Schiffsmaschinenbau auf der STG Hauptversammlung 2015

Von Siemens in Kooperation mit dem Schiffbauer Fjellstrand ausgestattete weltweit erste elektrische Auto- und Passagierfähre.
Die von Siemens in Kooperation mit dem Schiffbauer Fjellstrand ausgestattete weltweit erste elektrische Auto- und Passagierfähre wurde in Betrieb genommen. Mit ihren drei Batteriepaketen, eines an Bord und eines in jedem Hafen, fährt sie vollständig emissionsfrei. © Werk

Im Vordergrund: Elektrische Antriebe und Erdgas

Ein Schwerpunkt im Vortragsprogramm der 110. Hauptversammlung der Schiffbautechnischen Gesellschaft, die vom 18. bis 20. November 2015 in Bremen stattfand, war der Schiffsmaschinenbau im weitesten Sinne. Von insgesamt 23 Vorträgen der Versammlung befassten sich 9 mit Maschinenkonzepten, Elektrotechnikkonzepten und Trends in der Schiffstechnik.

Die Suche nach alternativen Schiffsantrieben, um einerseits über den Preis des Kraftstoffs die Betriebskosten zu senken und andererseits den Umweltschutzbestimmungen zu entsprechen, hält unverändert an. Das zeigte unter anderem die Präsentation einer Studie der Columbus Shipmanagement GmbH zur Motorisierung von großen Containerschiffen. Da das Unternehmen Abgasnachbehandlungsanlagen als bislang technisch nicht ausgereift betrachtet, war die Frage zu beantworten gewesen, ob große Containerschiffe künftig Erdgas als Kraftstoff verwenden können und welche technischen Voraussetzungen dafür gegeben sein müssen.

Ohne hier auf die Einzelheiten der technischen Anlagen für Haupt- und Hilfsmaschinen und die erforderliche Peripherie einzugehen, die äußerst detailliert vorgetragen wurden, kann festgehalten werden: Obwohl eine Amortisation der höheren Investition im Vergleich zu einer konventionellen Antriebsanlage bereits nach sechs Betriebsjahren errechnet wurde, blieb das Ergebnis der Studie unbefriedigend, weil zur Zeit wirtschaftlich nicht umsetzbar. Ausdrücklich wurde darauf verwiesen, dass keine Hochgeschwindigkeitsschiffe betrachtet, sondern von einer Dienstgeschwindigkeit in Höhe von 15 kn ausgegangen worden war.

Mit der Präsentation von Rolls-Royce Power Systems (RRPS) wurde wieder einmal deutlich gemacht, dass eine Übertragung der Erfahrungen mit Komponenten und Anlagen aus dem Betrieb an Land auf das Wasser nicht oder nur mit großem Aufwand möglich ist. Das Unternehmen hat gute Erfahrungen mit Gas-Ottomotoren aus Friedrichshafen als Antrieb von stationären Stromerzeugungsanlagen gemacht, die jedoch zu der gegenwärtigen Entwicklung von Ottomotoren für den mechanischen Schiffsantrieb keine Bedeutung haben, da die Aggregate mit konstanter Drehzahl laufen und lastpunktoptimiert sind.

Schwerpunkt der Entwicklung sind 16-Zylinder-Motoren auf Basis der Dieselmotorenbaureihe 4000, wie sie als erste Anwendung auf einem Schlepperneubau der niederländischen Werft Damen 2017 zum Einsatz kommen sollen. Die Zylinderleistung soll 125 kW betragen und der nutzbare Drehzahlbereich von 600 bis 1800 min-1 reichen. Diese Werte beziehen sich auf eine Methanzahl > 70. Welche Motorvariante, ob mit acht oder 12 Zylindern, als nächste entwickelt wird, soll bis Ende 2015 entschieden werden.

Zur Problematik des Methanschlupfes präsentierte RRPS eine interessante Vergleichsrechnung zur CO2-Emission und wies damit den Vorteil des schnelllaufenden Gas-Ottomotors immer noch mit 11 Prozent gegenüber dem Dieselmotor aus.

In den letzten Jahren ist in zahlreichen Veröffentlichungen immer wieder beschrieben worden, dass für die Verwendung von Erdgas als Schiffskraftstoff auf der Seite der Technik alles verfügbar ist, was benötigt wird, wenn auch hier und da die Normung fehlt. Für die Seite der Zulassungsvorschriften scheint unverändert noch einiges zu fehlen. Jedenfalls kam im Zusammenhang mit der Präsentation des neuen Seebäderschiffes HELGOLAND der Reederei Cassen Eils GmbH wieder zum Ausdruck, dass Werft, Reeder und Klassifikationsgesellschaft zahlreiche Kompromisse eingehen mussten.

