere Emissionsvorschriften für Schiffe eingeführt, die in den Fjorden verkehren, und bis 2026 werden nur noch Schiffe mit emissionsfreien Lösungen einfahren dürfen.

“Brennstoffzellen bieten eine optimale Lösung für diese Art von maritimen Anwendungen und eignen sich perfekt für den Einsatz in Kombination mit Akkulösungen”, so Richard Berkling, CEO PowerCell. “Diese Schiffe haben den nötigen Platz für die Speicherung von Wasserstoff und können bei einem ihrer vielen Stopps problemlos aufgetankt werden. Wenn sie in die Fjorde einfahren, können sie lange Zeit vollelektrisch betrieben werden, ohne andere Emissionen als Wasser.”  

Der nach eigenem Bekunden führende Anbieter von Wasserstoff-Brennstoffzellen, PowerCell, mit Sitz in Göteborg, hat einen Vertrag über die Lieferung von Wasserstoff-Brennstoffzellen für zwei Schiffe unterzeichnet, die auf Norwegens längster Fährroute verkehren – ein wichtiger Meilenstein für die Energiewende in der Schifffahrt. Der Auftrag, der nach einem gründlichen Ausschreibungsverfahren erteilt wurde, hat einen Wert von 19,2 Millionen Euro und ist das bisher größte Projekt für einen verbrennungsfreien Antrieb in der weltweiten Schifffahrtsindustrie.

PowerCell wird bei der Lieferung der Lösung mit dem führenden norwegischen Systementwickler und Integrator von emissionsarmen und emissionsfreien Lösungen für die Schifffahrtsindustrie SEAM zusammenarbeiten, der für die elektrischen Anlagen auf den Fähren verantwortlich sein wird. Die endgültige Auslieferung soll im vierten Quartal 2024 erfolgen. Torghatten Nord und PowerCell beabsichtigen außerdem, einen langfristigen Servicevertrag abzuschließen.

PowerCell wird sein PowerCellution Marine System 200 an zwei Schiffe liefern, die der norwegischen Transportgruppe Torghatten Nord gehören und von ihr betrieben werden. Sie versetzen die Fähren in die Lage jeweils etwa 6 MW Strom zu erzeugen. Es wird erwartet, dass die Fähren, die überwiegend mit grünem Wasserstoff betrieben werden, ihre CO2-Emissionen insgesamt um 26 500 Tonnen pro Jahr reduzieren. Dies entspricht dem CO2-Ausstoß von 13 000 Dieselfahrzeugen pro Jahr, die nicht mehr auf der Straße fahren.

Weitere Daten zu dem SEAM-Antriebssystem wurden bisher nicht genannt. Bekannt ist nur die Leistung der PowerCell-Brennstoffzelle, aber nicht jene der Elektromotoren für den Antrieb oder wie und wie viel Wasserstoff an Bord gespeichert werden soll. Klar ist aber, dass die Fähren mit mindestens 85 Prozent Wasserstoff und höchstens 15 Prozent Biokraftstoff betrieben werden müssen.

Wasserstoff ist ein Bereich, an dem SEAM viel gearbeitet und in den es stark investiert hat, unter anderem mit einem eigenen Testlabor für Wasserstoff-Brennstoffzellen und -systeme. Für die Fähren im Vestfjorden wird das Unternehmen sein selbst entwickeltes Steuerungs- und Sicherheitssystem sowie den gesamten Antriebsstrang liefern – von der Brennstoffzelle in Kombination mit Akkus und Schaltschränken bis hin zum Elektromotor für die Propeller.

Die jetzige Ankündigung erfolgt im Rahmen einer Initiative der norwegischen Regierung, die darauf abzielt, dass alle Fähren, die den Vestfjord zwischen den Lofoten und Bodø in Nordnorwegen überqueren, emissionsfrei sind. Angesichts der langen und anspruchsvollen Überfahrt von bis zu vier Stunden wurde grüner Wasserstoff als die praktikabelste Lösung für die Energieversorgung dieser Schiffe angesehen. Die Fähren – jede mit einer Kapazität von 599 Passagieren und 120 Autos – sollen ab Oktober 2025 im Rahmen eines Ersatzprogramms für Fähren ähnlicher Größe, die mit fossiler Energie betrieben werden, eingesetzt werden.

Kommentar Richard Berkling:

“Dies ist ein bahnbrechendes Projekt, nicht nur für PowerCell oder Norwegen, sondern für die gesamte Schifffahrtsindustrie, und wir sind sehr froh und stolz, daran beteiligt zu sein. Norwegen war führend bei der Einführung von Erdgas in der Schifffahrtsindustrie, und jetzt unternimmt das Land einen wichtigen Schritt, um grünen Wasserstoff als saubere Energiequelle für unseren schwer abbaubaren Sektor zu etablieren. Unsere Lösungen eignen sich perfekt für anspruchsvolle Anwendungen, bei denen Betriebssicherheit, hohe Leistungsdichte und kompaktes Format wichtige Parameter sind.

“Der Übergang zu Elektrifizierung und emissionsfreier Energie beschleunigt sich und wird durch supranationale Initiativen wie den Green Deal der EU und die umfangreichen Investitionen zur Umsetzung des Pariser Abkommens unterstützt. Allein in Norwegen gibt es rund 800 Fährlinien, und Fähren sind ein Segment, in dem wir großes Interesse an wasserstoffelektrischen Lösungen erwarten können. Ab nächstem Jahr wird der maritime Sektor in das EU-Emissionshandelssystem einbezogen, was die Nachfrage nach wasserstoffbetriebenen Netto-Null-Lösungen erhöhen wird.”

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen für Antriebsmaschinen.