MS RICHARD WITH, eines von Hurtigruten umweltfreundlichen Postschiffen
MS RICHARD WITH, eines von Hurtigruten umweltfreundlichen Postschiffen. © Per Eide

Nach rund acht Monaten Werftzeit stellte Hurtigruten Norwegen die MS RICHARD WITH im zweiten Halbjahr 2022 wieder in Dienst. Der Umbau, der bei insgesamt sieben Schiffen der Flotte bis zum Ende des Sommers 2023 erfolgen soll, ist Teil eines 100 Millionen Euro schweren sogenannten „grünen“ Modernisierungspakets von Hurtigruten, teilt das Unternehmen mit. Die CO2-Emissionen der gesamten Flotte würden damit um 25 Prozent und die NOx-Emissionen sogar um 80 Prozent reduziert.

Übrigens: RICHARD WITH war schon immer ein Hybridschiff, daran ändert auch der jetzige Einbau von Akkus nichts – doch dazu im Folgenden.

Die Modernisierung des Postschiffes erfolgte auf der Myklebust-Werft im Nordwesten Norwegens und beinhaltete zwei neue Bergen Dieselmotoren die mit MGO (Marine Gas Oil) betrieben werden sowie u.a. zwei Akkumulatorensätze die in Summe 2,24 MW leisten. Das Schiff ist außerdem mit modernster Navigations- und Steuerungsausrüstung, neuen Abwasseraufbereitungsanlagen und SCR-Technik ausgestattet, die die NOx-Emissionen um mindestens 80 Prozent reduzieren.

„Unser Ziel ist es, emissionsfrei zu werden, und wir haben bereits begonnen, die nächste Generation emissionsfreier Schiffe zu planen. Bis es die entsprechende Technik gibt, werden wir weiterhin massiv in die Flotte investieren, um sie mit der besten heute verfügbaren Technik noch nachhaltiger zu machen. Unser Ziel ist es, bis 2030 das erste emissionsfreie Schiff unserer Flotte in Betrieb zu nehmen“, so Hedda Felin, CEO von Hurtigruten, und weiter „Dies ist eine der größten Umweltmodernisierungen ihrer Art in Europa und die größte in der Geschichte von Hurtigruten. Die Tatsache, dass wir diese Modernisierungen in der Myklebust-Werft mit so viel norwegischer Technik wie möglich durchgeführt haben, ist kein Zufall. Hurtigruten Norwegen leistet seit 130 Jahren einen Beitrag zu den örtlichen Gemeinden und wird dies auch weiterhin tun, wenn wir unsere Schiffe fahren, bauen und modernisieren“.

Hurtigruten vertraut in Bergen Engines

Chief Engineer Bjarte BØrrensen vor einem der zwei neuen Bergen Engines Dieselmotoren
Chief Engineer Bjarte BØrrensen vor einem der zwei neuen Bergen Engines Dieselmotoren. © Pospiech

Bjarte BØrrensen, der 30jährige (!) Leitende Ingenieur auf der RICHARD WITH, erklärt seine Antriebsanlage: „Die dieselmechanische Antriebsanlage der RICHARD WITH bestand ursprünglich aus zwei mittelschnelllaufenden (Drehzahl: 500/min) Sechszylinder-Viertakt-Dieselmotoren des Typs MaK 6M552C, die über Reduktionsgetriebe (Lohmann GCK 755) auf jeweils einen KaMeWa-Verstellpropeller wirkten. Anfang 2014 wurde die konventionelle Propeller-Ruder-Anordnung im Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen durch das integrierte Propeller-Ruder-System „Promas Lite“ von Rolls-Royce ersetzt. Damit sollte die Effektivität des Antriebs bei Geschwindigkeiten von 15 Knoten um 11 bis 14 Prozent gesteigert werden“. 

Zum punktgenauen Manövrieren, bzw ”auf dem Teller drehen”, dienen z.Zt. zwei leistungsstarke Querstrahlruder im Vorschiff in Verbindung mit einem weiteren, einziehbaren, Querstrahler im Achterschiff – eine absolut sinnvolle Einrichtung in diesem anspruchsvollen Fahrtgebiet. Um Rollbewegungen zu reduzieren, ist das Schiff mit Stabilisatoren ausgerüstet.

BØrrensen weiter: „Die Stromversorgung des Schiffes erfolgt über zwei Wellengeneratoren mit einer elektrischen Leistung von je 2.875 kVA. Zusätzlich verfügt das Schiff über zwei 1.500-kVA-Generatoren, die von Dieselmotoren des Typs Bergen Diesel KRG-8 angetrieben werden. Ein Notstromgenerator leistet 265 kVA.

