Das internationale Angebot an Otto- und Wechselmotoren
Einleitung
Mit der letzten Ausgabe dieser Marktübersicht von 2019 wurde schon darauf hingewiesen, dass die von der IMO ausgegebenen Ziele zur Senkung der CO2-Emission in der Schifffahrt für 2050 und 2100 nicht erreicht werden könnten, selbst, falls auf allen Seeschiffen ausschließlich Methan zum Betrieb der Motoren verwendet werden würde.
Leider muss immer wieder betont werden, dass fossiles Methan nur eine Übergangslösung zur partiellen Senkung der Treibhausgasemissionen sein kann. Das gilt besonders unter Berücksichtigung des Methanschlupfes der Verbrennungsmotoren. Und was nicht übersehen werden darf: Das aus vergleichsweise „schlechten“ oder alten Motoren austretende unverbrannte Methan hat immer dieselbe Wirkung, gleichgültig ob es fossilen oder synthetischen und klimaneutralen Ursprungs ist. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass man in der Branche schon Vorschriften für eine Reduzierung des Methanschlupfes „am Horizont“ sieht.
Betrachtet man die gegenwärtigen Aktivitäten des Emirates Katar, mit denen die Erdgasförderung bis Ende 2027 um 30 Prozent auf 100 Millionen Tonnen jährlich gesteigert werden soll und dass für den Transport des verflüssigten Gases rund um den Globus mehr als 100 extragroße neue Tankschiffe benötigt werden, dann wird es 2050 aller Voraussicht nach immer noch zur Verbrennung von gigantischen Mengen an Methan fossilen Ursprungs kommen
Anmerkungen zur Marktsituation
Das Angebot an Schiffs-Gasmotoren hat sich seit der letzten Marktübersicht nur wenig verändert. Neben verflüssigtem Erdgas (LNG) und Flüssiggas (LPG) kommen Motoren auf den Markt, die zum Beispiel mit Ammoniak betrieben werden können, was nicht gerade neu ist. Neu ist dagegen ein Motor, der mit Wasserstoff betrieben wird. Die Gas-Ottomotoren und die mit Gas zu betreibenden Wechselmotoren sind die Antriebsmaschinen, die gegenwärtig die Marktsituation hinsichtlich sogenannter alternativer Antriebe prägen, doch ein Schritt in Richtung der seit einigen Jahren immer wieder beschworenen maritimen Energiewende sind sie nicht.
Neues zu ausgewählten Motorenherstellern
Anglo Belgian Corporation (ABC)
ABC kann für sich in Anspruch nehmen, weltweit das erste Unternehmen zu sein, das einen Wechselmotor auf den Markt bringt, der im Gasbetrieb als Ottomotor mit Wasserstoff läuft. Auf Basis der bewährten Wechselmotoren der Baureihe DZD entstand mit unveränderten Hauptdaten die Baureihe „DZC Behydro“ (Technische Daten s. Tabelle).
Noch läuft die Erprobung der Motoren in Gent auf dem Prüfstand. Eine erste Anwendung könnte ein Hafenschlepper für Antwerpen bieten, der Ende 2021 in Dienst gestellt werden soll. Größtes Problem ist und bleibt die sichere Speicherung einer ausreichenden Menge Wasserstoff an Bord. Schnelle Lösungen sind auch bei dem Projekt-Partner von ABC noch nicht zu erkennen.
Caterpillar/Zeppelin Power Systems
Das Programm an Schiffs-Gasmotoren von Zeppelin Power Systems – als Vertriebsorganisation für die Motoren der Marken Cat und MaK in weiten Teilen Europas – umfasst die Ottomotoren der Baureihe CG 132 (ex DEUTZ MWM Baureihe 616) und die Wechselmotoren der Marke MaK mit drei Baureihen (M 27, 34 und 46 DF). Entgegen anders lautenden Quellen ist die Baureihe M 27 DF unverändert im Programm. Nicht mehr lieferbar sind dagegen Motoren der Baureihe G 3516 C.
Daihatsu Diesel
Das Unternehmen hatte vor zwei Jahren sein Programm bereinigt. Motoren des oberen Leistungsbereichs wurden aus dem Programm genommen und am unteren Rand ein neuer kleiner Motor (20 DF) mit einer Leistung von 800 kW aufgenommen. Offenbar war die Lücke im Leistungsband zu groß, denn inzwischen ist das Programm um den Motor 23 DF erweitert worden, der mit seiner Leistung die bestehende Lücke schließt.
Kongsberg
Zwar ist Kongsberg im maritimen Geschäft seit Langem zu Hause, doch ein Anbieter von Schiffsmotoren war das Unternehmen bislang nicht. Das hat sich – wie zur SMM 2018 angekündigt – inzwischen geändert. Kongsberg vertreibt jetzt exklusiv die Schiffsmotoren von Bergen Diesel AS im Bereich der Handelsschifffahrt.
Die stationären Motoren von Bergen Diesel werden wie die Motoren der Marke MTU unverändert über Rolls-Royce Power Systems verkauft.
Von den Gas-Ottomotoren aus Bergen stehen nun über Kongsberg für Schiffsantriebe die Baureihen C 26:33 und B 36:45 mit einem Leistungsbereich von insgesamt 1460 bis 9600 kW zur Verfügung. Für die Betreuung der Kunden hat Kongsberg den bisherigen Bereich „Rolls-Royce Commercial Marine“ einschließlich Personal vollständig übernommen.
