Die FEUERLAND ist wieder in ihrem Heimatland
„Die FEUERLAND hat heute am 23.11.1927 um 12:10 Uhr den Büsumer Hafen verlassen. Da die Hafeneinfahrt vereist war, musste das Schiff sich erst eine Fahrrinne schaffen. Danach fuhr das Schiff wieder in den Hafen zurück, um Frau Plüschow und einiges Gepäck an Bord zu nehmen. Büsums Bevölkerung nahm Abschied als um 12:10 Uhr die Sirene aufheulte und die FEUERLAND mit sechs Besatzungsmitgliedern den Hafen verlies.“
Die FEUERLAND wurde 1927 auf der Werft Krämer, Vagt und Beckmann in Büsum gebaut. Auftraggeber war der ehemalige Marine-Offizier und Flieger Gunther Plüschow. Das Schiff wurde nach den Plänen eines hochseetauglichen Fischkutters gefertigt. Da Plüschow von seinen früheren Reisen die Wetterbedingungen seines zukünftigen Fahrtgebietes kannte, legte er großen Wert auf einwandfreie und beste Materialien zum Bau des Schiffes. So wurde bestes Eichenholz für die Spanten und Beplankung verwendet. Jedes Teil ist überdimensioniert. Auf diese Weise wurde eine vielfache Sicherheit „eingebaut“. Enge Spantenabstände (alle 55 cm) und eine Acht-Zentimeter starke Beplankung am Wasserpass sprechen für sich. Zusätzlich sorgen Innenverkleidung und kräftige Stringer für verstärkte Festigkeit. So gerüstet konnte Plüschow den Stürmen und dem treibenden Gletschereis in den Fjorden Feuerlands (Tierra del Fuego) begegnen.
Laut dem Schiffsregister von 1927 trug die FEUERLAND die laufende Nummer 756. Ihr Unterscheidungssignal war LHKM. Als Bauart wurde sie mit „Kutter, 2M und Forschungsschiff“ angegeben. Die Brutto-Registertonnen betragen 35 to. Die „Wellenpferde des Hilfsmotors“ wurden mit 50 PS angegeben. Die Abmessungen dieser „Holzpantine“, wie Plüschow sein Schiff scherzhaft nannte, betrugen in der Gesamtlänge 16,2 m, Breite und Tiefgang wurden mit 4,88 m beziehungsweise 1,90 m angegeben.
Die Kölner Motorenschmiede DEUTZ war die erste Firma die Plüschow Unterstützung zusagte und ihm einen Motor für sein Schiff lieferte. Es handelte sich hier um einen Motor des Typs: SPMZ 230 aus dem Baujahr 1927. Dieser stehende kompressorlose Zweizylinder-Zweitakt-Dieselmotor mit Kurbelkastenspülung lieferte eine Leistung von 50 PS bei einer maximalen Drehzahl von 430/min. Der großvolumige (18,8 l) wassergekühlte Motor hatte ein Gewicht von ca 3.600 Kilogramm und trieb über ein Getriebe die Welle mit dem Festpropeller an.
Dienst auf den Falklandinseln als PENELOPE
Nach Beendigung der Expedition Anfang 1929 verkaufte Plüschow das Schiff an den Großgrundbesitzer und Schafzüchter Hamilton, der Besitzungen in Argentinien, Chile und auf den Falklandinseln hatte. Plüschows Steuermann, Paul Christiansen und der Maschinist Seppl Schmidt blieben an Bord und fuhren die in PENELOPE umbenannte Ketsch noch bis in die späten 30er Jahre. Dabei unternahmen sie auch mehrere Fahrten zwischen Südamerika und den Falklandinseln. Im Jahr 1946 kaufte die Regierung der Falklandinseln die PENELOPE und rüstete sie mit einer neuen Maschine aus.
Der Falkland Island Dependency Survey charterte die ehemalige FEUERLAND für die Versorgung ihrer antarktischen Forschungsstationen. Allerdings kam es nie zu diesen Fahrten. In den Folgejahren setzte die Regierung das Schiff zur Versorgung der Farmen auf den einzelnen Inseln des Archipels ein. Als das erste Funk-Kommunikationsnetz auf den Falkland-Inseln errichtet wurde war es die PENELOPE, die Funkmasten sowie Ausrüstungen zu den einzelnen Inseln brachte. Später schaffte sie Baumaterial für ein Schlacht- und Kühlhaus nach Fox Bay. Auf diese Weise leistete die Ketsch einen wichtigen Beitrag zum Ausbau der Infrastruktur auf den Falkland-Inseln. Nach einem erneuten Besitzerwechsel kaufte die Falkland Island Company (FIC) 1967 die PENELOPE und setzte sie hauptsächlich für Schaf- und Wolltransporte zwischen den Farmen und der Hauptstadt Stanley ein. Ende der 60er Jahre wurde das Hamburger Bergungsunternehmen Ulrich Harms beauftragt, die vor Stanley liegende Hulk der GREAT BRITAIN, zu bergen. Bei den Arbeiten leistete das ehemalige Expeditionsschiff wertvolle Hilfsdienste.
