Auf der Jahreshauptversammlung der See- und Hafenlotsen am 28.03.2018 stellte sich der Staatssekretär Enak Ferlemann den kritischen Fragen der See- und Hafenlotsen zu dem vom BMVI (Bonn) geplanten dritte Zugangsweg zum Lotsenberuf.
Der Präsident des Bundesverbandes der See- und Hafenlotsen (BSHL), Kapitän Uwe Jepsen, bemängelte in seiner Eröffnungsansprache, dass die im Verband vertretenen Lotsen bislang nicht an der Gestaltung des vom BMVI Bonn beauftragten dritten Zugangsweges zur Lotsenausbildung beteiligt wurden.
Der BSHL hat im vergangenen Jahr unter allen See- und Hafenlotsen eine repräsentative Umfrage zu deren Meinung zur Sicherung des Lotsennachwuchses durchgeführt. „Die Forderungen des Berufsverbandes leiten wir aus diesem Umfrageergebnis ab“, so der Präsident.
Diese Forderung auf Mitwirkung der freiberuflich tätigen Lotsen an einem neuen Zugangsweg zur Sicherung des Lotsennachwuchses, hat Ferlemann aufgegriffen. Er sagte dem Berufsverband die volle Beteiligung an den zukünftigen Beratungen über den Entwurf des BMVI zu.
Ferlemann lobte die Lotsen für ihre ausgezeichnete Arbeit in den deutschen Seelotsrevieren und Häfen als Teil der maritimen Verkehrssicherung. Geringe Unfallzahlen beweisen die hochwertige Arbeit der Lotsen. Diese Spezialisten würden auch zukünftig gebraucht und könnten von keiner Technik ersetzt werden. Die Ausbildung in jedem der drei Zugangswege müsse von gleich hohem Niveau sein.
Uwe Jepsen bedankte sich bei Ferlemann für die klaren Worte. „Jedoch dürfe die bis an die Obergrenze hochgefahrene Förderung des Bundes und der Stiftung Schifffahrtstandort Deutschland für Ausbildung und Beschäftigung nicht wirkungslos bleiben“, so Jepsen. Die Selbstverpflichtung der Reeder auf Rückflaggung eines größeren Teils ihrer immer noch über 2000 Schiffe zählenden Pools müsse eingehalten werden. 600 Schiffe unter deutscher Flagge sind immer noch die Zielmarke. Der BSHL wird die Hoffnung noch lange nicht aufgegeben, dass auch in Zukunft ein wesentlicher Teil des Lotsennachwuchses aus befahrenen Nautikern generiert werden kann. Derzeit besteht noch kein Mangel an Lotsenbewerbern. Wenn die Bemühungen der Bundesregierung für Ausbildung und Beschäftigung in der Seeschifffahrt nicht bald Erfolge erzielen, ist in einigen Jahren ein enger Bewerbermarkt zu erwarten.
Daher ist es eine Kernforderung der Lotsen, dass alle Zugänge zur Lotsenausbildung chancengleich und ohne Crossfinanzierung der Ausbildungskosten eingerichtet werden. Jeder Lotse soll seine direkten Ausbildungskosten selber tragen. An den Kosten der erforderlichen Infrastruktur müssten sich natürlich auch der Bund und die Nutzer der Lotsendienste beteiligen.
Ferlemann sagte zu, dass jeder Lotse seine Ausbildungskosten zugangsabhängig zu tragen habe. Außerdem könnte er heute bestätigen, dass die sogenannte Anschubfinanzierung für die Lotsenausbildung durch den Bund genehmigt übernommen werde.
Eine weitere zentrale Forderung der Lotsenschaft war schon immer, dass die Lotsen des dritten Ausbildungsweges die theoretische Ausbildung mit einem Bachelor Grad abschließen, um ihren Ausbildungserfolg in der nachfolgenden mehrjährigen Ausbildung in den Brüderschaften zu garantieren.
Die Lotsen des ersten und zweiten Zugangsweges, die aus der Schifffahrt kommen und daher bereits in verantwortlicher Bordstellung waren, haben diesen Beweis schon erbracht. Für diese Praktiker aus der Schifffahrt ist dann auch weiterhin der Durchstieg zur Lotsenausbildung ohne Fachhochschulausbildung und ohne Bachelor Grad gesichert.
Die verantwortungsvolle Beratung von Kapitänen kann nur gelingen, wenn der Lotse auf „Augenhöhe“ mit dem Kapitän ist, war die Forderung der versammelten Lotsen. Daher sind auch die Persönlichkeitsbildung und das „Standing“ eines Lotsenbewerbers von hoher Bedeutung.
Die Lotsen fordern schon länger eine größere Mitsprache bei der Bewerberauswahl durch eine Änderung des Seelotsgesetzes. Die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) sollte sich bei der Bewerberauswahl auf die Rechtsaufsicht beschränken. Es müsste den Lotsenbrüderschaften frei gestellt sein, sich die qualifiziertesten Bewerber aus den drei Zugangswegen in einem diskriminierungsfreien und transparenten Auswahlverfahren auszusuchen.
„Nun geht es aber vorrangig darum, dass das Vertrauen der jungen Menschen in die Zukunftsfähigkeit der maritimen Berufe wieder hergestellt wird“, sagte der Präsident des BSHL.
Der Bund und die Küstenländer müssten nun in die Offensive gehen und für die Berufe im maritimen Sekundarbereich wie See- und Hafenlotsen, Mitarbeiter in den Schifffahrtsbehörden und Verkehrszentralen, so wie der Wasserschutzpolizei und anderen Organisationen bei dem Nachwuchs zu werben.
Auch denjenigen Reeder, die zur deutschen Flagge stehen, geht der Nachwuchs verloren, wenn die Zahl der Schüler und Studenten an den nautisch-technischen Ausbildungsstätten weiter rückläufig sind.