MAN Energy Solutions
Neu im Zweitaktmotoren-Programm von MAN Energy Solutions sind Wechselmotoren der Baureihe“ME-GA“, die im Gegensatz zu den bekannten Wechselmotoren der Baureihen ME‑GI, im Ottobetrieb nicht mit einer Hochdruckeinblasung des Gases arbeiten, sondern mit einem konventionellen Zündstrahlverfahren. Bei diesen Motoren wird das Gas „während des Kompressionshubes“ zugeführt, folglich mit deutlich geringerem Druck als bei den ME‑GI-Motoren. Dieses Verfahren ist nicht neu, sondern wird bei anderen Gas-Ottomotoren schon verwandt (vgl. MTU 4000).
Interessant ist der Hinweis, den das Unternehmen mit der Zielgruppe für diese Neuentwicklung gibt: Diese Motoren sind „… besonders interessant für Schiffe mit großen Mengen Verdampfungsgas …“, bei denen dann die Investitionen für teure Rückverflüssigungsanlagen gespart werden können, so MAN. Fällt die Wahl auf diese Motoren, dann wird mit der Entscheidung allerdings noch mehr gespart: Die Technik der ME-GA-Motoren ist mit einem deutlich geringeren Aufwand gegenüber ME-GI-Motoren verbunden. Die Motoren dürften folglich preisgünstiger sein, und es entfällt die komplette Hochdrucktechnik.
Letzteres war auch der Grund, warum Wärtsilä sich seinerzeit entschieden hatte, seine Zweitakt-Wechselmotoren mit dem klassischen Zündstrahlverfahren auszustatten, wie dies auch von WinGD unverändert übernommen wurde.
Unverändert stehen bei den Viertaktmotoren des Unternehmens nur die Motoren der beiden oberen Baureihen (35/44 DF und 51/60 DF) für den Direktantrieb von Schiffen zur Verfügung. Die Motoren der beiden Baureihen des unteren Leistungsbereichs (23/30 DF und 28/32 DF) können nur für Generatorantriebe geliefert werden.
Eine Besonderheit gibt es bei den Motoren der Baureihe 51/60 DF: Eine Variante ist optimiert für eine maximale Leistungsabgabe und eine zweite für einen bestmöglichen Wirkungsgrad. Die Motoren der beiden Varianten unterscheiden sich nur im Mitteldruck und damit hinsichtlich ihres Leistungsbereichs.
Mitsubishi
Bei den Schiffs-Gasmotoren von Mitsubishi handelt es sich um Ottomotoren, die mit einer Vorkammer und elektrischer Zündung arbeiten. Sie sind primär für den Antrieb von Bordaggregaten vorgesehen. Damit wären kleine Schiffe mit elektrischen Antrieben grundsätzlich möglich, doch zu mechanischen Direktantrieben will sich das Unternehmen nur auf Anfrage äußern.
Rolls-Royce
Ohne große Ankündigung hat die bereits 2018 auf der SMM bzw. 2019 mit einer Presseinformation im August angekündigte Reorganisation des maritimen Motorengeschäfts bzw. seiner Marken bei Rolls-Royce inzwischen stattgefunden. Das Geschäft mit Schiffsmotoren von Bergen Diesel ist exklusiv auf Kongsberg übertragen worden (s.o. unter „Kongsberg“), Die stationären Moren werden über Rolls Royce Power Systems verkauft.
Das Verwirrspiel mit Logos und Marken, allgemeinen Begriffen wie „Rolls-Royce Solution“ oder „MTU Solution“ und fehlenden Hinweisen auf ein federführendes Unternehmen bei verschiedenen Drucksachen hat das Unternehmen allerdings nicht zu ändern vermocht.
Wärtsilä
Die Dieselmotoren der Baureihe 31 von Wärtsilä gelten unverändert als die weltweit besten ihrer Leistungsklasse hinsichtlich ihres Wirkungsgrades. Ausgehend von den Dieselmotoren hat das Unternehmen die Wechselmotoren 31 DF auf den Markt gebracht. Nun ist Wärtsilä das erste Unternehmen der Branche, das mit der Baureihe „31 SG“ die ersten reinen Ottomotoren auf den Markt bringt, die mit dem Zündstrahlverfahren arbeiten. Die bislang von anderen Herstellern lieferbaren reinen Ottomotoren arbeiten dagegen mit elektrischer Zündung. Offenbar beabsichtigt das Unternehmen weitere Baureihen dieser gegenüber den Wechselmotoren wesentlich einfacheren und damit preisgünstigeren Bauart auf den Markt zu bringen. Liegt eine gesicherte Kraftstoffversorgung mit einem Gas als Energieträger für den Einsatz von Schiffen vor, dann sind Ottomotoren den Wechselmotoren immer vorzuziehen.
Winterthur Gas & Diesel
Die Zweitakt-Wechselmotoren von WinGD arbeiten im Gasbetrieb mit dem klassischen Zündstrahlverfahren. Damit ist ein vergleichsweise hoher Methanschlupf verbunden. Um diesen zu senken, hat das Unternehmen in Zusammenarbeit mit Alfa Laval eine Abgaskühlung und Abgasrückführung entwickelt, die optional (!) bei den X‑DF-Motoren der nächsten Generation eingeführt werden soll. Der Methanschlupf soll damit auf die Hälfte gesenkt werden.
Schlussbemerkung
Die Angaben in der nachfolgenden Tabelle beruhen auf einer konsequenten Auswertung der allgemein zugänglichen Quellen der einzelnen Unternehmen und individuellen Auskünften. Sie dienen nur der Vermittlung eines Überblicks über das Marktpotential.
Anmerkung
In der anhängenden Tabelle werden für den Gasbetrieb in der Rubrik „Verbrennungsverfahren“ folgende Begriffe verwendet:
- Zündstr.: Gas-Ottomotor mit Zündstrahltechnik, entspricht dem Ottoverfahren der Wechselmotoren
- Otto: Gas-Ottomotor mit elektrischer Zündung
- Hochdr.-E.: Wechselmotor mit Hochdruck-Einspritztechnik