Der Falklandkrieg und die Zeit danach
Als 1982 das argentinische Militär die Falklandinseln besetzte, wurde eine Gruppe Schulkinder aus Stanley evakuiert und mit dem Schiff über den Falkland-Sound gesetzt. Kurz darauf requirierte die argentinische Marine das Schiff. Mit einem schwarzen Tarnanstrich versehen, diente die PENELOPE nun als Verbindungsschiff für Truppen- und Treibstofftransporte um Fox Bay. Bei einem dieser Einsätze kam das Schiff unter Artilleriebeschuss einer britischen Fregatte, ein anderes Mal wurde sie aus der Luft von einem britischen „Harrier“ unter Beschuss genommen.
Nach Ende des Falkland-Konfliktes wurde die PENELOPE an die FIC zurückgegeben, für die sie noch bis 1989 ihren Dienst versah.
Erst mit dem Erwerb des Schiffes durch Michael Clarke, durfte die „alte Dame“ einen weniger „anstrengenden“ Dienst versehen. Stationiert auf Westpoint Island brachte die Ketsch von nun an Ornithologen und Wissenschaftler auf die westlich vorgelagerten Inseln, die mit ihren einzigartigen Vogelkolonien eines der artenreichsten Tierparadiese dieser Erde ist.
Die Heimkehr der FEUERLAND
Während seines Einsatzes als Navigations-Offizier auf einem Expeditionskreuzfahrtschiff begegnete der Kapitän auf Großer Fahrt Bernd Buchner im Jahre 2003 dem ehemaligen Expeditionsschiff FEUERLAND auf den Falklandinseln.
In Anbetracht des historischen Wertes für die deutsche Schifffahrtsgeschichte erwarb Bernd Buchner das Schiff. Die FEUERLAND erhielt ihren ursprünglichen Namen zurück und wurde Anfang 2006 nach Stanley verholt. Dort wurde sie für die Rücküberführung nach Deutschland vorbereitet.
Im April des Jahres 2006 machte sich eine sechsköpfige Besatzung auf den Weg nach dem 1.800 sm entfernten Buenos Aires. Von dort wurde die Ketsch mit dem Containerschiff MONTE CERVANTES der Reederei Hamburg-Süd nach Deutschland transportiert. Nach Ankunft in Hamburg und einem Aufenthalt im Museumshafen Övelgönne, fuhr sie auf eigenem Kiel über Cuxhaven zu ihrem Geburtsort nach Büsum.
Am 12. August 2006 war es endlich soweit: Nach fast 80 Jahren lief die FEUERLAND wieder in ihrem ehemaligen Heimathafen, Büsum, ein.
Hier, so der Plan, sollte die FEUERLAND von Grund auf restauriert und in den Zustand von 1927 zurückgebaut werden und anschließend als Museumsschiff und Traditionssegler an verschiedenen Segelveranstaltungen entlang der deutschen Küste teilnehmen.
Die Rückkehr des Schiffes begründete die Bildung des gemeinnützigen „Förderkreises Kulturdenkmal Expeditionsschiff FEUERLAND e.V.“ Das Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein stellte es 2007 unter Denkmalschutz und noch im gleichen Jahr brachte man das Schiff an Land auf das Gelände der Werft „Jugend in Arbeit e.V.“ in Hamburg-Harburg. Dank der Eigeninitiative einiger Vereinsmitglieder wurde die FEUERLAND mithilfe von Finanz- und Sachspenden ersten Restaurierungsarbeiten unterzogen. Auch wissenschaftliche Untersuchungen an der FEUERLAND wie Farbgutachten und eine genaueste Vermessung wurden durchgeführt. Aus Mangel an weiterer Finanzierung wurden jedoch bald die Arbeiten eingestellt.
2015 wurden die Eigentumsrechte der FEUERLAND an die „Denkmalschiff FEUERLAND gGmbH“ übertragen. Der Verein ist neben vier weiteren Gesellschaftern nun Teil der gGmbH und gemeinsam sind diese auf die umfangreiche finanzielle Hilfe Dritter angewiesen.
Seit Mai 2018 liegt der Rumpf der FEUERLAND auf dem Gelände der Flensburger Museumswerft. Hier wurde im Juni 2018 bei einer Besichtigung des Landesamts für Denkmalpflege Schleswig-Holstein die Inschutzstellung bestätigt. Das Expeditionsschiff FEUERLAND wird seither in der Denkmalliste der Stadt Flensburg geführt.
Wind und Wetter haben der FEUERLAND mittlerweile deutlich zugesetzt und ihr aktueller Zustand ist kritisch.
Die Denkmalschiff FEUERLAND gGmbH möchte das 16 Meter lange und im Hauptspant knapp fünf Meter breite Schiff, das für Kenner als Symbol für Entdeckertum, Weltoffenheit und Völkerverbundenheit steht, zu einem Netzwerkschiff umbauen, das für den guten Zweck eingesetzt wird und in den Häfen dieser Welt Zuhause ist. „Wir möchten weltweit so viele soziale Projekte wie möglich anstoßen, durchführen und verfolgen. Gunther Plüschow als Urvater der FEUERLAND gilt in Chile und Argentinien als Nationalheld. Auch hier soll die FEUERLAND irgendwann wieder in die Häfen einlaufen. Um dies realisieren zu können, benötigen wir dringend die finanzielle Unterstützung von Sponsoren. Die bestmögliche fachliche Kompetenz im Holzbau durften wir bereits mit der Flensburger Museumswerft und seinem Chef, dem Bootsbaumeister Tobias Fischer finden“, so Jens Fiedler, Vorsitzender des Vereins.