Betrachtet man die äußerst aufwendige Auslegung der Antriebs- und Stromerzeugungsanlage des Schiffes, dann stellt sich mit Recht die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Das gilt umso mehr, wenn es sich um ein mit öffentlichen Mitteln realisiertes Projekt handelt. Ein Schiff, das ausschließlich auf einer relativ kurzen Strecke zum Einsatz kommt, mit einer Hauptantriebsanlage für den wechselnden Betrieb mit Erdgas oder Dieselkraftstoff auszurüsten, ist unter den gegebenen Fakten in Frage zu stellen. Dasselbe gilt natürlich auch für die umgebaute Fähre OSTFRIESLAND der Muttergesellschaft AG Ems.

Die „Flexibilität“ hinsichtlich des verfügbaren Kraftstoffs führte in beiden Fällen zu unnötig teuren Schiffen. Zahlreiche Fähren in Norwegen stellen täglich unter Beweis, dass der Betrieb mit Erdgas problemlos funktioniert. Insofern wäre der Einbau von Gas-Ottomotoren die wirtschaftlichere Lösung gewesen. Denn die Sorge, mal kein Gas zur Verfügung zu haben, ist selbst bei dem zurzeit noch notwendigen Straßentransport aus Belgien oder den Niederlanden unbegründet.

Bei den Elektrotechnikkonzepten ging es zunächst um das dynamische Verhalten von Brennstoffzellen. Die bisherigen Arbeiten auf diesem Gebiet an der TU Hamburg-Harburg konnten nur das bestätigen, was von anderen Untersuchungen und aus der Praxis bekannt ist: Brennstoffzellen können als Stromerzeuger an Bord von Schiffen nur in Verbindung mit Akkumulatoren als Speicher und Puffer betrieben werden.

Im zweiten Vortrag in dieser Reihe ging es um neue Konzepte fĂĽr die elektrische Antriebstechnik und die Stromversorgung an Bord von Megayachten, die von E-MS entwickelt wurden. Dabei zeigte sich mit aller Deutlichkeit, welchen Einfluss der Betrieb von Bordaggregaten mit variabler Drehzahl hat, falls der Drehzahlbereich oberhalb der Synchrondrehzahl konsequent genutzt wird.

Geht man zum Beispiel von 1800/min als Drehzahl bei mehreren Aggregaten aus, die synchronisiert werden müssen, dann kann der Betrieb oberhalb dieser Drehzahl zu Leistungsreserven in der Größenordnung von 30 Prozent und mehr führen. Folglich kann bei vier Aggregaten derselben Leistung auf ein Aggregat verzichtet werden.

Möglich machen das die Leistungselektronik heutiger Stromrichter und ein Gleichspannungszwischenkreis. Damit werden nicht nur Raum und Geld gespart, sondern auch die Betriebskosten gesenkt und die Umwelt geschont. Das alles gilt nicht nur für Megayachten. Je größer die elektrische Leistung für den Antrieb und das Bordnetz, umso größer sind die Vorteile.

Wie die sogenannte Elektromobilität an Land, hängt auch der rein elektrische Schiffsantrieb hinsichtlich seiner Wirtschaftlichkeit allein von der Lebensdauer seiner Akkumulatoren ab. Kommen dann noch wie bei der von Siemens ausgerüsteten norwegischen Fähre AMPERE auf jeder Seite Akku-Landstationen mit einer erheblichen Kapazität hinzu, stellen sich einige Fragen. Der Stromverbrauch und damit die Senkung des „Kraftstoffverbrauchs“ um 60 Prozent sind allerdings beeindruckend.

Die Akkustationen an Land werden benötigt, da der Landanschluss am Sognefjord zu schwach ist, um die Akkus an Bord während der Wartezeiten hinreichend zu laden. So erfolgt die Ladung kombiniert mit dem Landanschluss und aus der Landstation. Die von Fjellstrand gebaute Fähre wird von zwei 450 kW Elektromotoren angetrieben und verbraucht für eine Überfahrt auf der 6 km langen Strecke 150 kWh.

Vorheriger ArtikelNiederländischer Schiffbau pessimistisch
Nächster ArtikelProduktion des größten Nordsee-Ölfeldes Brent wird nach 40 Jahren eingestellt
Hans-JĂĽrgen ReuĂź
Der Autor betreibt ein PressebĂĽro mit den Schwerpunkten Schifffahrt, Schiffbau, Schiffbauzulieferindustrie und Schifffahrtsgeschichte.