MAN, der europäische Motorenhersteller, der für fast jeden zweiten Motor in der weltweiten Handelsflotte verantwortlich ist, hat eine Risikoanalyse durchgeführt, die den Ausstieg aus fossilen Kraftstoffen für den Antrieb von Schiffen bereits in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts vorsieht.
MAN Energy Solutions hat in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) eine Studie zur maritimen Energiewende erstellt, in der vier verschiedene Szenarien für die Schifffahrt auf ihrem Weg zur Dekarbonisierung bis zur Mitte des Jahrhunderts betrachtet werden.
„Die maritime Industrie hat derzeit ein Ziel, aber noch keinen Weg dorthin“, sagt Dr. Uwe Lauber, CEO von MAN Energy Solutions. „Bis 2050 will die International Maritime Organization, IMO, die Treibhausgasemissionen um 50 Prozent senken, aber diese Ziele sind noch nicht mit konkreten Maßnahmen hinterlegt. Die Zeit drängt – 2050 ist nur noch eine einzige Schiffsgeneration entfernt.“
Laut MAN ES sollten die Ergebnisse der #AHOY50-Studie als Weckruf dienen, was nach den Äußerungen von John Kerry in dieser Woche umso relevanter ist. Der Klimabeauftragte der US-Regierung unter Joe Biden hat diese Woche die IMO aufgefordert, die Schifffahrt bis 2050 in Richtung Nullemissionen zu führen und damit die aktuellen IMO-Ziele für die Schifffahrt, die Emissionen im Vergleich zu 2008 um mindestens 50 % zu senken, weit zu übertreffen.
„Bei der Schifffahrt reden alle immer nur über die technische Seite. Technisch ist die maritime Energiewende aber längst machbar. Die Herausforderung liegt seit Jahren auf der politischen und gesamtgesellschaftlichen Ebene“, sagt MAN-Chef Lauber und ergänzt: „Wir können heute Motoren bauen, die mit emissionsfreien Kraftstoffen laufen, aber die Entscheidung, synthetische Kraftstoffe in den Markt zu bringen, können wir nicht alleine treffen.“
Die Studie betrachtet die Schifffahrt als Teil eines globalen Ökosystems. Angefangen beim gesellschaftlichen Problembewusstsein und der Bedeutung des Klimaschutzes – bis hin zu Rohstoffpreisen, weltwirtschaftlicher Entwicklung und Covid-19 – sind eine Vielzahl von Faktoren in die vier verschiedenen Szenarien des Berichts eingeflossen.
„Es sind diese Zusammenhänge, die maßgeblich bestimmen werden, wie entschlossen die maritime Energiewende vorangetrieben wird“, so Lauber. Eine wichtige Erkenntnis aus der Studie ist, dass die Schifffahrtsindustrie, ihren eigenen Marktkräften überlassen, im „Selbstoptimierungsmodus“ verharren könnte, ohne dass es zu dramatischen und notwendigen Veränderungen kommt. „Ein regulatorischer Rahmen, der von einem gesellschaftlichen Konsens getragen wird, könnte dagegen nicht nur einen solchen technischen Wandel, sondern auch einen Boom in der Schifffahrt auslösen“, stellte MAN fest und fügte hinzu: „Ein komplettes Verbot fossiler Brennstoffe in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts könnte eine solche Entwicklung deutlich fördern.“
„Ein klug gesetzter, globaler, regulatorischer Rahmen kann die Dekarbonisierung der Schifffahrt zu einem Wachstumsmotor für die Branche machen“, betonte Lauber.