Lithium-Energiespeichersystem gerät in Brand und löst Befürchtungen vor Explosion aus

Eine ziemlich ernste Situation hat sich in den letzten Tagen (11. März 2021) im Südosten Norwegens entwickelt, nachdem ein Brand auf einem elektrisch betriebenen Ausflugsschiff gemeldet wurde.

Die BRIM EXPLORER ist ein 2019 gebauter vollelektrischer Ausflugskatamaran, der Ausflugstouren in norwegischen Fjorden anbietet. Das Schiff verfügt über zwei Akkumulatorenräume mit insgesamt 790kWh Speicherkapazität, die von Corvus Energy, dem, nach eigenen Angaben, führenden Anbieter von Lithium-Stromtechnologie und Energiespeichersystemen für die maritime Industrie, installiert und geliefert wurden.

Ein Feueralarm an Bord des Schiffes wurde erstmals am Donnerstagnachmittag gemeldet, als das Schiff im Oslofjord bei Fredrikstad, Norwegen, lag.

Nach dem Vorfall wurden vier Besatzungsmitglieder evakuiert und die Fähre wurde in das nahe gelegene Vallø geschleppt. Zum Zeitpunkt des Vorfalls befanden sich keine Passagiere an Bord.

Offizielle Stellen berichten, dass sich die Situation und die Temperaturen an Bord zwar stabilisiert haben, dass aber zu befürchten ist, dass die Akkus einer Hitze ausgesetzt waren, die in den geschlossenen Räumen und Schotten an Bord des Schiffes explosive und brennbare Gase erzeugt haben könnte, so dass niemand an Bord gehen oder sich auch nur in die Nähe des Schiffes begeben konnte.

Eine 300-Meter-Sicherheitszone wurde um das Schiff eingerichtet, und die Behörden berichten, dass die Hälfte von Vallø aus Angst vor einer Explosion für die Öffentlichkeit gesperrt wurde.

“Corvus Energy hat sofort einen Notfallausschuss eingerichtet, um die Situation zu ĂĽberwachen, und ein lokales Team war innerhalb von 30 Minuten vor Ort, um die Feuerwehr, die Polizei und den Schiffseigner zu unterstĂĽtzen”, sagte Corvus Energy in einer Erklärung. Ein Update des Unternehmens besagt, dass es mehrere Tage dauern könnte, bis jemand in der Lage sein wird, das Schiff zu betreten.

“Corvus unterstĂĽtzt kontinuierlich alle Beteiligten bei der Bewältigung des Vorfalls. Es wird berichtet, dass die Temperaturen auf ein normales MaĂź gesunken sind, aber es darf noch niemand an Bord des Schiffes gehen. Ein technisches Untersuchungsteam wurde eingerichtet, um den Prozess der Ursachenfindung fĂĽr den Vorfall zu unterstĂĽtzen. Wir erwarten, dass wir Anfang nächster Woche an Bord gehen können. Corvus Energy strebt volle Transparenz an und wird auch weiterhin alle Beteiligten in diesem Prozess unterstĂĽtzen”, heiĂźt es in der Mitteilung.

Die BRIM EXPLORER ist ein preisgekröntes vollelektrisches Ausflugsschiff, das mit einem Energiespeichersystem (Lithium-Akkus) von Corvus Dolphin Energy ausgestattet ist. Das Schiff ist im Besitz von Brim Explorer, einem lokalen Sightseeing-Tour-Unternehmen in Norwegen.

“Das Wichtigste ist jetzt, dass alle Beteiligten gut versorgt sind. Der nächste Schritt ist, herauszufinden, was der Grund ist und wie wir so schnell wie möglich wieder in Betrieb gehen können”, sagte das Unternehmen.

Anmerkung der Redaktion: Sind Lithium-Ionen-Akkus angesichts der vermehrten Zwischenfälle gefährlicher als andere Batterien? Kerstin Sann-Ferro beschäftigt sich bei der Deutschen Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE) damit, was die Brände der Energiespeicher auslöst. Aus Sicht der Chemikerin setzt vor allem das Ăśberladen den Akkus zu; ebenso Tiefentladungen, die vorkommen, wenn die Akkus in Kälte gelagert oder ĂĽber einen längeren Zeitraum nicht genutzt wurde. Das kann zum Ăśberhitzen fĂĽhren und letztlich im gefĂĽrchteten “thermischen Durchgehen” enden: Die chemischen Prozesse in dem Akku lösen eine Kettenreaktion aus, der Energiespeicher gerät in Brand oder explodiert sogar. Da Lithium-Ionen-Akkus deutlich höhere Energiedichten aufweisen als etwa solche auf Basis von Blei oder Nickel-Cadmium, sei auch die Brandgefahr ungleich höher, die von ihnen ausgehe, sagt die DKE.

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen fĂĽr Antriebsmaschinen.