Zusätzlich verfügt das Schiff über zwei 1.500-kVA-Generatoren, die von Dieselmotoren des Typs Bergen Diesel KRG-8 angetrieben werden
Zusätzlich verfügt das Schiff über zwei 1.500-kVA-Generatoren, die von Dieselmotoren des Typs Bergen Diesel KRG-8 angetrieben werden. © Pospiech

Die Antriebsanlage besteht seit August 2022 aus zwei 6-Zylinder Bergen Engines Dieselmotoren vom Typ B33:45L6P mit je 3.700 kW bei 750 U/min, die ihre Leistung über je ein Getriebe von Lufkin Gears LLC, Typ VSQ900-K-PTI und einem Wellengenerator an die Verstellpropeller abgeben. Die Dieselmotoren sind mit SCR-Abgasnachbehandlungsanlagen ausgestattet. Dadurch verringern sich die CO2-Emissionen um mindestens 25 Prozent und die Stickstoff-Emissionen um 80 Prozent. Als Treibstoff verwenden wir MGO. Die Motoren erfüllen die Abgasnorm Tier III, dem z.Zt. strengsten internationalen Standard für NOx-Emissionen“.

Marketing machts möglich

„Nach wie vor stehen zusätzlich zu den Hauptmaschinen zwei Bergen Engines Aggregate vom Typ KRG-8 zur Verfügung, die ihre Leistung ebenfalls an die Wellengeneratoren abgeben können. Mit dieser Anordnung kann das Schiff auch ohne den Einsatz der Hauptmaschinen angetrieben werden“, erklärt BØrrensen.

Und das ist der Grund warum die RICHARD WITH seit ihrer Inbetriebsetzung (Nov. 1993) ein echtes Hybrid-Schiff ist – aber nicht aufgrund von zwei Akkupacks mit einer Gesamtleistung von 2,24 MW die während der jetzigen Werftzeit eingebaut wurden.

Mit den zwei neu eingebauten Akkupacks von je 1.120 kWh Kapazität ist eine ca 30 Min. emissionsfreie fahrt in sensiblen Regionen möglich
Mit den zwei neu eingebauten Akkupacks von je 1.120 kWh Kapazität ist eine ca 30 Min. emissionsfreie fahrt in sensiblen Regionen möglich. © Pospiech

Diese Akkuleistung wird hauptsächlich für das Peak-Shaving genutzt. Es ist aber auch möglich, das Schiff mit reduzierter Geschwindigkeit eine emissionsfreie Fahrt in sensiblen geographischen Bereichen mit diesen Akkupacks zeitlich (ca 30 min) begrenzt zu fahren.

Auch in diesem Fall kann nicht von einer „Hybridlösung“ gesprochen werden: Mit „hybrid“ hat das absolut nichts zu tun, denn die elektrische Leistung, die aus den Akkus gezogen werden kann, stammt von den Bordaggregaten oder von einer Landstromanlage.

Anmerkung der Red.: Damit kein Zweifel aufkommt, die Installation von Akkumulatoren, um in bestimmten Regionen emissionsfrei fahren zu können, ist nicht nur eine umweltfreundliche Technik, sondern durchaus zu begrüßen, obwohl eine halbe Stunde Fahrt nicht gerade für eine großartige Lösung spricht. Das sieht eher nach einem zweitklassigen Kompromiss aus.

Und warum muss das alles mit sprachlichen Manipulationen verkauft werden? Was soll nun unter „Hybrid“ verstanden werden?

Die Reederei veröffentlichte werbeträchtige Pressemeldungen, wie z.B.: „Umbau zu einem Hybridschiff mit zwei Batteriespeichern (je 1.120 kWh) (übrigens muss es heißen: Akkupacks – Batterien kann man nicht aufladen) sowie neue effizientere norwegische Motoren“.

Duden und Brockhaus bieten die Erklärung, „von zweierlei Herkunft“, im Sinne einer Zwitterbildung. Übertragen auf die Antriebstechnik von Schiffen lässt sich somit zweifelsfrei festhalten: Nur der Bezug von Energie aus mindestens zwei verschiedenen, soll heißen unabhängigen Energiequellen, führt zu einem hybriden Antrieb (siehe Antriebsanlage der RICHARD WITH).

In den Dokumenten der Klassifikationsgesellschaft DNV GL ist zur RICHARD WITH unter „Machinery“ zu lesen:

„Main propulsion principle: conventional propulsion – combustion engine“

Nichts von Hybrid-Schiff, Hybrid-Antrieb oder sonstigen Hybrid-Begrifflichkeiten. Hat Hurtigruten es nötig mit solchen verbalen Irreführungen auf sich aufmerksam zu machen?

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen für Antriebsmaschinen.